Das Buch Jeremia

Samstag, 27. März 2004 um 16:11 Uhr

Ein Kommentar in zwei Bänden von Prof. Dr. Wolfgang Werner

Nur zwei biblische Autoren sind uns als individuelle Schriftstellerpersönlichkeiten bekannt. Im vorchristlichen israelitisch-jüdischen Schrifttum ist das Jesus Sirach, über den dessen Enkel in einem Vorwort zur griechischen Ausgabe des Buches einiges verrät. Im Neuen Testament begegnet uns Paulus als Verfasser von Briefen. Die restlichen Bücher der Bibel sind anonym verfasst und gewachsen. Das gilt auch für das Jeremiabuch, das in 52 Kapiteln den Verlust der Eigenstaatlichkeit Judas im Jahr 587 v.Chr. und die daran anschließende Zeit des Exils deuten will. Die Not der Exilszeit gründet nach Auskunft des Jeremiabuches in der Weigerung Judas, Jeremias Prophetie anzunehmen. Der Prophet gilt als letzter einer Prophetenkette, die in der Geschichte Israels und Judas den Anspruch von Israels Gott an sein Volk proklamiert hat. Als letzte Stimme vor dem Untergang Judas und Jerusalems kommt der Prophetie Jeremias eine herausragende Bedeutung zu. So verwundert es denn auch nicht, wenn die griechische Fassung des Alten Testaments, die Septuaginta, dem Prophetenbuch weitere Schriften zuordnet: die Klagelieder und das Buch Baruch. Letzteres wirft sich den Mantel des Prophetensekretärs um, hinter dem letztlich schriftgelehrte Kreise stehen, die jüdischem Verständnis zufolge nach dem Verstummen der Prophetie als deren legitime Erben auftreten. Von besonderem theo­logie- und kulturgeschichtlichem Interesse ist im Jeremiabuch das Kapitel 36. Die Erzählung vom Verbrennen und erneuten Erstellen der Prophetenschrift bietet narrativ eine Theorie über die Relevanz der zwar ursprünglich mündlich ergangenen, nunmehr aber als Buchrolle vorliegenden Prophetenbotschaft.


Wolfgang Werner, Das Buch Jeremia, 2 Bände, Neuer Stuttgarter Kommentar Altes Testament 19/1/2, 220/226 Seiten, Stuttgart 1997/2003, je Band 22,90 Euro.

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