Schulstrukturen demokratisieren

Mittwoch, 16. November 2011 um 18:15 Uhr

Auf Augenhöhe – im Schulvorstand entscheiden Schülerinnen und Schüler, Eltern, Schulleiter und Lehrende gleichberechtigt über Fragen des Schullebens. Darauf müssen sie vorbereitet werden. Zehn Schulen nehmen am Pilotprojekt „BELL“ (Bündnis für Erziehung und lebenslanges Lernen) teil. Britta Ostermann leitet das Forschungsprojekt zur Demokratisierung von Schulstrukturen. Dafür wurde die Erziehungswissenschaftlerin von der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF) als Nachwuchswissenschaftlerin des Jahres 2011 geehrt.

Britta Ostermann untersucht die Schulvorstandsarbeit an niedersächsischen Schulen. „Niedersachsen hat einen ersten entscheidenden Vorstoß unternommen sowohl das Erziehungsbündnis zwischen Elternhaus und Schule als auch die Schülermitwirkung stärker rechtsverbindlich zu gestalten, indem es den sogenannten Schulvorstand als Neuerung in seinem Schulgesetz verankert hat“, erläutert die Erziehungswissenschaftlerin. Erstmalig entscheiden Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrende und Schulleitung als gleichberechtigte Mitglieder des Schulvorstands gemeinsam über bedeutsame Fragen des Schullebens. Dabei wird zum Beispiel über Hausaufgabenkonzepte oder die Einführung von Integrationsklassen entschieden.

„Alle Beteiligten müssen auf diese Form der Zusammenarbeit vorbereitet werden; die Aufgaben des Schulvorstands verlangen erweiterte Kompetenzen“, so Ostermann. Diesen Weiterbildungsbedarf haben die Stiftung Universität Hildesheim und die Volkshochschule Hildesheim erkannt und ein Konzept zur Qualifizierung aller Schulvorstandsmitglieder entwickelt – das Pilotprojekt BELL. Gefördert wurde das Vorhaben durch EU-Mittel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).

Zehn Modellschulen aller Schulformen aus Stadt- und Landkreis Hildesheim nahmen teil. Ausgebildet wurden die Beteiligten in den Bereichen Schul- und Unterrichtsgestaltung, rechtliche Grundlagen, Kommunikation und Interaktion, Verwaltung, Organisation und Öffentlichkeit sowie Qualitätsmanagement.

Die Weiterbildung der Schulvorstände wurde nun abgeschlossen. Eine der Modellschulen ist die Oberschule Söhlde. Für den Schulleiter Uwe Meinhardt ist dieses Projekt gewinnbringend, „da es den Prozess der Schulentwicklung unterstützt und die demokratischen Strukturen in der Schule fördert.“

Die Prozesse im Schulvorstand wurden wissenschaftlich begleitet, indem die Schulvorstandssitzungen vor und nach der Weiterbildungsmaßnahme beobachtet wurden. Somit konnte die Wirksamkeit der Weiterbildungsmaßnahme festgestellt werden, zudem erhielten die Schulen eine fundierte Rückmeldung.

„Wir haben beispielsweise ermittelt, inwieweit sich das Verhältnis sowie die Zusammenarbeit zwischen Schülern und Lehrenden verändert haben“, sagt Ostermann. Positiv sind die Rückmeldungen – die Beteiligten fühlen sich in ihrer Rolle als gleichberechtigte Mitglieder durch die Weiterbildung gestärkt und sind motiviert, die Schule stärker mitzugestalten, bekräftigt Ostermann. Die Beobachtungsergebnisse der Schulvorstandssitzungen zeigen, dass nach der Weiterbildung die Eltern, Schülerinnen und Schüler sich selbstbewusst zeigen, auf Augenhöhe mit den anderen Schulvorstandsmitgliedern kommunizieren und ihre Interessen vertreten. „Es hat ein Wandel von einer Informations- zu einer Mitbestimmungs- und Entscheidungskultur stattgefunden. Die Weiterbildung hat die Demokratisierung der Schulstruktur unterstützt und die Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule intensiviert, was über Niedersachsen hinaus für alle Bundesländer bedeutsam ist“, zeigt sich Ostermann erfreut.

Das Interesse von Schulen aus anderen Bundesländern ist groß. Anfang 2012 werden die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung veröffentlicht, so dass die Weiterbildungsmodule dann für alle Schulen des Landes Niedersachsen und andere Bundesländer zugänglich gemacht werden. Interessierte Schulen können sich gerne an Britta Ostermann wenden E-Mail: osterma@uni-hildesheim.de).


Britta Ostermann