Konferenz „Sport als Heimat?“: Interview mit Professorin Vera Volkmann

Dienstag, 05. Juni 2018 um 18:37 Uhr

Die Fußball-WM läuft. Was kann Sport bewirken – nachgefragt bei Vera Volkmann. Die Professorin organisiert die Jahrestagung des Zentrums für Bildungsintegration zum Thema „Sport als Heimat?“. Die Sportwissenschaftlerin hofft auch auf die Teilnahme zahlreicher Studentinnen und Studenten, da sie „die Gestalterinnen und Gestalter unserer gesellschaftlichen Zukunft sind“.

Die Jahrestagung des „Zentrums für Bildungsintegration – Diversity und Demokratie in Migrationsgesellschaften“ der Universität Hildesheim findet vom 29. bis 30. Juni 2018 statt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler befassen sich in Vorträgen, Diskussionen und Workshops mit dem Thema „Sport als Heimat? Biographische Navigationen in gesellschaftlichen Rahmungen“. Eine Anmeldung ist bis 15. Juni 2018 möglich.

Konferenz „Sport als Heimat?“

Interview mit der Sportwissenschaftlerin Prof. Dr. Vera Volkmann

Frau Professorin Volkmann, Sie befassen sich in Ihrer Forschung mit der Rolle von Sport im Lebensverlauf und in der Gesellschaft. Sport ist nicht nur körperliche Leistung, sondern kann auch dazu beitragen, Zugehörigkeit zu schaffen?

Im Sport ist es möglich, sich jenseits sprachlicher Barrieren und sozialer Herkunft zu verständigen und sich für ein gemeinsames Ziel, wie zum Beispiel den Sieg beim Fußball, zu engagieren. Sport kann unter bestimmten Voraussetzungen positiv auf die Persönlichkeitsentwicklung und auch integrierend wirken. Dafür ist es jedoch notwendig, dass er entsprechend pädagogisch gerahmt und didaktisch aufbereitet wird. Zugehörigkeit entsteht auch dadurch, dass man sich mit einer Sportgruppe identifiziert, das heißt, dass man auf diese Weise ein Teil von ihr wird und sich diese Gruppe als Gemeinschaft versteht.

Ende Juni 2018 richten Sie in Hildesheim gemeinsam mit weiteren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Konferenz „Sport als Heimat? Biographische Navigationen in gesellschaftlichen Rahmungen“ aus. Warum rückt die Jahrestagung des Zentrums für Bildungsintegration dieses Thema in den Mittelpunkt wissenschaftlicher Auseinandersetzung?

Der historisch vorbelastete Heimatbegriff hat aktuell Hochkonjunktur und befindet sich offensichtlich im Wandel. Er gerät nicht nur durch die aktuellen Fluchtbewegungen verstärkt in den Mittelpunkt wissenschaftlicher, aber auch gesellschaftlicher und sogar politischer Diskussionen. Interessant finde ich, dass selbst Politikerinnen und Politiker entgegengesetzter Couleur den Begriff aktuell aufgreifen. Gerade hat sich der ehemalige Bundespräsident Gauck erneut zu dem Begriff geäußert, indem er in einem Interview sagte, dass für ihn Heimat das Gefühl einer ganz eigenen Sicherheit und eines Zutrauens sei. Durch dieses verstärkte Aufgreifen wird deutlich, dass das, was Heimat sein kann in einer globalisierten und entgrenzten Welt definitionsbedürftig, aber auch definitionsfähig zu sein scheint. Heimat heute ist auch als „Heimat 2.0“ im Sinne von Lebensmöglichkeiten und nicht mehr als Herkunftsnachweis zu denken. Die Heimat der Zukunft ist Patchwork und ein zentraler Bestandteil dieses Patchwork ist in vielen Biographien der Sport, der als wichtige Sozialisationsinstanz und Wertevermittler gehandelt wird. Sport kann Zugehörigkeit und Teilhabe ermöglichen. Er kann dazu beitragen, sich heimisch zu fühlen und kommt den grundsätzlichen Bedürfnissen nach Raumorientierung, Zugehörigkeit und Konstitution von Gruppenidentität entgegen.

Sport kann Zugehörigkeit und Teilhabe ermöglichen – worauf deuten Ihre Forschungserkenntnisse hin? Sie haben in den letzten Jahren etwa Kinder und Jugendliche befragt, was sie durch Sport erleben und erfahren.

Wir haben Kinder und Jugendliche befragt, die an unserem FuNah-Projekt zur Förderung von Bildungsintegration an Schulen durch eine Kombination von Sport und individueller Förderung teilnehmen. Es wird sehr deutlich, wie positiv sie die Anerkennungsprozesse und Erfolgserlebnisse innerhalb des Sports bewerten. Sehr wichtig ist ihnen der wertschätzende Umgang, den sie sonst in der Schule oftmals vermissen. Das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten und die Erfahrung, dass es sich unmittelbar lohnt, sich aktiv für etwas einzusetzen, übertragen die Kinder und Jugendlichen auch auf den schulischen Bereich.

Wer kann an der Konferenz teilnehmen, wen möchten Sie erreichen?

Bei der Tagung ist jeder willkommen, der sich für das Thema interessiert und Lust auf wissenschaftliche Einblicke und weiterführende Diskussionen hat. Wir freuen uns, wenn auch viele Studierende teilnehmen, da sie ja die Gestalterinnen und Gestalter unserer gesellschaftlichen Zukunft sind und somit Teil der Diskussionen sein sollten. Wir haben uns deshalb zum Beispiel auch bemüht, die Tagungskosten, die auch das gemeinsame Abendessen beinhalten, gering zu halten. Sie sollten keine Hürde für die Teilnahme darstellen. Bis Freitag kann man sich noch anmelden.

Die Fragen stellte Isa Lange.

Kurz erklärt

Tagung „Sport als Heimat? Biographische Navigationen in gesellschaftlichen Rahmungen“

Die Jahrestagung des Zentrums für Bildungsintegration der Universität Hildesheim findet vom 29. bis 30. Juni 2018 statt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler befassen sich in Vorträgen, Diskussionen und Workshops mit dem Thema „Sport als Heimat? Biographische Navigationen in gesellschaftlichen Rahmungen“. Eine Anmeldung ist noch bis 15. Juni 2018 möglich.

Die Hauptvorträge (Keynotes) halten renommierte Fachleute. Die Bielefelder Wissenschaftlerinnen Professorin Joanna Pfaff-Czarnecka und Professorin Christa Kleindienst-Cachay sprechen über „Sport als Heimat? Möglichkeiten biographischer Navigation in Zuwanderungsgesellschaften“. Professor Sebastian Braun von der Humboldt-Universität zu Berlin referiert zum Thema „Sportvereine als Räume zur Bildung von Sozialkapital“.

Hier geht's zum Programm und zur Anmeldung


Professorin Vera Volkmann forscht und lehrt am Institut für Sportwissenschaft der Universität Hildesheim, ein Schwerpunkt ihrer Forschung liegt im Bereich Sport und Teilhabe und der Bedeutung von Sport im Lebensverlauf. Foto: Isa Lange/Uni Hildesheim

Professorin Vera Volkmann forscht und lehrt am Institut für Sportwissenschaft der Universität Hildesheim, ein Schwerpunkt ihrer Forschung liegt im Bereich Sport und Teilhabe und der Bedeutung von Sport im Lebensverlauf. Foto: Isa Lange/Uni Hildesheim