Altrektor Alten im Gespräch

Samstag, 27. März 2004 um 08:08 Uhr

Ein Interview mit Altrektor Prof. em. Dr. Heinz-Wilhelm Alten

Altrektor Prof. Dr. Heinz-Wilhelm Alten: Seine Amtszeit als Rektor war vom 1.10.79 bis 30.09.81. Die zuletzt von dem Mathematiker herausgegebene Veröffentlichung ist das Buch "4000 Jahre Algebra - Geschichte, Kulturen, Menschen. Es ist in diesem Jahr in Heidelberg erschienen.

Herr Prof. Alten, die Universität Hildesheim feiert in diesen Tagen ihr 25-jähriges Bestehen. Sie haben als Professor für Mathematik, erster gewählter Rektor, als Dekan und Institutsleiter erheblich an der Gestaltung der Hochschule mitgewirkt. Welches waren rückblickend Ihre persönlichen Höhepunkte?

Herr Prof. Alten, die Universität Hildesheim feiert in diesen Tagen ihr 25-jähriges Bestehen. Sie haben als Professor für Mathematik, erster gewählter Rektor, als Dekan und Institutsleiter erheblich an der Gestaltung der Hochschule mitgewirkt. Welches waren rückblickend Ihre persönlichen Höhepunkte?

Alten: Der erste Höhepunkt war natürlich die Ver­selbstständigung der Hochschule. Mit Wirkung vom 01.Oktober 1978 wurde die Pädagogische Hochschule Niedersachsen aufgelöst und die Pädagogische Hochschule Hildesheim wurde unter dem mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Rektors beauftragten Prof. Dr. Herbert Kraatz eine sich selbst verwaltende wissenschaftliche Hochschule. Herr Kraatz und ich selbst - zunächst als mit der Wahrnehmung der Aufgaben beauftragten Prorektor, ab 1979 als Rektor - haben uns dann zunächst auf die Schaffung der Struktur einer Universität und deren Gliederung in Fachbereiche, Institute und die Einführung der neuen Personalstruktur konzentriert.

Welches waren die nächsten Schritte?

Alten: Das war dann die Einführung neuer Studiengänge, zum einen der bis heute bundesweit einzigartige Studiengang Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis, der maßgeblich durch die Kollegen Prof. Dr. Wolfgang Roscher (Musik), Prof. Dr. Heinrich Mai­worm (Literatur) und Prof. Dr. Franz Kumher (Kunst) zunächst als Kulturpädagogik mit dem Ziel polyästhetischer Erziehung konzipiert wurde. Zum anderen die Einführung des Studiengangs Fachübersetzen, der von Prof. Dr. Clemens Geißler als Studiengang für Dol­metscher angeregt war. Dieser Studiengang wurde dann aber mit dem Profil Sprachen und Technik (technisches Fachübersetzen) versehen und ebenfalls ein Hildesheimer Erfolgsmodell. Betonen möchte ich die Schaffung der 1977 für ganz Niedersachsen eingerichteten Arbeitsstelle für Fernstudien und des Fernstudienzentrums für Fort- und Weiterbildung an unserer Hochschule.

Die Einführung des Studiengangs Informatik mit dem Anwendungsfach Betriebswirtschaftslehre im Jahre 1984, war der nächste Höhepunkt, später - wie Sie ja wissen - ein großer Dis­kussionspunkt. Beson­ders die Medizinische Informatik, die in Zusammenarbeit mit 22 ärzten und Kran­kenhäusern der Stadt und Region 1989 eingerichtet wurde, entwickelte sich zu einem Erfolgsmodell.

Die Auflösung der Informatik und der Wirt­schafts­mat­he­matik durch die damalige Niedersä­chsische Landesregierung unter dem Ministerpräsidenten Ger­hard Schrö­der war unzweifelhaft eine "Beinah-Katastrophe".

Sie sprechen die Tiefpunkte an.

Alten: Ja. Für die Universität bedeutete dies einen herben Rückschlag. Damals sind 25 % der Stellen weggefallen, hinzu kam der Wegfall erheblicher Drittmittel und For­schungsprojekte. Die Streichung hatte keine sachlichen Gründe. Sieben der Hildesheimer Absolventen haben heute Lehrstühle für Informatik an anderen Hochschulen inne, die Informatik brachte viele Promotionen und Habilitationen hervor. Wie Sie wissen, haben 1996 die zahlreichen universitären und städtischen Protestaktionen nichts an der Streichung ändern können. Später hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg bekanntermaßen erklärt, dass die Streichung der Informatik und der Wirtschaftsmathematik "rechtswidrig" war. Der jetzige hauptamtliche Vizepräsident Dr. Grahl hatte die Klageschrift erfolgreich formuliert. Der Universität wurde letztendlich aber das naturwissenschaftliche Standbein gekürzt.

Und natürlich sind die Möglichkeiten, den Wegfall der Informatik und der Wirtschaftsmathematik zu kompensieren, an einer Universität unserer Größe sehr gering.

Alten: Ja, aber wir sind gerade dabei, uns von diesem Schlag zu erholen. Die Universität Hildesheim verfügt über eine besondere Anziehungskraft für Studierende bundesweit; die Studierenden fühlen sich hier sehr wohl und gut aufgehoben. Man sollte diesen Faktor nicht unterschätzen. Die Studierenden haben zur Entwicklung der Stadt einiges beigetragen. Und, wie wir heute sehen, ist dies hervorragend gelungen.

Wie beurteilen Sie den durch den jetzigen Präsidenten, Prof. Dr. Friedrich, maßgeblich forcierten Schritt der Umwandlung der Hochschule in eine Stiftungsuniversität?

Alten: Sicher ist dies eine förderliche und richtungweisende Entscheidung gewesen. Die Umwandlung brachte, das zeigen die aktuellen Diskussionen um das Hochschuloptimierungskonzept, eine Stärkung ihrer Position für die Gegenwart und künftige Zeiten.

Sie sprechen die Zukunft an, welchen Rat können Sie den folgenden Generationen geben?

Alten: Ich würde den gegangenen Weg trotz einiger Tiefschläge in der Vergangenheit mit Besonnenheit und ohne Zorn weitergehen. Für die Zukunft würde ich mir aber auch eine Stärkung durch den Ausbau in den naturwissenschaftlichen Fächern wünschen. Die Informationstechnologie ist ein guter Schritt dahin.

Die Fragen stellte Dr. Stephan Meyer