In der Halle stehen neben 20 Studierenden, Vera Volkmann und Jan Sadler 20 Sportrollstühle – kreuz und quer im Raum verteilt und noch unbesetzt. Sie unterscheiden sich insofern von Alltagsrollstühlen, als dass ihre Reifen nicht senkrecht, sondern schräg montiert sind. Auch der Sitz ist viel enger. Alles ist darauf ausgelegt, dass Stabilität und Wendigkeit beim Spiel gegeben sind. „Meinen eigenen Rollstuhl habe ich heute leider nicht dabei – der ist noch von der letzten Saison ramponiert und die Räder so hinüber, dass ich die habe einschicken lassen“, berichtet Sadler. Kein Wunder, denkt man sich als Zuschauer*in eines Spiels. Mit dem Rammbügel am Sportrollstuhl, der an Autoscooter auf dem Jahrmarkt erinnert, krachen die Spieler*innen ohne Rücksicht auf Verluste ineinander und verursachen so den ein oder anderen Sturz.
Erstaunlich schnell haben sich die Studierenden an den Rollstuhl als Fortbewegungsmittel gewöhnt. Sie fahren vorwärts, rückwärts, drehen und wenden sich und spielen erste Mannschaftsspiele, bevor sie schließlich in einem Turnier gegeneinander antreten. „Mit einem Rollstuhl so umzugehen, dass ein Spiel zustande kommt, ist leichter, als man vielleicht denkt“, sagt Vera Volkmann. „Das Schöne ist auch, dass die Studierenden den Rollstuhl heute als ein Sportgerät kennenlernen, und nicht nur als Gegenstand für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen.“ Es mache im Grunde keinen Unterschied, ob man Inlinehockey oder Rollstuhlbasketball spiele. Ziel des Seminars „Sport in inklusiven Lerngruppen – Praktisch erproben und theoretisch reflektieren“ ist, zu ergründen, wie Sportangebote und -unterricht so gestaltet werden können, dass alle einen Mehrwert daraus ziehen. Dafür wechseln praktische Einheiten wie diese und die Unterstützung beim Sportfest im Rahmen des Programms „Hildesheim als Host Town der Special Olympics World Games“ im Juni 2023 theoretisch-reflektierende Phasen ab. Finanziell unterstützt werden die Projekte durch die Lotto-Sport-Stiftung und die Sparkassen Niedersachsen.
Jan Sadler ist als Botschafter für inklusiven Sport regelmäßig an (Hoch-)Schulen zu Besuch. Die Leidenschaft für den Sport hat er bereits mit sieben Jahren entdeckt. „Der größte berufliche Erfolg war für mich die Teilnahme 2021 bei den Paralympics in Tokio. Wir haben zwar keine Medaille geholt, aber ich habe mir einen Lebenstraum erfüllt, als ich dort für Deutschland gespielt habe.“ In diesem Juni startet er bei der Weltmeisterschaft, im kommenden Jahr stehen für ihn die Paralympics auf dem Programm. „Die Studierenden sind von der sportlichen Leistung von Jan Sadler tief beeindruckt", berichtet Vera Volkmann. Am Ende der Veranstaltung gewinnt er mit nur einem Mitspieler gegen alle anderen und zeigt, was es heißt, auf leistungssportlichem Niveau zu spielen.