2022 - Preise für beste Abschlussarbeiten

Preisverleihung der Universitätsgesellschaft Hildesheim e.V. am 12.07.2022 im Rathaus Hildesheim

Wissen vernetzen – Forschung fördern: Der forscherische Blick wird prämiert!

12. Juli 2022, 17 Uhr: Ankommen im Rathaus Hildesheim. Und immer noch Corona. Auch im Sommer 2022 steht die Verleihung der Förderpreise der Universitätsgesellschaft unter dem Eindruck der Pandemie, findet also ohne große Öffentlichkeit statt. In diesem Jahr wurde es den Preisträgerinnen jedoch ermöglicht, Freunde und Familie zur Ehrung mitzubringen, da die Rathaushalle für die Feierstunde reserviert war. Ein wunderbarer Raum, insbesondere mit dem Lichteinfall durch die verglaste Fensterfront. So gab es ausreichend Luft und Frische, die sich auch in den Arbeiten der Preisträgerinnen selbst ausdrückt.

Oberbürgermeister Dr. Ingo Meyer stellte in seinem Grußwort heraus, wie wichtig es der Stadt und ihm persönlich sei, dass Wissenschaft in Hildesheim inmitten der Gesellschaft Platz findet. Deshalb sei das Rathaus im Herzen der Stadt der richtige Ort für die Preisverleihung. Die hohe Qualität der Psychologie als Wissenschaftsdisziplin am Standort Hildesheim drücke sich in den prämierten Arbeiten aus und auch in dem internationalen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, der im September in Hildesheim stattfindet. Das sei gut für die Stadt, denn sie wird als Wissenschaftsstandort weithin sichtbar und wahrgenommen.

Der Vorsitzende der Universitätsgesellschaft bestätigt den Wert eines guten Miteinanders von Wissenschaft und Gesellschaft. So werde sich die Fördergesellschaft auch am entstehenden Co-Working-Ort PULS als Kooperationspartner beteiligen und neue Formen der Zusammenarbeit in Hildesheim befördern.

Die Präsidentin der Universität, Prof. Dr. May-Britt Kallenrode, richtete den Fokus einmal mehr auf die Bedeutung von Forschung und der Förderung wissenschaftlichen Nachwuchses für die Universität Hildesheim. Hier sei die Verleihung der Förderpreise ein wichtiger Impuls. Ihr Dank galt ausdrücklich der Fördergesellschaft und den Lehrenden, die Vorschläge eingereicht haben.

Es ist Konsens, dass frische Forschung entscheidend zur Lebensqualität in unserer Gesellschaft beiträgt. Daher möchte die Universitätsgesellschaft mit den Förderpreisen junge Menschen zu ermutigen, abseits des Mainstream neue Erkenntniswege zu beschreiten. In den prämierten Arbeiten zeigt es sich, dass dies in Hildesheim und an der Universität Hildesheim hervorragend gelingt.

Den mit 500 Euro dotierten Förderpreis 2022 für die beste Bachelorarbeit erhielt Sandra Schwarz. Den Förderpreis für die beste Masterarbeit und ebenfalls 500 Euro erhielt Vivien Fleitling. Beiden wurde von ihren Gutachter*innen und Laudator*innen bescheinigt, dass ihnen der Weg für eine wissenschaftliche Karriere offen steht.

Zweite Preise in Höhe von jeweils 250 Euro wurden Katharina Mertens (Bachelorarbeit) und Karla Marek (Masterarbeit) verliehen. Auch hier betonten die Gutachter*innen, wie viel Freude es bereite, als Prüfer solche anspruchsvollen Arbeiten zu lesen und zu begutachten.

Die Würdigung der Preise für die Bachelorarbeiten erfolgte als Gespräch zwischen den Gutachtern Dr. Cathleen Kappes und PHD Ryan Hackländer. Die Studentin mit der zweitbesten Bachelorarbeit, Katharina Mertens konnte nicht an der Feierstunde teilnehmen, da sie im Ausland ist. Ihr Gutachter Ryan Hackländer bestätigte seiner Kollegin in dem Gespräch, dass eine Arbeit mit diesem Potenzial aufmerken lasse. Für ihn sei es selbstverständlich, in einem solchen Fall eine Empfehlung für den Förderpreis abzugeben. Cathleen Kappes ergänzte, eine solche Würdigung sei auch für sie als Lehrende Bestätigung, Studierende mit entsprechendem Potenzial für die Forschung zu begeistern.

