"Junge Menschen sollen in sich nicht nur Wissen aufhäufen, sondern Kreativität entwickeln. (...)"

Freitag, 13. Januar 2006 um 16:17 Uhr

Arwed Löseke plädiert für mehr Eigenverantwortlichkeit und erfolgsorientierte Bildungsangebote

Die Universität Hildesheim errichtet eine Stiftungsprofessur für Wirtschaftswissenschaft und Wirtschaftsinformatik, die den dringenden Bedarf an Lehre, Forschung und Weiterbildung auf der Schnittstelle Betriebswirtschaft/ Informationstechnologie decken soll. Finanziert wird die Professur durch die Arwed Löseke Papierverarbeitung und Druckerei GmbH, die den Ausbau der Wirtschaftswissenschaften in Hildesheim fördert. Uni Hildesheim. Das Magazin hat Firmeninhaber Arwed Löseke im Interview gefragt, was ihn mit der Stiftungsuniversität verbindet und warum er sich nachhaltig für den Hochschulstandort Hildesheim engagiert.

Finanziert wird die Professur durch die Arwed Löseke Papierverarbeitung und Druckerei GmbH, die den Ausbau der Wirtschaftswissenschaften in Hildesheim fördert. Uni Hildesheim. Das Magazin hat Firmeninhaber Arwed Löseke im Interview gefragt, was ihn mit der Stiftungsuniversität verbindet und warum er sich nachhaltig für den Hochschulstandort Hildesheim engagiert.

Das Magazin:Herr Löseke, Sie stehen für ein Familienunternehmen, das seit 1883 in Hildesheim ansässig ist. Die Universität Hildesheim hat ihre Wurzeln im 1855 gegründeten katholischen Lehrerseminar Hildesheim. Wann und wie ist der Kontakt zur Universität entstanden und was verbinden Sie in erster Linie mit ihr?

Arwed Löseke: Die Universität Hildesheim ist eine herausragende Bildungseinrichtung für junge Menschen, die ihrerseits, vor allem über pädagogische Fächer, Ausbildung und Bildung vermitteln sollen. Gerade in einem Familienunternehmen, das nun in vierter Generation durch meine Tochter Ariane Löseke geführt wird, ist im Vergleich die Veränderung kultureller und sozialer Entwicklung im Lande besonders deutlich abgebildet.
Beruflicher Erfolg verlangt heute, wo Handarbeit nicht mehr im Vordergrund eines Wirtschaftsunternehmens steht, nach einer guten Allgemeinbildung. Das gilt umso mehr, als niemand sicher sein kann, lebenslang in seinem erlernten Beruf tätig sein zu können. Also müssen unsere Kinder und Jugendlichen heute mehr lernen als früher. Dummerweise sind aus vielerlei Gründen, die häufig in der Familie zu suchen sind, aber auch aufgrund der Ablenkungen eines ausufernden Freizeitangebotes, die persönlichen Voraussetzungen für Bildungserwerb schlechter geworden. Das beste Mittel gegen Demotivation und Bildungsfrust ist ein engagiertes, lebendiges und erfolgorientiertes Bildungsangebot. Hierfür brauchen wir befähigte Lehrerinnen und Lehrer, die ihre Aufgaben und Chancen darin sehen, Kinder und Jugendliche so zu erfüllen und zu begeistern, wie dies in vielen anderen Ländern, wie die Pisastudie zeigt, möglich ist.

Das Magazin: Die Kulturfabrik Löseke ist für die "freie Kulturszene" in Hildesheim, die maßgeblich durch die Studierenden der Kulturwissenschaften getragen wird, ein wichtiger Produktions- und Präsentationsstandort. Mit der Bereitstellung Ihres ehemaligen Fabrikgebäudes 1992 sind Sie damit auch zu einem wichtigen Förderer des Bereichs Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis der Universität Hildesheim geworden. Was treibt Sie an, sich als Förderer so intensiv für die Kultur einzusetzen?

