Mutterschaft im Zeitalter der Reproduktionsmedizin: Eizellspende, Embryoadoption und Leihmutterschaft

Obwohl seit drei Jahrzehnten Fragen der familienrechtlichen Ausgestaltung der „gespaltenen Mutterschaft“ diskutiert werden, hat der deutsche Gesetzgeber bislang nur in Ansätzen auf die Herausforderungen der Reproduktionsmedizin reagiert. Folgen der defizitären rechtlichen Ausgestaltung sind zum einen die Durchführung von Embryoadoptionen allein auf rechtsgeschäftlicher Basis und zum anderen „reproduktive Reisen“ (insbesondere die Inanspruchnahme von Leihmüttern im Ausland), die Behörden und Gerichte immer häufiger mit dramatischen Einzelschicksalen konfrontieren. In diesen Fällen wird Mutterschaft entweder im gesetzesfreien Raum „verhandelt“ (Embryoadoption) oder durch reproduktionsmedizinische Maßnahmen im Ausland (Eizellspende und Leihmutterschaft) „veranlasst“, wobei die am Reproduktionsvorgang beteiligten Eltern und die davon betroffenen Kinder mit den Risiken der deutschen Rechtslage weitgehend allein gelassen werde. Insbesondere führt die Regelung des § 1591 BGB dazu, dass in Fällen gespaltener Mutterschaft Einzelfalllösungen unter Abwägung der Interessen der beteiligten Eltern und des betroffenen Kindes von vornherein ausgeschlossen sind. Aufgrund der weitgehenden Tabuisierung der gespaltenen Mutterschaft steht aber auch die wissenschaftliche Diskussion zur Frage nach dem Verhältnis von genetischer und sozialer Mutterschaft noch ganz am Anfang.

Das Teilprojekt wird zunächst der Frage nachgehen, ob sich die den Konzeptionen von Mutter- und Vaterschaft immanente geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung sachlich rechtfertigen lässt. In einem zweiten Schritt sollen unterschiedliche Modelle der Etablierung von rechtlicher Elternschaft (etwa kraft genetischer Abstammung, kraft Willenserklärung bzw. „Rechtsgeschäfts“ wie beim Vaterschaftsanerkenntnis mit Zustimmung der Mutter oder kraft Rechtsakts wie in Fällen der Adoption) unter Einbeziehung rechtsvergleichender und interdisziplinärer Aspekte untersucht werden. Dabei soll insbesondere die Frage geklärt werden, unter welchen Voraussetzungen sich die Begründung rechtlicher Elternschaft kraft Vereinbarung zwischen genetischen Eltern und Wunscheltern rechtfertigen lässt und wie in diesen Fällen das Wohl und die Interessen des Kindes gewahrt werden können. Aber auch Folgefragen, etwa nach der Bestandskraft von Mutter- und Vaterschaft und den Voraussetzungen einer Anfechtung der Elternschaft, werden in den Blick genommen. Als Ergebnis soll unter Einbindung der Interessen der am Reproduktionsvorgang beteiligten Eltern und des später geborenen Kindes ein Gesamtkonzept entwickelt werden, das nicht notwendig Mutter- und Vaterschaft in allen Konstellationen gleichbehandelt, jedoch Elternschaft auf allgemein gültige rechtsethische Prinzipien gründet und auf diese Weise jedenfalls zu einer deutlichen Annäherung der Konzeptionen von rechtlicher Mutter- und Vaterschaft führen wird.