Die vermeintlich einsame Tätigkeit am Schreibtisch oder im heimischen Lesesessel ist weder immer gleich noch frei von der Interaktion mit anderen Personen – etwa Familienmitglieder, Kolleg*innen oder Angehörige des Literaturbetriebs – und den Räumen und ihrer Ausstattung, in denen sie stattfindet. Das legt auch die literaturwissenschaftliche Forschung der letzten Jahre zu Lese- und Schreibprozessen nah: „Das Schreiben ebenso wie das Lesen von Literatur erweisen sich als Vorgänge in einem Hier und Jetzt – untrennbar verschränkt mit dem Ort, an dem sie stattfinden, mit den beteiligten Personen, ihren Körpern und zwischenmenschlichen Beziehungen“, betont Dr. Jennifer Clare vom Institut für deutsche Sprache und Literatur an der Universität Hildesheim.
Dr. Jennifer Clare und Privatdozentin Dr. Yvonne Al-Taie (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel/Universität des Saarlands) forschen beide zu literarischen Schreib- und Leseprozessen. Mit ihrer Tagung Die Praxeologie der Schreibszene. Schreiben und Lesen als Raum- und Beziehungspraxis 1750–1900 nehmen sie die Aspekte Raum und Beziehung genauer in den Blick: Welche Angebote machen Räume – und welche Grenzen setzen sie? Wie wird innerhalb von Paaren, Familien, Freundschaften, Künstler*innengruppen und politischen Kollektiven gelesen und geschrieben? Und wie werden diese Zusammenhänge zeitgenössisch in Szene gesetzt, reflektiert und literarisch-ästhetisch bearbeitet? Das sind nur einige Fragen, die in den Vorträgen und Diskussionen behandelt werden. Wichtige fachliche Anknüpfungspunkte sind neben der literaturwissenschaftlichen Schreib- und Leseforschung vor allem praxeologische und raumtheoretische Perspektiven. Die Tagung wird von der Fritz-Thyssen-Stiftung gefördert. Es wird um eine kurze Anmeldung unter clarej(at)uni-hildesheim.de gebeten.