Die Gutachterin und Laudatorin der Masterarbeit von Vivien Fleitling, Prof. Dr. Kristin Kersten, zog in ihrer Würdigung der Arbeit deutliche Parallelen zu einer Dissertation. Sie sei sich sicher, dass dies nach dem Referendariat in der Schule der nächste Schritt für Vivien Fleitling sein sollte. Auch im Interesse von Wissenschaft und Gesellschaft. Denn die Erkenntnisse aus der Arbeit sind wertvoll für eine bessere Förderung von Kindern und Jugendlichen durch Eltern und Lehrer*innen gleichermaßen. Die Interaktion und ihre Bedeutung für Wissenserwerb würden häufig zu wenig beachtet und vernachlässigt.

Die zweitplatzierte Masterarbeit von Karla Marek wurde von ihrem Gutachter Prof. Dr. Greve gewürdigt. In seiner Laudation spürte man, wie motivierend es auch für die Lehrenden ist, wenn sich gute Lehre in hervorragenden Abschlussarbeiten wiederfindet. Die Arbeit von Karla Marek wird zugleich für eine Veröffentlichung in einem internationalen Fachmagazin empfohlen und als wegweisender Fachbeitrag demnächst erscheinen. Auf Nachfrage des Vorsitzenden der Unigesellschaft Herr Ernst, wie häufig so etwas passiere, antwortete Prof. Dr. Werner Greve, „schätzungsweise einmal in 10 Jahren“.

Im Anschluss an die Feierstunde nutzen vor allem auch die Eltern die Gelegenheit zum Austausch mit den Lehrenden. Erfüllt mit Stolz und Freude ließen die Preisträgerinnen und ihre Familie den Abend anschließend in der Dom- und Universitätsstadt Hildesheim ausklingen. Für schönes Wetter war gesorgt.

Die Förderpreise: Forschung im Blick

Informationen zu den Arbeiten

Beste Bachelorarbeit: Sandra Schwarz wurde für Arbeit zur Coping-Forschung ausgezeichnet. Unter dem Titel Von wegen maladaptiv! – Zur Effizienz typisch kollektivistischer Coping-Strategien in unkontrollierbaren Situationen, führte sie eine Studienplanung zum Zusammenhang von Kultur, psychischer Belastung und Coping in der Corona-Pandemie am Beispiel von Deutschland und Japan durch. Vorgelegt wurde die Arbeit im Studiengang: B. Sc. Psychologie. Die Gutachter*innen Dr. phil. Cathleen Kappes und Prof. Dr. rer. nat. Werner Greve lobten die Qualität der Arbeit und das gesellschaftliche Engagement der Preisträgerin. Beides dückt sich nicht nur in ihrer Wahl des Bachelorarbeitsthemas aus, sondern fand auch beispielsweise eindrucksvoll Niederschlag darin, dass sie gemeinsam mit Kommilitoninnen und Kommilitonen das Anonyme Zuhörtelefon eingerichtet hat. Im persönlichen Statement lobte sie das familiäre Flair der Stadt sowie der Universität Hildesheim. Sie habe in der Tonkuhle gebadet, hochschulpolitisch gearbeitet und in der KuFa getanzt. Daran werde sie sich gerne erinnern.

Der zweite Preis in der Kategorie „Bachelorarbeit“ ging an Katharina-Sophie Mertens. Unter dem Titel: I’m afraid, I don’t recognize you. An investigation of eyewitness memory and negative emotions, hat sie diese Arbeit ebenfalls im Studiengang B. Sc. Psychologie vorgelegt. Die Gutachter*innen PhD Ryan Hackländer und Luisa Bogenschütz hoben hervor, dass Katharina Mertens es in ihrer Arbeit gelungen ist, ein wichtiges gesellschaftliches Thema (das Erinnerungsvermögen von Augenzeug*innen) mit Themen psychologischer Grundlagenforschung (Aufmerksamkeit, Gesichtsverarbeitung, Gedächtnis und Affekteinfluss) zu verbinden.

