Pittsburgh ist in diesen Jahren ein berühmter Ort auf der philosophischen Weltkarte. Zwei Philosophen haben die eher unscheinbare University of Pittsburgh (eine 'nur' halbprivate Universität, die neben der auch in Pittsburgh beheimateten Carnegie Mellon University verblasst) berühmt gemacht: Robert Brandom und John McDowell. Es sind zwei der bedeutendsten Vertreter der so genannten postanalytischen Philosophie - einer Philosophie, die vor dem Hintergrund des angloamerikanischen Denkens eine Wiederannäherung an die klassische europäische Philosophie betreibt.
Ich hatte zuvor ein Forschungsprojekt formuliert, das ich in Pittsburgh bearbeiten wollte, und auf dieser Basis erstens eine Einladung von McDowell und zweitens eine Förderung des Aufenthalts durch die Fritz-Thyssen-Stiftung erhalten.
Ich hatte zuvor ein Forschungsprojekt formuliert, das ich in Pittsburgh bearbeiten wollte, und auf dieser Basis erstens eine Einladung von McDowell und zweitens eine Förderung des Aufenthalts durch die Fritz-Thyssen-Stiftung erhalten.
Das Forschungsprojekt, das an meine Habilitationsarbeit anschließt, befasste sich auf eine indirekte Weise mit der Rolle der Sprache in der Philosophie McDowells. Systematisch stand die Frage im Zentrum, welche Bedeutung die Sprache für die menschliche, soziale Praxis hat. McDowell hat die spezifische menschliche Praxis unter Rekurs auf Aristoteles, Kant und Wittgenstein mit dem Begriff der »zweiten Natur« expliziert. Das heißt, dass die Geistigkeit des Menschen als eine zweite Natur erworben wird, dass sie als eine Veränderung der ersten Natur des Menschen verstanden werden muss. Menschen wachsen in diese zweite Natur hinein, indem sie Praktiken entwickeln und stabilisieren, indem sie dabei ihr Wahrnehmungsvermögen verändern, etc. Auf der Basis dieser Konzeption stellt sich nun die Frage, inwiefern die Entwicklung einer zweiten Natur mit Sprache zusammenhängt. Diese Frage lässt sich zuspitzen, indem man die folgende Alternative aufwirft: Sprache kann entweder als ein bloßer Bestandteil oder als ein konstitutives Moment der zweiten Natur des Menschen verstanden werden. Ich habe McDowell vorgeschlagen, mit ihm zusammen kontinentale Denker zu diskutieren, an deren Sprachbegriff sich möglicherweise für McDowells eigenes Projekt entscheidende Einsichten gewinnen lassen. So standen Herder, Kant, Hegel, Heidegger, Merleau-Ponty, Gadamer und Davidson im Zentrum meiner Arbeit.
Nicht nur inhaltlich war der Aufenthalt in Pittsburgh äußerst gewinnbringend. Auch die Intensität der Zusammenarbeit im Rahmen eines one-on-one-tutorials war neu für mich und sehr bereichernd. Die Arbeit verlief so, dass ich wöchentlich ca. 10seitige Arbeitspapiere schrieb, die McDowell intensiv gelesen und dann mit mir in einer 2stündigen Sitzung diskutiert hat. Das in Pittsburgh begonnene Projekt hoffe ich in diesem Jahr im Rahmen eines Drittmittelprojektes fortführen zu können. Dabei ist es das Ziel, die Diskussionen mit McDowell als Basis für eine systematische Beantwortung der Frage nach der Bedeutung der Sprache für eine menschliche, soziale Praxis zu nutzen.
Prof. Dr. Georg W. Bertram