Am 10. Mai 1999 wurde in einem Festakt der Nachlass von Hans Egon Holthusen in das Literaturarchiv der Universitätsbibliothek Hildesheim übernommen. Heute, knapp ein Jahr danach, liegt bereits die von Mechthild Raabe erstellte Bibliographie des literarischen Werks Holthusens vor. Die Autorin benötigte gerade einmal neun Monate, um den literarischen Nachlass ihres Bruders Hans Egon Holthusen bibliographisch zu erschließen. Viel des Lobes für die Autorin dann auch im Rahmen eines Empfangs der Hochschulleitung. Mit dieser Leistung hätte die Autorin alle Erwartungen übertroffen, so der Kanzler der Universität. Dr. Christian Grahl. Vizepräsident Professor Dr. Werner Brändle unterstrich die Bedeutung der Bibliographie: "Die Publikation von Mechthild Raabe ist ein wichtiger Schritt, den Nachlass für weitere Forschungen, insbesondere auch im Hinblick auf zeitgeschichtliche Betrachtungen, öffentlich zugänglich zu machen. Und bei Einträgen, die der Band umfasst, kann man sich leicht vorstellen, wieviel Arbeit dahinter steht." Es gibt Sekt, fällt die feierliche übergabe dieser Universitätsschrift doch genau auf den 73. Geburtstag von Paul Raabe, der das Buch seiner Frau, gewidmet als Geburtstagsgeschenk, erfreut entgegen nimmt.
Ein Blick zurück: Die übernahme des literarischen Nachlasses von Hans Egon Holthusen war für die Universität ein denkwürdiger Tag. Denn mit übernahme dieses Nachlasses wurde an der Universität Hildesheim ein Literaturarchiv eingerichtet, das der Hildesheimer Forschung neue Perspektiven eröffnet. Vorausgegangen waren lange Verhandlungen mit Nachlassgebern und Stiftungen. Der Nachlass beinhaltet neben umfangreichen Briefschaften aus Jahrzehnten des literarischen und literaturkritischen Wirkens Holthusens, zum großen Teil in herausgehobener Position, auch umfangreiche Tagebücher und Werkmanuskripte. Sie dokumentieren ein Stück Literaturgeschichte dieser Republik.
Die Autorin Mechthild Raabe und ihr Ehemann, von 1968 bis 1992 Direktor der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel haben sich seinerzeit wesentlich dafür eingesetzt, dass der Nachlass von der Universität Hildesheim archiviert wird. "Die Universität Hildesheim ist ein sympathischer und geeigneter Ort für die Erforschung des Nachlasses," so begründen die Raabes auch heute noch ihre damalige Entscheidung. "Die Universität tut gut daran, den Nachlass umgehend zu dokumentieren, zu erschließen und im Rahmen einer kritischen Werkausgabe der öffentlichkeit zugänglich zu machen. Allein die sind ein Zeitdokument von ganz besonderer Bedeutung ."
Diese Wünsche von Raabes werden bereits umgesetzt. Peter Marmein, scheidender Leiter der Bibliothek, berichtet, dass beim Institut für Deutsche Sprache und Literatur der Universität bereits eine Forschungsstelle Holthusen gegründet worden ist und dass die Universitätsbibliothek DFG-Mittel für die archivalische Erschließung des Nachlasses eingeworben hat. Sein Wechsel an die Niedersächsische Landesbibliothek Hannover werde den Fortgang der Arbeit nicht behindern. Er verweist auf Karola Dönitz, die das Literaturarchiv an der Universität Hildesheim maßgeblich betreut und auch bei der Erstellung der Bibliographie mitgearbeitet hat. Sie wird sich weiterhin für das Projekt einsetzen und Ansprechpartnerin sein. Elisabeth Maria Müller, die ab 1. April 2000 die Leitung der Universitätsbibliothek Hildesheim übernimmt, war voller Bewunderung für die Einrichtung des Literaturarchivs an der Universität Hildesheim und die damit verbundenen Perspektiven literarischer Forschung.