Arwed Löseke: Junge Menschen sollen in sich nicht nur Wissen aufhäufen, sondern Kreativität entwickeln. Nur so können sie überzeugend Wissen weitergeben. Dazu gehört auch eine freie Kulturszene, in der Experimentelles erlaubt und erwünscht ist. Das weitet das Bewusstsein und schafft - hoffentlich - Spannung und Lebensfreude.
Als unser Fabrikgebäude 1976 frei wurde gab es verschiedene Optionen für die Folgenutzung. Ich bin froh, dass wir uns damals so entschieden haben und mit der "Kulturfabrik Löseke" ein Signal für Kulturbetrieb in Eigenverantwortung gesetzt haben.

Das Magazin: In diesem Jahr haben Sie der Stiftung Universität Hildesheim 200.000 Euro für eine Stiftungsprofessur "Wirtschaftsinformatik" gespendet. Was ist Ihre Motivation für dieses außerordentliche Engagement?

Arwed Löseke: In der Vergangenheit sind die Erfordernisse einer gesunden Wirtschaft vielfach verkannt worden. Erfolgreich ist nur das Unternehmen, das - bei aller aktuellen Ertragsorientiertheit - langfristige Perspektiven entwickelt. Wirtschaftsinformatik gibt Hilfe für Weichenstellungen und ist in allen Bereichen wirtschaftlichen Handelns von zentraler Bedeutung. In der Vergangenheit ist oft ein künstlicher, häufig auch moralischer, Gegensatz zwischen geisteswissenschaftlichen Bildungsinhalten und gewinnorientierter ökonomie hergestellt worden. Tatsächlich ist aber eine gesunde Wirtschaft Voraussetzung und Grundlage eines dauerhaft gesicherten komplexen Bildungssystems.

Bildungseinrichtungen, die ihren "Ertrag" nur langfristig generieren können, bedürfen mehr als früher privater Unterstützung, da die staatlichen Ressourcen, auch wegen der vielfältigen Verwerfungen und Fehlentwicklungen staatlichen Handelns häufig sehr kurzfristig orientiert sind. Privates Engagement soll aber die Grundverpflichtung des Staates, ein zukunftsorientiertes Bildungssystem vorzuhalten, nicht ersetzen. Sie muss immer verstanden werden als Anreicherung und soll die Motivation von Lehrenden und Lernenden erhöhen.

Das Magazin: Sie haben im Sommersemester an unserer Universität einen Gastvortrag zum Thema: Auslandsmarkterschließung in der BWL-Vorlesung von Prof. Dr. Ambrosi gehalten. Welchen Reiz hat für Sie als erfolgreicher mittelständischer Unternehmer diese Möglichkeit, Ihre Erfahrung und Ihr "know-how" in die Lehre einzubringen? Sollten derartige Lehrangebote von mittelständischen Unternehmerpersönlichkeiten häufiger stattfinden und würden Sie sich weiterhin persönlich engagieren?

Arwed Löseke: Zunächst einmal: Natürlich hat es mir persönlich Freude gemacht, aus meiner unternehmerischen Erfahrung zu berichten. Die praktische Umsetzung des Erlernten, die sich im Unternehmenserfolg widerspiegelt, ist die Messlatte für das richtige Angebot und die erfolgreiche Verarbeitung des Lehrstoffes. Lehrinhalte an Universitäten und Fachhochschulen sind aber notwendigerweise vielfach abstrakt. Geht in Anwendung des Erlernten die Rechnung auf und stellt sich dementsprechender Erfolg ein, so rechtfertigt dies nachträglich jede Anstrengung, die mit dem Lernen verbunden war. Diese Erfahrung kann nur der Praktiker weitergeben. Also ist es sicher richtig, aus erfolgreichen mittelständischen Unternehmen Persönlichkeiten zu Gastvorträgen einzuladen. Deren Vielfalt macht das Angebot attraktiver.

