Prof. Dr. Heinz-Wilhelm Alten ist am 27. Januar 2019 nur wenige Wochen nach seinem 90. Geburtstag in Hildesheim verstorben.
Sein 1948 begonnenes Studium der Fächer Mathematik, Physik und Chemie an der Technischen Hochschule Hannover und der University of Bristol schloss er 1954/55 mit dem ersten Staatsexamen für das Höhere Lehramt ab. Er war anschließend von 1956 bis 1961 wissenschaftlicher Assistent an der Technischen Universität Hannover, wo er 1961 bei Wilhelm Quade zum Dr. rer. nat. im Bereich Analysis/Numerik promovierte (Thema der Dissertation: „Schranken und Näherungswerte für die Nullstellen der Gegenbauerschen und Hermiteschen Funktionen erster und zweiter Art“). 1961 wurde er Oberingenieur und 1966 Oberassistent am Mathematischen Institut der TU Hannover.
1973 nahm Heinz-Wilhelm Alten einen Ruf auf eine Professur für Mathematik an der Pädagogischen Hochschule Niedersachsen, Abteilung Hildesheim, an. 1979 bis 1981 war er erster Rektor der Wissenschaftlichen Hochschule Hildesheim, heute Universität Hildesheim. Als Rektor organisierte er den Aufbau der Hochschule. Unter seiner Leitung wurde eine Grundordnung erarbeitet und die Gliederung der Hochschule in Institute und Fachbereiche organisiert. 1982 bis 1985 leitete er hier auch die Arbeitsgruppe Informatik zur Vorbereitung des Diplomstudienganges Informatik. Insbesondere dank des Einsatzes von ihm und seinem Hildesheimer Kollegen Prof. Dr. Theo Kreutzkamp wurde zum Wintersemester 1984/85 in Hildesheim dieser Studiengang als damals zweiter niedersächsischer universitärer Diplomstudiengang (nach der TU Braunschweig) in Informatik eingeführt. Hildesheim gehörte damit zu den ersten 20 Universitäten der Bundesrepublik, die einen Informatik-Studiengang anboten. Zu seinen Schülern zählte der in Stanford lehrende Professor Sebastian Thrun.
In den Jahren 1986 bis 1993 war Heinz-Wilhelm Alten Dekan des Fachbereichs 4: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften. Seit 1990 leitete er die von ihm gegründete Hildesheimer Projektgruppe „Geschichte der Mathematik“, die bei Springer Heidelberg die renommierte mathematikhistorische Reihe „Vom Zählstein zum Computer“ herausgibt. Er war seit 1997 Emeritus im Institut für Mathematik und Angewandte Informatik (IMAI) der Universität Hildesheim und hier bis kurz vor seinem Tod insbesondere im Bereich der Geschichte der Mathematik durchgehend aktiv.
Als Emeritus nahm Heinz-Wilhelm Alten regelmäßig an Veranstaltungen der Universität Hildesheim teil und wirkte aktiv in der Universitätsgesellschaft Hildesheim e.V. mit. Auf seine Initiative hin besuchte Sebastian Thrun die Universität Hildesheim und richtete für jeweils eine/n Informatikstudierende/n einen Preis für herausragende Leistungen verbunden mit einem Studienaufenthalt im Silicon Valley ein.
„Die Universität Hildesheim, der Fachbereich 4 Mathematik, Naturwissenschaften, Wirtschaft und Informatik und das Institut für Mathematik und Angewandte Informatik verlieren mit ihm einen hochgeschätzten Kollegen, der sich große Verdienste um die Mathematik und Informatik in Hildesheim erworben hat, einen begeisternden akademischen Lehrer, der ein selbstloser Förderer im besten Sinne war, und einen Menschen und Freund, der uns sehr fehlen wird“, erklärten Universitätsprofessor Klaus-Jürgen Förster und Universitätspräsident Professor Wolfgang-Uwe Friedrich.
Heinz-Wilhelm Alten über die Gründung der Universität Hildesheim:
Heinz-Wilhelm Alten hat die Vorgeschichte, Gründung und Entwicklung der Universität Hildesheim in der Hochschulschrift „Zur Geschichte der Universität Hildesheim“ (PDF) zusammengefasst.
Über seine Amtszeit als erster Rektor der Hochschule Hildesheim von 1979 bis 1981 schreibt der Mathematiker: „In den beiden Jahren meines Rektorats wurde die junge Hochschule maßgeblich geprägt durch: Erstellung, Verabschiedung und Genehmigung einer Grundordnung und eines Organisationsplanes; Gliederung in Fachbereiche und Zentrale Einrichtungen; Errichtung von Instituten; Übernahme des wiss. Personals in die neue Personalstruktur; Planung, Konsolidierung und Ausbau neuer Studiengänge; Auseinandersetzungen mit dem Landesrechnungshof und dem Ministerium über Raumnutzung und Raumversorgung und den Aufbau von Außenbeziehungen.“
Weiter schreibt Heinz-Wilhelm Alten: „Das erste Jahr der jungen Hochschule hatte gezeigt, dass eine Fortsetzung des Status quo als weder in Fachbereiche noch in Institute gegliederte Hochschule nicht praktikabel war. Die Hochschule musste eine Struktur erhalten, also entsprechend ihrer personellen, sächlichen und räumlichen Ausstattung unter Berücksichtigung vorhandener und geplanter Fächer und Studiengänge gegliedert werden. Bei den Diskussionen hierüber prallten zwei Tendenzen aufeinander: die Professoren wünschten eine Gliederung in Institute, hätten eine Gliederung in Fachbereiche gern vermieden, weil sie die stärkere Belastung durch die dann vorgeschriebenen zusätzlichen Gremien fürchteten. Die Mitarbeiter und Studierenden hingegen bevorzugten die Gliederung in Fachbereiche, weil sie dann größere Möglichkeiten der Mitwirkung und Einflussnahme hatten. Für mich stand fest, dass eine wissenschaftliche Hochschule nur dann in Forschung, Lehre und Studium arbeits- und überlebensfähig sein würde, wenn sie sowohl in Fachbereiche als auch in Institute gegliedert wäre.“