Die Zahl der Frühberentungen und Krankheitstage durch psychische Störungen ist erheblich. 2021 waren sie die häufigste Ursache für Frühverrentungen bei Erwerbsunfähigkeit. Im selben Jahr entfielen 17,7 Prozent aller Krankheitstage auf psychische und Verhaltensstörungen. Die Tendenz ist steigend, zum Vergleich waren es im Jahr 2007 knapp elf Prozent. Von Arbeitslosigkeit betroffene Menschen können wiederum mehr mit psychischen Problemen zu kämpfen haben. Das wird durch finanzielle Armut und damit verbundene Einschränkungen bedingt, aber auch von dem Verlust wichtiger Arbeitsplatzfunktionen wie der Tagesstrukturierung, der identitätsstiftenden und sinngebenden Rolle des Arbeitsplatzes sowie der sozialen Teilhabe.
An dem vierjährigen Projekt „Frühe Intervention am Arbeitsplatz“ (friaa) waren insgesamt acht Kooperationspartner deutschlandweit beteiligt. So auch das Hildesheimer Forschungsteam um Prof. Dr. Christoph Kröger und Marieke Hansmann. „Die Hildesheimer Arbeitsgruppe war zuständig für die Entwicklung des Behandlungsmanuals, die Schulung und Supervision sowie die Erfassung der Behandlungstreue“, berichtet Kröger. Die Therapien wurden von September 2021 bis Oktober 2023 an fünf Standorten (Hildesheim, Berlin/Teltow, Düsseldorf, Erlangen und Ulm) durchgeführt. Insgesamt 520 Personen aus kleinen, mittleren und Großunternehmen unterschiedlicher Branchen nahmen daran teil.
Davon erhielten 120 eine ausführliche klinisch-psychologische Diagnostik mit gegebenenfalls anschließender Behandlung in der Hochschulambulanz für Forschung und Lehre in Hildesheim. Approbierte und in Ausbildung befindliche psychologische Psychotherapeut*innen haben dort gemeinsam mit den Betroffenen die individuellen psychischen Beschwerden und ihren Zusammenhang mit Bedingungen am Arbeitsplatz, wie das Verhältnis zum Team oder das Arbeitspensum, unter die Lupe genommen und Bewältigungsstrategien erarbeitet (zum Beispiel Stressmanagement). Auch Gespräche mit Betriebsärzt*innen wurden auf Wunsch der Betroffenen vorbereitet oder begleitet, um etwa eine Wiedereingliederung nach längerer Krankheitsphase vorzubereiten. Von den maximal zwölf Sitzungen (beziehungsweise 17 Sitzungen bei bestehender Arbeitsunfähigkeit) nahmen die Betroffenen im Durchschnitt acht Sitzungen in Anspruch. „Die Zufriedenheit war hoch und die depressiven Symptome konnten in der Kurzintervention gesenkt werden“, hebt Kröger hervor. Die Ergebnisse zeigen, dass mit dieser frühzeitigen Behandlung psychische Beschwerden reduziert, die Rückkehr in den Job erleichtert sowie die Arbeitskraft gesteigert werden können.
Die Anmeldung zur Online-Abschlussveranstaltung am 18. September ab 13 Uhr ist unter der E-Mail-Adresse friaa(at)uni-ulm.de möglich.