Neuer Anlauf 2021: Sportstudien in der Corona-Zeit

Freitag, 18. Dezember 2020 um 12:24 Uhr

Teil 4 der Serie "Forschung in Zeiten der Pandemie": Der Startzeitpunkt war denkbar ungünstig: Im März 2020 wollte Prof. Sebastian Gehlert eine sportwissenschaftliche Studie mit knapp 50 Proband*innen beginnen. Nun hat er das Projekt verschoben – der empirische Teil soll nach dem aktuellen Lockdown losgehen.

Wer viel und abwechslungsreich trainiert und die Belastung kontinuierlich steigert, wird immer leistungsfähiger – ganz so einfach könnte es laut Sportwissenschaftler Sebastian Gehlert vielleicht doch nicht sein. In einer vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BIS) geförderten Studie geht der 44-Jährige der Frage nach, ob im leistungssportlichen Training ein Punkt erreicht wird, an dem eine hohe Trainingsbelastung keinen zusätzlichen Benefit mehr bringt, beziehungsweise umgekehrt eine Trainingsreduktion keine Verschlechterung der (Kraft-)Leistung.

Im März 2020 hätte die Studie anlaufen sollen, insgesamt 48 Proband*innen sollen dabei über einen Zeitraum von gut vier Monaten unter vorgegebenen und engmaschig begleiteten Bedingungen trainieren. „Das können Individual- oder Mannschaftssportler*innen sein, die Ausgangssportart ist grundsätzlich egal, solange generell regelmäßig trainiert wird“, erläutert Gehlert. Im Rahmen der Studie steht für die Teilnehmenden eine Mischung aus Kraft- und Konditionstraining, sowie zu einem kleinen Anteil Schnelligkeitstraining auf dem Programm. Trainiert werden soll in Fitnessstudios oder Krafträumen – und genau das wurde im Frühjahr zum Problem. „Im Grunde ist es zwar organisatorisch machbar, die Zeitfenster so zu legen, dass in den Trainingsräumen oder auch beim Blutabnehmen Abstände und Hygienevorkehrungen eingehalten werden“, sagt Gehlert. „Doch zu Beginn des ersten Lockdowns war ja noch völlig unklar, wie sich die Pandemie weiter entwickeln würde.“ Neben der Frage, wie der empirische Teil der Studie unter diesen Umständen umgesetzt werden könnte, ergaben sich weitere Verzögerungen dadurch, dass die für das Projekt georderten Fitness-Geräte aufgrund der Pandemie nicht zum vereinbarten Zeitpunkt geliefert werden konnten.

Deshalb vereinbarte der Wissenschaftler mit dem Geldgeber BIS eine kostenneutrale Laufzeitverlängerung mit neuem Starttermin im Oktober. „Nur leider ging genau zu diesem Zeitpunkt bundesweit die Zahl der Infizierten ja wieder nach oben.“ Dennoch ist das Projekt nun angelaufen und in der Vorbereitungsphase. Die neuen Geräte müssen installiert und getestet und die am Projekt beteiligten Hilfskräfte für ihren Einsatz geschult werden. Anfang des kommenden Jahres sollen die ersten Proband*innen mit ihrem speziell abgestimmten Training starten. „Zunächst mit einer vierwöchigen progressiven Belastungssteigerung, im späteren Verlauf modulieren wir die Trainingsbelastung über mehrere Monate.“ Mit Krafttests sowie Blutuntersuchungen sollen die Effekte der verschiedenen Phasen messbar gemacht werden. Die Frage der Raumnutzung und das Hygienekonzept will Gehlert vor dem Starttermin mit der Hochschulleitung noch im Detail abstimmen, an den Blutabnahmen, für die ohnehin besondere Schutzmaßnahmen nötig sind, ist der Mediziner Dr. Johannes Willers eingebunden.

Dass lange Trainingspausen der Proband*innen im Corona-Jahr 2020 die Ausgangswerte beeinflussen könnten, glaubt Gehlert, selbst ehemaliger Leistungssportler, nicht. „Auch wenn nicht im Team trainiert wurde, so haben die meisten Sportler*innen dennoch Wege und Möglichkeiten gefunden, ein strukturiertes Training auch in diesem Jahr aufrecht zu erhalten – in vielen Fällen sogar intensiver als sonst.“

 

Text: Sara Reinke

 

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Zur Person:

Prof. Dr. Sebastian Gehlert ist Sportwissenschaftler an der Universität Hildesheim und der Deutschen Sporthochschule Köln. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Trainingsoptimierung durch biologische und physiologische Einflussfaktoren. Der 44-Jährige ist selbst als aktiver Sportler in diversen Disziplinen zuhause – von der Leichtathletik bis zum Fallschirmsprung.

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Ihr Forschungsprojekt ist ebenfalls durch die Corona-Pandemie in besonderer Weise beeinträchtigt und Sie möchten davon berichten? Nehmen Sie gern Kontakt auf unter: wissendigital(at)uni-hildesheim.de

Teil 1 der Serie "Forschung in Zeiten der Pandemie": Prof. Dr. Martin Sauerwein berichtet aus dem Fachbereich Geographie

Teil 2 der Serie: Post-Doktorandin Wiebke Hiemesch untersucht historische Quellen aus dem Frauenkonzentrationslager Ravensbrück zunächst digital

Teil 3 der Serie: Jugendforschung unter völlig neuen Voraussetzungen - Dr. Severine Thomas im Gespräch

Erstellt von Sara Reinke


Prof. Dr. Sebastian Gehlert forscht zu Trainingsoptimierung durch biologische und physiologische Einflussfaktoren. Foto: privat

Foto: Pixabay

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