Mit Bestürzung und Trauer haben wir vom plötzlichen Tod unseres lieben Freundes und geschätzten Kollegen Burkhard Müller erfahren. Er wurde 1939 in Tübingen geboren. Nach dem Abschluss des Studiums der evangelischen Theologie in Zürich, Berlin und Tübingen war er zunächst im kirchlichen Dienst und in der Erwachsenenbildung tätig. 1971 promovierte er in Zürich. Daran schloss sich als weiteres Studium das der Sozialpädagogik in Tübingen an. Nach dessen Abschluss arbeitete er zwischen 1974 und 1982 als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Tübingen. Am dortigen Fachbereich Erziehungs- und Sozialwissenschaften erfolgte 1982 dann auch die Habilitation. 1983 erhielt er den Ruf auf eine Professorenstelle an die Universität Hildesheim, der er auch nach seiner Entpflichtung bis zuletzt als Lehrbeauftragter verbunden blieb.
Burkhard Müller hat die Entwicklung der Sozialpädagogik in den vergangenen vierzig Jahren grundlegend mitgeprägt und bereichert. Auch nach seiner Pensionierung im Jahre 2004 beteiligte er sich mit großer Begeisterung und Intensität am fachlichen Diskurs. Über 200 wissenschaftliche Arbeiten sind Ausweis seiner beeindruckenden wissenschaftlichen Produktivität. Seine Werke gehören zum Kanon des Faches. Sein mittlerweile in der siebten Auflage erschienenes Buch ‚Sozialpädagogisches Können‘ ist Pflichtlektüre jeder und jedes Studierenden und Orientierungspunkt jeden sozialpädagogischen Nachdenkens über Fallarbeit.
Die Frage, was sozialpädagogische Professionalität ausmacht, hat ihn zeitlebens umgetrieben. Bei seiner Suche nach Antworten konnte er einerseits auf ein beeindruckendes philosophisches und historisches Wissen bauen und andererseits sich auf eine psychoanalytisch geschulte Sensibilität für die Nuancen, Herausforderungen und Aporien der Fallarbeit verlassen. Wie wohl kein(e) andere(r) vermochte er die Ambivalenz des ‚Arbeitsbündnisses‘ in der Sozialen Arbeit zu erkennen und darzustellen. Auf die Frage, was Studierende von ihm persönlich lernen können, hat er einmal geantwortet: „Ich hoffe, dass sie das Stellen von Fragen (noch) besser lernen können und sich nicht zu fürchten vor der Ungewissheit, die daraus entstehen kann.“ Er wusste also um die ‚Last der großen Hoffnungen‘ und um die Risiken, die es dabei zu erkennen und einzugehen gilt. Seine Schlüsselfrage war, wie Soziale Arbeit die Selbstverantwortung ihrer Klienten stärken kann, ohne sich darin zu verlieren und ohne die Qualität der eigenen Dienstleistung zur Disposition zu stellen.
Burkhard Müller war auch einer der ersten Sozialpädagogen, der sich mit den interkulturellen und transnationalen Aspekten Sozialer Arbeit auseinandersetzte und entsprechende internationale Kooperationen pflegte. Burkhard Müller war aber nicht nur ein hoch ambitionierter und weithin anerkannter Wissenschaftler. Wir haben ihn als engagierten, weltoffenen und humorvollen Freund und Kollegen geschätzt, der bis zuletzt neben seinem Engagement als Gastprofessor an der International Psychoanalytic University (IpU) in Berlin Lehrveranstaltungen am Institut für Sozial- und Organisationspädagogik durchführte.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts für Sozial- und Organisationspädagogik ebenso wie viele Generationen von Studierenden haben ihm viel zu verdanken. Sie werden sich immer gerne und liebevoll an ihn erinnern.
Wir danken ihm für das Arbeitsbündnis, das er mit uns eingegangen ist, und für die fruchtbare Partnerschaft, die wir mit ihm erleben durften.