Beste Masterarbeit: Vivien Fleitling hat mit unter dem Titel „Indicators and Consequences of Parent-Child Interaction“ eine herausragende Arbeit im Studiengang: Lehramt vorgelegt. Die Gutachter*innen: Prof. Dr. Kristin Kersten und Prof. Dr. rer. nat. Werner Greve hoben hervor, dass die Arbeit ein herausragendes Beispiel dafür ist, dass eine Masterarbeit einen genuinen wissenschaftlichen Beitrag zum Stand der gegenwärtigen Forschung leisten kann. Frau Fleitling widmet sich einer hochaktuellen Frage, die im derzeitigen Diskurs um Bildungsbenachteiligung, bspw. im Rahmen PISA, von höchster Relevanz ist. Die elterliche Interaktion im Kindesalter, und damit die Rolle der Qualität sprachlichen Umgangs für die Gesamtentwicklung des Individuums, ist in mehrfacher Hinsicht richtungsweisend: Auf einer theoretischen Ebene bietet sie ein größeres kausales Erklärungspotenzial als distale Kontainervariablen wie der Sozialstatus. In Bezug auf die angewandte Forschung lassen sich die Befunde der Arbeit sowohl in die frühkindliche Pädagogik wie auch die Sprachdidaktik übertragen. Die sehr breit angelegte, analytische theoretische Einführung, die wissenschaftlich klare methodische Anlage und vor allem die überzeugende detailliert kritische Diskussion der Befunde machen diese Studie zu einer wissenschaftlich zitationsfähigen Arbeit, die eine hervorragende Grundlage für eine Dissertation liefert. Die herausgearbeiteten Implikationen bilden überzeugende Anknüpfungspunkte für weiterführende Forschung und Transfer in die Praxis.

Die Preisträgerin selbst resümiert, dass die Besonderheit am wissenschaftlichen Arbeiten für sie im Rahmen der Arbeit spürbar war: Es hilft zu verstehen und weckt gleichzeitig das Bedürfnis, immer mehr verstehen zu wollen. Aktuell unterrichtet sie als Fachlehrkraft für Englisch und Religion vier Klassenstufen. Im Rückblick auf die Studienzeit in Hildesheim schätze sie, vor allem das fachdidaktische Wissen, das über die Jahre zielorientiert vermittelt wurde. Nicht zuletzt waren für sie insbesondere die interaktiven Strukturen und der persönliche Austausch in den Seminaren prägend. Sie komme gerne nach Hildesheim, um diese positiven Eindrücke wiederaufleben zu lassen.

Der zweite Preis in der Kategroie „Masterarbeiten“ wurde Karla Marek für ihre Arbeit mit dem Titel „Accommodative Coping in Incarcerated Adolescents: The Role of Ad-justing the Ideal Self to the Actual Self“ verliehen. Sie legte diese Arbeit ebenfalls im  Studiengang: M. Sc Psychologie vor. Die Gutachter*innen Prof. Dr. rer. nat. Werner Greve und Dr. phil. Cathleen Kappes beschrieben die Arbeit von Karla Marek in mehreren Hin-sichten außergewöhnlich. Mutig und arbeitsintensiv sei es gewesen, eine bisher noch nie angewandte Auswertungsmethode für die Analyse eines sehr umfangreichen und komplexen Datensatzes anzuwenden. Am Ende hat sich die Herangehensweise als genau richtig erwiesen. Mit ihrer Studie sei es gelungen, eine seltene Verbindung von innovativer Methodik und konzeptueller Replikation darzustellen.

Zu ihrer Motivation befragt, erläuterte die Preisträgerin: „In meiner Masterarbeit habe ich die Frage behandelt, welche Mechanismen zur positiven Bewältigung einer Inhaftierung bei jungen Erwachsenen beitragen.“ Es sei ihr ein Anliegen, das Potenzial, das in der Gestaltung von Strafvollzug steckt, mit ihrer Arbeit sichtbar zu machen. Gerade der Strafvollzug von jungen Menschen kann und sollte so ausgerichtet werden, dass diese in ihrer persönlichen Entwicklung gefördert und unterstützt werden. Im September beginnt sie in Amsterdam ein Masterstudium "Internationale Kriminologie".

 

 

Fotos: Jan Schönfelder