Die besten Arbeiten in Kürze
Bachelor: Vilja Gunzelmann
Fachbereich: „Kulturwissenschaften und ästhetische Kommunikation“
Bachelorarbeit: „Unerwähnt und widerhallend. Geschichte und Geister meiner Familie. Reflexion einer künstlerischen und theoretischen Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte im Handelshaus C. Woermann“
Gutachter: Dr. Torsten Scheid/Prof. Dr. Julius Heinicke
Vilja Gunzelmanns Bachelorarbeit ist die Aufarbeitung der eigenen Familiengeschichte, die sich letztendlich in ein globales koloniales Schema einfügt. Im Rahmen ihrer Arbeit erforschte Gunzelmann die kolonialgeschichtliche Beteiligung ihrer Familie an dem Unternehmen C. Woermann. Dabei überschrieb die Betrachtungsweise einer jungen Wissenschaftlerin zunehmend die kindlichen Rückerinnerungen, die den Anfang der eigenen thematischen Auseinandersetzung markieren.
Über ihre eigene Arbeit sagt sie: „Hinter der historischen Aufarbeitung und der Recherche-basierten künstlerischen Praxis meiner Arbeit verbarg sich der Wunsch, Auslassung in den Erzählungen meiner Familiengeschichte zu füllen, falsch kontextualisiertes Wissen kritisch zu hinterfragen, es in den Kontext historischer Forschung zu rücken und Unerwähntes aus dem Archiv zu befreien.“
Was hat das Studium an der Universität Hildesheim für Sie ausgemacht?
„Im Studium an der Stiftung Universität Hildesheim hat mich vor allem die Verbindung von wissenschaftlicher Auseinandersetzung, Theorie und künstlerischer Praxis beeinflusst. Die Verknüpfung zwischen einer intuitiven, Wahrnehmung-basierten Arbeitsweise und einem diskursiven Umgang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen kann Spannung und Irritation hervorbringen, die ich bewusst in meine Arbeit einfließen lasse."
Master: Mathis Göcht
Fachbereich „Sprach- und Informationswissenschaften“
Masterarbeit „Kommunikatives Handeln in Virtual Reality – Experimente in außergewöhnlichen Wahrnehmungsräumen.“
Gutachter: Dr. Carsten Senkbeil/Prof. Dr. Beatrix Kreß
Mathis Göcht wählt einen experimentellen Ansatz, mit dem er die Verbindung zwischen Kommunikation und Virtual Reality erschließt. Er sucht Antworten auf die Frage, welche Möglichkeiten sich uns kommunikativen Wesen durch Virtual Reality eröffnen.
Selbst sagt er: „Das Thema meiner Arbeit entstand schließlich ausgehend von der Frage, wie der Einsatz von VR einen Mehrwert für die sprachwissenschaftliche Forschung bieten kann.“
Was bringt die Zukunft?
„Für mich geht es zunächst einmal mit dem Einstieg ins berufliche Leben weiter, um einen Einblick in die außeruniversitäre Arbeitswelt zu erhalten. Wichtig ist für mich dabei der gesamtgesellschaftliche Sinn meiner Tätigkeit. Die Tür zu einer Rückkehr in die Wissenschaft möchte ich mir dabei aber bewusst offen halten."
Dissertation: Kristina Petzold
Fachbereich „Kulturwissenschaften und ästhetische Kommunikation am Institut für Literarisches Schreiben und Literaturwissenschaft“
Dissertation „Buchblogs zwischen Passion und Profession. Zur Diskursivierung digitaler literaturbezogener Anschlusskommunikation als Arbeit“
Gutachter: Dr. Guido Graf/Prof. Dr. Rolf Parr (Universität Duisburg-Essen, Institut für Germanistik/Literatur und Medienpraxis)/Prof. Dr. Thomas Ernst (Universität Antwerpen (B)/Geisteswissenschaftliche Fakultät/Institut für Literatur)
Kristina Petzold geht der Fragestellung auf den Grund, wie sich der Begriff ‚Arbeit‘ bezogen auf Bücher gegenwärtig inhaltlich und kontextual füllen lässt. Sie beobachtet anhand von Buchblogs, was das digitale Gespräch über Bücher im Lichte der „sozialen Interaktions- und produktiven Rezeptionspraktiken“ beiträgt.
Über ihren eigenen Ansatz sagt sie: „Mit der Verbreitung digitaler Kommunikationstechnik haben sich nicht nur Lesemedien (Stichwort E-Book) und literarische Verfahren (zum Beispiel durch künstliche Intelligenz) verändert, sondern auch die Art, wie wir über Bücher sprechen und schreiben. Der Austausch im Anschluss an die Lektüre findet heute vielfach online, beispielsweise auf Buchblogs, statt. Damit sind aber nicht nur Veränderungen innerhalb des literarischen Feldes verbunden, sondern auch außerhalb, zum Beispiel in Bezug auf das, was wir heute als ‚Arbeit‘ verstehen.“
Was bringt die Zukunft?
„Ich bin auch nach meiner Promotion weiterhin als Wissenschaftlerin tätig – nur leider nicht mehr an der Universität Hildesheim, da nach Projektende meine Stelle ausgelaufen ist. Ich bin sehr froh, dass ich nun an der Universität Bielefeld die Möglichkeit habe, weiter an der Schnittstelle von Literaturwissenschaft und Soziologie zu den Veränderungen durch die Digitalisierung zu forschen und zu lehren. Ich mag die Arbeit sehr gern und würde sie am liebsten auch langfristig ausüben. Allerdings gibt es derzeit im deutschen Wissenschaftssystem kaum Planungssicherheit für die berufliche Laufbahn von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen.“
Gemeinsame Nenner
Anders als in den vergangenen Jahren haben sich die diesjährigen Preisträger*innen alle mit (Schnittstellen zu) geisteswissenschaftlichen Thesen auseinandergesetzt. Allen drei Arbeiten gemein ist ihr glasklarer Gegenwartsbezug, der mittels interdisziplinärer Ansätze erreicht wird. – Zeugnisse einer stark ausdifferenzierten Welt, deren Erschließung das Beherrschen nicht mehr nur einer Disziplin voraussetzt, sondern die Verknüpfung mehrerer Wissenschaften erforderlich macht.
Über das Verfahren
Auch die im Juni 2023 vergebenen Förderpreise werden im Anschluss an Empfehlungen der Senatskommission vergeben, denen die Universitätsgesellschaft Hildesheim e.V. seit der ersten Preisverleihung im Jahr 1985 uneingeschränkt folgt. Angelehnt an wissenschaftliche Kriterien werden forschende Ansätze Hildesheimer Nachwuchswissenschaftler*innen prämiert, die ihre Arbeiten im Wintersemester 2021/2022 oder im Sommersemester 2022 eingereicht haben. Vorschlagsberechtigt sind alle Lehrenden der Universität Hildesheim. Dabei ist dem guten Miteinander mit dem Graduiertenkolleg unter Svea Korff zu verdanken, dass dieses Jahr im Vorfeld ausgesprochen viele Nominierungen für Dissertationen zugingen.