„Im Umfeld der Universität Hildesheim ist eine der lebendigsten Szenen des freien Theaters in Deutschland entstanden. Für die niedersächsische Kulturpolitik ist das ein Glücksfall", beobachtet Klaus Irler in der Tageszeitung taz (Die schnellen Brüter). Die freie Theaterszene der Stadt habe „den Ruf, neben den Szenen von Berlin und Gießen eine der drei wichtigsten Brutstätten des freien Theaters in Deutschland zu sein. [...] Ausgebildet hat sich die Hildesheimer Szene über Jahre hinweg an der dortigen Universität. In den Studiengängen Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis sowie Szenische Künste werden zeitgenössische Theaterästhetiken nicht nur erforscht, sondern selbst entwickelt. Inspiriert vom Studium gründen sich außerhalb der Universität Theatergruppen und beginnen, in freien Strukturen zu arbeiten", schreibt die taz.
Was sie bewegt, gaben Studierende und Absolventen beim Best OFF-Festival der Stiftung Niedersachsen Ende Oktober in Hannover preis. Die Kulturwissenschaftler der Universität Hildesheim setzten sich gegen 69 Bewerber durch und zeigten ihre Inszenierungen vor rund 1300 Besuchern, was einer Auslastung von etwa 90 % entspricht. Neben der Auszeichnung erhält jedes Ensemble 10.000 Euro. Etwa 1200 freie Theatergruppen gebe es in Deutschland, viele davon wirken in Berlin, sagte Jurymitglied Lavinia Francke bei der Festivaleröffnung. Eines der längsten niedersächsischen freien Theaterprojekte – kommt aus Hildesheim. Das Türkisch-Deutsche Theater wird seit 1990 von Studierenden der Universität Hildesheim und Bürgern aus der Region Hildesheim geleitet und holt den Alltag in Einwanderungsländern auf die Bühne.
Fünf der sechs ausgewählten Best-OFF-Inszenierungen gehen aus den Hildesheimer Kulturwissenschaften hervor. Eine Bestandsaufnahme: Mit dem Tierischen im Menschen befasst sich die Fräulein Wunder AG („Ein Bankett für Tiere"), mit der Kirche die Gruppe Markus&Markus („Polis3000: oratorio"). Die zwei Studentinnen von Kassettenkind produzieren begehbare Hörspiele („Hörst du Rot?", Kassetten war gestern), die werkgruppe2 („Soldaten") entwickelt Dokumentarstücke. Vorschlag:hammer („Tears in Heaven") erhält zusätzlich den Festivalpreis, dotiert mit 5.000 Euro. Die Gruppe setze sich „intensiv mit den Themen Fremdheit und Kommunikation, Wirklichkeit und Projektion auseinander", lobte die Jury. Die Gründungsmitglieder Kristofer Gudmundsson, Gesine Hohmann und Stephan Stock studierten Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis in Hildesheim und Schauspiel in Bern und Zürich. In Hannover gaben die Ensembles Einblicke in Probenprozesse, Lieblingsthemen und Zukunftspläne und Kulturpolitikprofessor Wolfgang Schneider sprach über kulturpolitische Perspektiven für die Freie Szene und die deutsche Theaterlandschaft.
Von der „Bandbreite theatraler Formen, die vom Kinderstück über das Dokumentartheater bis zur Performancekunst reicht“ zeigt sich Prof. Dr. Jens Roselt begeistert. Der Theaterwissenschaftler der Universität Hildesheim sagt: „Für junge Theatermacher ist der Übergang von der universitären Ausbildung zur professionellen Theaterpraxis in Niedersachsen hervorragend gewährleistet." Die Künstlerische Praxis ist Bestandteil von Forschung und Lehre in Hildesheim, so Roselt. Im Burgtheater wechseln Lehrende und Studierende zwischen Bühne, Seminarraum, Büro und Bibliothek – Kern des Komplexes ist ein 200 Quadratmeter großer Theaterraum mit moderner Bühnentechnik. Mit dem Neubau wurde im deutschsprachigen Raum erstmals ein Institutsgebäude speziell für eine theaterwissenschaftliche Institution errichtet.
Der Studiengang „Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis" ist der älteste Studiengang dieser Art in Deutschland, der seit 1978 für kulturvermittelnde, künstlerische und kulturwissenschaftliche Berufe qualifiziert. Weitere Studiengänge wie Kreatives Schreiben, Szenische Künste und Kulturvermittlung führen mehr als 1000 Studierende aus dem deutschsprachigen Raum auf den Kulturcampus Domäne Marienburg. Auf der mittelalterlichen Burganlage werden die Fächer Medien, Theater, Musik, Bildende Kunst, Philosophie, Populäre Kultur, Kulturpolitik, Literatur und Kulturelle Bildung unter einem Dach versammelt. Absolventen sind bundesweit in Theaterhäusern und Verlagen, Funk- und Fernsehanstalten, in der Kulturverwaltung und Kulturellen Bildung tätig.
Studieren mit Spielraum
Theater oder Szenische Künste studieren? Informieren Sie sich bei der Fachstudienberatung und Zentralen Studienberatung. Besuchen Sie die Hildesheimer Kulturwissenschaften. Im Internet. Oder in echt auf dem Kulturcampus Domäne Marienburg.
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