Vor seinem deutschen Berufsabschluss hatte Ariel Colandré bereits mehrere Jahre als Koch in seinem Heimatland Argentinien gearbeitet - internationale Küche war von Beginn an sein Schwerpunkt. In die Campus-Gastronomie stieg er 2003 zunächst als Angestellter der damaligen Betreiberin Sabine Berlin ein, sechs Jahre später bot sich für ihn und seine Frau Martina die Gelegenheit, das Café unter eigener Federführung zu übernehmen. „Hausgemachtes Essen und hausgemachte Getränke waren von Anfang an unser Konzept, aber die Details haben wir uns über die Jahre immer wieder verändert und an die Bedürfnisse unserer Gäste angepasst.“ Das Verhältnis von Fleischgerichten zu vegetarischen und veganen Speisen beispielsweise hat sich im Laufe der Zeit umgekehrt, zuletzt konnten mit dem Wechsel zum Mittagsbüffet ab Anfang 2024 nochmal neue Kund*innen auch aus dem Wohnumfeld an der Marienburger Höhe gewonnen werden. „Aber wir hatten auch sehr viele treue Stammgäste, einige haben uns fast über die gesamte Dauer hier begleitet“, erzählt Martina Colandré.
Es falle ihnen schwer, dem Campus den Rücken zu kehren, das sagen beide. Sie haben die Entscheidung über Monate, nein, eigentlich sogar schon ein paar Jahre vor sich hergeschoben. Die Corona-Zeit brachte den großen Einbruch, gefolgt von der viel zu spät übermittelten Information, dass die in dieser Zeit ausgezahlten Landeshilfen in voller Höhe zurückgezahlt werden mussten. „Wir hatten in der Corona-Zeit lange geschlossen, wir hatten keine Einnahmen, aber weiterlaufende Kosten“, sagt Martina Colandré. „Wir brauchten das Geld, um zu leben, aber um es danach wieder zurückzuzahlen, hätten wir ja doppelt soviel verdienen müssen wie vorher.“ Und diese Rechnung ging nicht auf, da half auch das Entgegenkommen der Uni nicht weiter, für das sie dennoch dankbar waren. Doch auch nach dem Auslaufen der Infektionsschutz-Restriktionen kehrten die Gäste nicht in gleichem Umfang zurück. „Früher haben wir 150 bis 200 Essen am Tag ausgegeben, jetzt sind es im Schnitt noch 30“, berichtet Ariel Colandré. Mussten früher die Gäste noch mittags reservieren, um überhaupt einen Platz zu finden, könnten die Colandrés heute manchmal um 14 Uhr schon wieder den Schlüssel im Schloss herumdrehen. „Aber in Wirklichkeit sind wir meistens genauso lange hier, egal, ob zehn Gäste kommen oder 100.“ Und im Prinzip müssen sie sogar immer auf beide Varianten vorbereitet sein, man weiß ja nie, ob nicht doch noch unangekündigt eine größere Gruppe kommt.
Dass das auf Dauer nicht funktioniert, ist auch für Thomas Hanold, als Baudezernent zuständig für die Bewirtschaftung der Uni-Immobilien, ersichtlich. „Natürlich bedauern wir die Entwicklung, aber die Entscheidung ist nachvollziehbar“. Aufgrund des hohen Raumbedarfs der Universität zur Unterbringung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gibt es Überlegungen, die Räume künftig anders zu nutzen. „Gemeinsam mit der Hochschulleitung werden wir gute Nachnutzungskonzepte entwickeln, zum Beispiel für die Unterbringung innovativer Arbeitsorte. Vielfältige Bedarfe in dieser Hinsicht gibt es auf jeden Fall.“
Und die Colandrés? „Wir sind beide 49 Jahre alt, das ist ein Alter, wo wir gut nochmal etwas ganz anderes anfangen können“, sagt Martina Colandré. Und genau das haben sie vor. Martina Colandré hat sich ihr neues Standbein schon über die vergangenen Jahre nebenberuflich aufgebaut. Die gelernte Frisörin betreibt ein eigenes Kosmetik-Studio und will diese Tätigkeit nun weiter ausbauen. Ariel Colandré kehrt der Gastronomie ebenfalls komplett den Rücken. „Als Koch könnte ich überall arbeiten – aber nicht nach meinem Konzept“, sagt er. Und in der Küche nur umzusetzen, was andere ihm vorgeben, das kann er sich nach dieser langen Phase der Selbstständigkeit einfach nicht mehr vorstellen. Er wird stattdessen eine Umschulung zum Lokführer bei der Deutschen Bahn anfangen. Und sich dann aus dem Führerstand heraus im wahrsten Sinne des Wortes ganz andere Perspektiven erschließen.