Zur Mathematik kam Sievert eher zufällig: Während seiner eigenen Schulzeit fiel ihm das Fach leicht – ohne, dass er viel dafür tun musste. Gleichzeitig sah er, wie viele seiner Mitschüler*innen mit Mathe kämpften. Diese Erfahrung weckte sein Interesse an der Frage: Wie lässt sich Mathematik so unterrichten, dass sie weniger abschreckt, Schüler*innen ermutigt und individuelle Lernprozesse besser unterstützt werden?
Addition, Subtraktion und Genderstereotype - Was steht eigentlich in den Mathebüchern?
So kam er zunächst in die Lehramtsausbildung. Sievert arbeitete in verschiedenen Bildungskontexten mit Kindern von KiTa bis Oberstufe. Besonders in der Grundschule fühlte er sich als Lehrer zuhause: „Hier wird das Fundament für alle späteren Lernprozesse gelegt. Was Kinder in dieser Phase lernen – oder nicht lernen -, prägt ihre Einstellung zur Mathematik nachhaltig.“ Daher sei es umso wichtiger, Lernprozesse gerade in diesem Alter zu begleiten und zu verbessern. Dazu gehörte auch der Einsatz von Schulbüchern: „Insbesondere im Grundschul-Bereich werden die Schulbücher nach heterogenen Kriterien ausgewählt. Welche fachdidaktischen Kriterien dabei eine Rolle spielen und wie die Bedürfnisse der Schüler*innen dabei berücksichtigt werden, ist nach heutigem Stand der Forschung oft unklar.“ Dazu gehören beispielsweise die Fragen, welche Rolle Design und Aufmachung aber auch Inhalt und Konzeption beim Auswahlprozess spielen. Und manchmal gäbe es auch noch Artefakte, wie das Mathebuch „Einstern“, dessen Variante für den Deutschunterricht „Einsterns Schwester“ heißt und damit auch Geschlechterstereotype fördere, die gerade im Matheunterricht ohnehin schon ausgeprägt wären.
Forschen, fördern, würfeln: Grundbildung im Matheunterricht
Seine Promotion absolvierte Sievert am Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) in Kiel im Rahmen der sogenannten IPN-Schulbuchstudie. Hier entwickelte er Qualitätskriterien für Mathematikschulbücher. Mit Schulbüchern und der Grundschulbildung beschäftigt er sich derzeit in mehreren Projekten: Gemeinsam mit der Uni Flensburg untersucht er, wie sich die informatische Grundbildung bereits in der Grundschule integrieren lässt. „Uns ist wichtig, dass das keine zusätzliche Belastung für Lehrkräfte darstellt, sondern sinnvoll in den Unterricht integriert wird“, betont Sievert. Im Projekt MAMBO („Mathematikbücher optimal nutzen“) in Zusammenarbeit mit Forschenden aus Kiel und Hamburg, geht er der Frage nach, welche Rolle Schulbücher im Matheunterricht spielen. Hier beschäftigt er sich mit Stochastik, also dem Umgang mit Daten und Zufall. Konkret für die Grundschule bedeutet das zum Beispiel: Würfelspiele, das Schätzen erster Zahlen oder das Erstellen des ersten Stundenplans.
Die Tasse Kaffee für den Wissenschaftsnachwuchs
Henning Sievert bringt langjährige Erfahrung aus Praxis und Forschung mit an die Uni. Nach Stationen in Kiel und Flensburg freut er sich nun auf Hildesheim: „Die Größe der Universität, ihre Ausrichtung und die Nähe zu den Studierenden sind perfekt für mich. Ich freue mich besonders auf den interdisziplinären Austausch und die Begegnung mit den Studierenden – gerne auch bei einer Tasse Kaffee. Vielleicht kann ich ja den einen oder die andere für die Wissenschaft begeistern.“