Das Magazin:Sie haben in München Betriebswirtschaftslehre studiert. Welches sind die bleibenden Erinnerungen an Ihre Studienzeit und wie beurteilen Sie die Situation des Studierenden heute im Vergleich zu damals?

Arwed Löseke: In den sechziger Jahren begann das Wirtschaftswunder. Deutschland (West) stand vor einer unerhört dynamischen Entwicklung, die sich nicht nur in der Produktivität, sondern auch in der nach schlimmen Jahren wieder gefundenen Lebensfreude niederschlug. München war eines der Zentren mit seinen hohen kulturellen Werten und seinem Freizeitangebot. Die beruflichen Perspektiven waren damals ausgezeichnet. Insofern war das eine sehr glückliche Zeit, zumal ich dort auch meine Frau kennen gelernt und eine Familie gegründet habe. Die Zahl der Studierenden war damals noch nicht so hoch wie heute. Infolge dessen konnte man auch leichter Kontakt mit dem Lehrpersonal, aber auch untereinander. finden. Dies hat zur Motivation durchaus beigetragen. Ich wünsche den Studierenden von heute, dass sie trotz der erschwerten Ausgangsbedingungen an ihre Zukunft und ihren persönlichen Erfolg glauben und in der Kommunikation miteinander, aber auch zu ihren Lehrern, wieder eine persönliche Nähe entwickeln, wie wir sie damals hatten. Darin steckt auch ein Appell an die Lehrenden.

Das Magazin:Als "Kenner der Region" sind Sie mit der wirtschaftlichen Entwicklung vor allem im Raum Hannover-Hildesheim bestens vertraut. Welche Rolle kann eine intensive Korporation zwischen regionaler, insbesondere mittelständischer Wirtschaft und Universität diesbezüglich spielen?

Arwed Löseke:Wirtschaft findet heute nicht mehr in einem begrenzten regionalen Raum, sondern europäisch oder global statt. Unser Unternehmen ist stark exportorientiert. Ohne eine profunde Allgemeinbildung, insbesondere auch über historische und kulturelle Prozesse in anderen Ländern, wird man den Erwartungen der dortigen Märkte nicht gerecht. Zudem spielen die gängigen Weltsprachen eine immer größere Rolle. Da liegt ein Beitrag, den die Bildungseinrichtungen für die Wirtschaft leisten können. Die Wirtschaft selbst kann den Studierenden Einblicke in die Praxis ermöglichen, die in die Tiefe gehen und zeigen, wo die Stellschrauben eines erfolgreichen Managements liegen. Darüber hinaus müssen Vorurteile abgebaut werden, die wir immer wieder über das "oben und unten" in einem Wirtschaftsunternehmen entgegen gehalten bekommen. Ein modernes Unternehmen ist auf partnerschaftlicher Zusammenarbeit aufgebaut, bei dem die Impulse aus der eigenen Belegschaft eine große Rolle spielen. Insofern liegt gerade in einem mittelständischen Unternehmen, wo der Chef noch jeden Mitarbeiter persönlich kennt, eine interessante Erfahrungsgrundlage für Studierende, für das Erlebnis betrieblicher Kooperation. Mitarbeiter sind heute keine Rädchen in einer Maschinerie, sondern Persönlichkeiten, die ernst genommen werden wollen und bei entsprechender Motivation auch hohe Leistungsbereitschaft an den Tag legen. Das ist eine der Ressourcen, die man nur von innen her erleben kann.

Das Magazin: Welche Botschaft möchten Sie der jungen Stiftung Universität Hildesheim mit auf den Weg geben?


Arwed Löseke:Ich glaube nicht, dass von mir Botschaft gefragt ist. Universitäten müssen den Weg zwischen den Anforderungen der Gesellschaft und den Bedürfnissen ihrer Studierenden selbst finden und mit Zuversicht in die berufliche Zukunft jedes Einzelnen Freude am Lernen erhalten.