Nina Kathmann (geb. von Wildenradt)

Strategien weiblicher Selbst-Bildungen um 1900 und 1970 - Autobiografische Praxis im Zwischenraum

Email: wildenra@uni-hildesheim.de

Abstract

„Mir ist klar geworden, daß es mir durchaus um meine Bildung zu tun ist, so sehr, daß ich ungebildet oder verbildet das Leben nicht ertrage, und wenn es mir all seine Schätze in den Schoß wirft.“[1] (Vally Wygodzinski)

Drei Variationen des Begriffes der ‚Bildung’ stechen in diesem kurzen Briefzitat der Künstlerin Vally Wygodzinski (1873-1905) aus dem Jahr 1904 heraus: Die eigene (richtige) Bildung, ohne Bildung und falsche Bildung. Gleichzeitig wird eine Referenz zur eigenen Weiblichkeit etabliert und damit eine Verbindung zwischen zwei komplexen ‚Konzepten’ geknüpft: Bildung und Geschlecht. Die Diskurse um ‚Bildung’ und ‚Geschlecht’ sind beziehungs- und umfangreich. Sie können als strukturgebende Kategorien verstanden werden, deren binäre Konzeptionen für Gesellschaften und Kulturen für die Formierung sozialer Gefüge fundamental sind. So war und ist etwa die Naturalisierung der Geschlechterdifferenz konstitutiv für eine bürgerliche Glaubensvorstellung und gesellschaftliche Teilhabe wird nicht selten durch Geschlecht oder Bildung (oder beide Kategorien) organisiert.[2]

Bildung und Geschlecht sind aber auch immer mit sozial-kulturellen Praktiken verknüpft, vorrangig um an der Formung eines Subjekts mitzuwirken. In diesem Spannungsverhältnis bewegt sich die thematische Verortung dieser Arbeit, die eben jene Praktiken zum Ausganspunkt nimmt um anhand ausgewählter bildlicher und literarischer Selbstzeugnisse Strategien weiblicher Selbst-Bildung zu thematisieren. Sie fragt damit nicht nur nach einem Verhältnis von Sprachlichkeit und Bildlichkeit und einer ästhetischen Praxis, sondern auch  nach einem politischen Potential der Selbstzeugnisse.

Als Ausgangspunkt dienen autobiografische Arbeiten von Vally Wygodzinski, Elsa von Freytag-Loringhoven und Judy Chicago.


[1] Vally Wygodzinski in einem Brief an Ihren Bruder am 9. Juli 1901. Wygodzinski, Vally: Im Kampf um die Kunst, Berlin: Bruno Cassirer 1909.

[2] Vgl. Maihofer, Andrea: Geschlecht als Existenzweise: Macht, Moral, Recht und Geschlechterdifferenz, Frankfurt am Main: Ulrike Helmer Verlag 1995 (Aktuelle Frauenforschung).

Forschungs- und Interessensschwerpunkte

  • Kunst - und Literaturwissenschaft (interdisziplinäre Forschung)
  • Diskurse zur Intermedialität
  • Verhandlungen von Bild/Raum/Subjekt
  • Feministische und Gender Theorien
  • Institutionskritik

Werdegang

10/2012 - 05/2015 Studium an der Universität Bremen: Kunst-und Kulturvermittlung MA (integrativer Studienschwerpunkt Kunst/ Film/ Wissenschaft)

Seit 2015 Realisierung eines Magazinprojektes zu Kunst/Kultur/Politik Seit 2013 Freie Kulturarbeit (u.a. bei der District Kunst-und Kulturförderung Berlin)

10/2008 - 07/2011 Studium an der Christian Albrechts Universität zu Kiel: Deutsch und Kunstgeschichte (2-Fach BA)

09/2007 - 07/2008 Studium an der Syddansk Universitet Sønderborg: Intercultural Communication BA

Vorträge und Veröffentlichungen

Vorträge

  • 11/2016 „Die Lesende Frau als Motiv der bildende Kunst. Hermine David und ihre Schwestern.“ Vortrag im Rahmen der Ausstellung Hermine David a la Recherche in der Städtischen Galerie Delmenhorst (24. November 2016)
  • 09/2016 „Schamlos. Intimrasur als ästhetische Praxis.“ Tagung „Ästhetik und Geschlecht“, Stiftung Universität Hildesheim (21.-22. September 2016)
  • 07/2014 „Casting Creatures. Junge kuratorische Praxis“. Nachwuchstagung Kunst::Kultur::Vermittlung, Fachb Universität Bremen (13-14. Juli 2014)