„Appsolutly Old – das historische Smartphone“ haben Kira Lorberg und Lukas Sontheimer, beide Masterstudierende im Internationalen Informationsmanagement, ihr Projekt getauft. Die Idee: Historische Kommunikation in eine Darstellung zu übertragen, wie sie heutige Smartphone-Apps bieten. „Wir haben uns gefragt: Welche Apps hätten Menschen vor 70 bis 100 Jahren genutzt und welche Informationen wären in sozialen Netzwerken geteilt worden?“, erzählt Kira Lorberg, die bei der Kick-Off-Veranstaltung des Kultur-Hackathons „Coding da Vinci Niedersachsen 2020“ die zündende Idee hatte. Aus den von verschiedenen Kulturinstitutionen zur Verfügung gestellten Daten entstand am Ende eine Android-Applikation mit drei Apps, die jeweils eine reale Smartphone-Anwendung simulieren, aber mit historischen Angeboten befüllt sind. „Man könnte das gleiche Prinzip auch noch weiter ausbauen und auf andere Bereiche übertragen“, sagt Lukas Sontheimer, „aber für den Anfang mussten wir uns auf einige Anwendungsbeispiele beschränken, um das Projekt in der vorgegebenen Zeit abschließen zu können.“
So funktioniert das "Historische Smartphone" - ein Video
Die App „Kleiderkreisel“ diente als optische Grundlage für ein Verkaufsportal von Trachten aus der Nachkriegszeit und bei „Instagram“ präsentiert der Anbieter „oberpraesidium“ englische Sprachkurse, während ein Datensatz mit hannöverschen Bierangeboten augenzwinkernd als sponsored post, also als Werbung, eingebunden ist. Als dritte App haben die studentischen Entwickler*innen einen digitalen Zeitungskiosk aufgebaut, in dem sich beispielsweise Ausgaben des „Welt-Spiegel“ ab 1938 als E-Paper darstellen lassen. „Wir wollten den Verfremdungseffekt nutzen, um museale Inhalte auch für unsere Generation ansprechend aufzubereiten“, erläutert der 25-jährige Lukas Sontheimer. Tatsächlich haben im Nachgang zu dem Wettbewerb schon ein regionales Museum und das hannöversche Stadtarchiv Interesse an der App bekundet. Die die Studierenden übrigens nicht gewinnbringend verkaufen dürfen – denn zur Grundidee des Wettbewerbs gehört der Open-Source-Gedanke, nach dem Wissen frei verfügbar gemacht soll.
Die Teilnahme an dem Wettbewerb lief im Rahmen des Seminars „Projektseminar Mehrsprachige Informationssysteme: Teilnahme Coding da Vinci “ unter Leitung von Prof. Dr. Thomas Mandl und Robert Strötgen, Mitorganisator von Coding da Vinci. Mithilfe einer Software war die Konfiguration auch ohne fundierte Programmierkenntnisse zu leisten, sagt Kira Lorberg: „Wir sind ja keine Informatiker und hatten nie zuvor eine App programmiert.“ Vielleicht wird sich das in Zukunft ändern, denn als Gewinn dürfen sich Lorberg und Sontheimer über die Teilnahme an einem virtuellen Gaming-Workshop freuen. Ein Preisgeld im eigentlichen Sinne gibt es nicht, aber die Möglichkeit, sich auf ein Stipendium zu bewerben, um nach dem Hackathon weiter an der Idee zu arbeiten.
Text: Sara Reinke
Zweites Projekt: Interaktives "Souvenir aus Rom"
Studierende der Universität Hildesheim haben sich noch mit einem zweiten Beitrag am diesjährigen Wettbewerb Coding da Vinci beteiligt: Die Studentinnen Ronja Krätz, Kassandra Haido, Nesli Nur Karakis-Taner und Ana Maria Moise haben anhand eines Datensatzes des August-Kestner-Museums ein künstlerisches Album aus dem 19. Jahrhundert zu einem digitalen „Souvenir aus Rom“ (https://codingdavinci.de/de/projekte/interaktives-souvenir-aus-rom) aufbereitet. Einen Preis gewonnen haben die vier Bachelor-Studentinnen im Fach Internationales Informationsmanagement damit zwar nicht, die Teilnahme selbst habe aber einen großen Lerneffekt und viel Spaß mit sich gebracht, sagt Ana Maria Moise: „Das war mal eine ganz andere Seminaraufgabe, als man sie sonst kennt.“
Der Wettbewerb Coding da Vinci
Seit 2014 vernetzt Coding da Vinci, der Kulturhackathon, Kultur- und Technikwelten miteinander und zeigt, welche überraschenden Möglichkeiten in offenen Kulturdaten stecken. In einer mehrwöchigen Sprintphase entwickeln Teams aus Hacker*innen gemeinsam mit Kulturinstitutionen funktionierende Prototypen zum Beispiel für Apps, Webseiten, Datenvisualisierungen, Spiele oder interaktive Installationen, die überraschende und inspirierende Wege zeigen, wie Sammlungsobjekte von Institutionen auf neue Weisen vermittelt und genutzt werden können.