„Nach meinem theologischen Verständnis, ist nichts verboten“, das sagte eine Leiterin einer Hochschulgemeinde im Interview mit der Studentin Pia Kröll. Und weiter: „Die Kunst ist frei und muss frei bleiben, so wie der Glaube frei ist und frei bleiben muss. Gott hat es auch nicht nötig, sich über Blasphemie aufzuregen.“ Man solle bei Ausdrucksformen wie Kunst eher „über diese Vielfalt staunen, und selbst über das, was erschreckt oder unangenehm berührt.“
Studierende der Universität Hildesheim untersuchen die Beziehungen zwischen Kunst und Kirche heute. Im Seminar „Kirche – Kulturvermittlung – Kulturpolitik” unter der Leitung von Prof. Dr. Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss am Institut für Kulturpolitik interviewten sie mehrere Vertreterinnen und Vertreter von Kirche und Kultur. Nun werden die Ergebnisse erstmals öffentlich vorgestellt.
Pia Kröll ist eine der beteiligten Studentinnen. Sie sagt: „Ich habe den Eindruck, dass etliche kirchliche Akteure gerade in einem Such- oder Orientierungsprozess sind. Sie verändern und öffnen sich, denn schließlich hat sich auch die Lebensrealität der Menschen verändert. Und nun geht es darum, die Balance zu finden zwischen Wandel und Bewahren. Das bedeutet, dass man auch auf Kunst-Aktionen anders zugehen und ihnen eine andere Rolle zuschreiben kann als es zuvor vielleicht der Fall war.“ Auch Simon Niemann hat sich seit dem Sommersemester mit Glaubensfragen und Kunst befasst, er studiert Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis im fünften Semester. „Uns ist aufgefallen, dass Kunst und Kultur in der Kirche einen ganz anderen Stellenwert hat, als in anderen Institutionen und wir fanden es spannend uns damit genauer auseinander zu setzten. In den Interviews hat sich herausgestellt, dass es sehr unterschiedliche Ansätze gibt Kunst und Kultur in der Kirche einzusetzen und wir wollen diese Ergebnisse nun mit der Öffentlichkeit teilen“, so Niemann.
Seit Jahrtausenden wird Kunst genutzt, um religiöse Inhalte zu vermitteln. Vor allem die Kirche ging mit der Kunst eine lange Beziehung ein als der größte Abnehmer und Auftraggeber für das Kunsthandwerk wie Malereien, Steinmetzkunst und Musik, um dadurch ihre Botschaft vermitteln zu können, erklärt Reinwand-Weiss. „Im Laufe der Zeit entwickelte sich die Kunst weiter, von der sakralen über profane bis hin zur Autonomie der Kunst", so die Professorin. Kunst sei nun nicht mehr nur „Übermittler von Glaubensinhalten", sondern „ein Spiegel, in dem auch kritische Fragen aufgeworfen werden". Im 21. Jahrhundert ist die Kirche immer noch ein bedeutender Träger der Kunst. Ein großer Teil der Kulturarbeit kommt, aufgrund der historischen Baussubstanz, vor allem dem Denkmalschutz und durch die vielen Kantoreien der Musik zu Gute.
Ist das Kirche oder kann das weg?
Interessierte sind zu einem Gespräch über die Beziehung zwischen Kultur, Kunst und Kriche heute von und mit Studierenden der Kulturwissenschaften und Gästen eingeladen. Die Podiumsdiskussion findet am Mittwoch, 23. Oktober um 18.00 Uhr im Projektbüro des Bistumsjubiläums 2015 statt (Schuhstr. 5, Andreaspassage, Hildesheim). Den Hauptvortrag hält Dr. Frank Hiddemann, Kulturbeauftragter der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Er spricht über ortsspezifische Kunst in der Kirche zwischen Konflikt und Dialog.