Wenn es um Barrierefreiheit geht, denken die meisten Menschen wohl zuerst an Rollstuhlrampen oder Aufzüge. Aber zur Barrierefreiheit gehört nicht nur der Abbau von physischen Barrieren. Auch sprachliche Barrieren gehören dazu, die es gilt, zu beseitigen, damit auch Menschen mit Sinnesbehinderung einen gleichberechtigen Zugang zu Informationen erhalten. Mit Leichter Sprache lassen sich Texte verständlicher gestalten und so einer breiteren Zielgruppe zugänglich machen.
Leichte Sprache ist eine vereinfachte Form des Deutschen. Dies bedeutet, dass Grammatik und Wortschatz gegenüber dem Standard-Deutschen reduziert sind. So werden beispielsweise Nebensätze vermieden und wichtige Fachbegriffe erklärt. Auch die Zeichensetzung folgt besonderen Regeln, teilweise werden bestimmte Formatierungen genutzt, um z. B. Verneinungen zu verdeutlichen. Gleichzeitig werden Leichte-Sprache-Texte durch additive Verfahren wie Erläuterungen erweitert.
Leichte Sprache ermöglicht einer besonders großen Gruppe von Menschen den Zugang zu Informationen: Personen mit Lernbehinderung, Hörbehinderung, mit Aphasie oder Demenz, Migrant(inn)en, aber auch funktionalen Analphabet(inn)en insgesamt; und damit vielen Menschen, die aufgrund einer Behinderung, abweichenden Bildungschancen oder einschneidenden Lebensereignissen (wie z. B. Flucht) eine geringe Lesefähigkeit haben.
Hörbehinderte Menschen haben oft Probleme mit zu komplexen Texten. Denn nicht das Deutsche, sondern die Gebärdensprache ist ihre Muttersprache. Sie erlernen das Deutsche anhand des Schriftbilds und ohne die Kontrolle über das Ohr. Erst wenn Texte in vereinfachter Form vorliegen, sind die entsprechenden Inhalte für Menschen mit Sinnesbehinderungen auch zugänglich!
Auch Migrant(inn)en, Tourist(inn)en oder Nutzer(innen), die sich aus dem Ausland auf deutschsprachigen Seiten informieren möchten, sowie Menschen mit wenig Leseerfahrung profitieren von Leichter Sprache. Dies gilt gerade für Fachtexte, etwa aus den Bereichen Justiz oder Medizin, die eine extrem hohe Informationsdichte und in der Regel eine sehr komplexe Sprache aufweisen.
1) Sonderzeichen: Zur Verfügung stehen Punkt, Frage-, Ausrufezeichen, Doppelpunkt, Anführungszeichen, Mediopunkt.
2) Zeichen unterschiedlicher Art und Qualität helfen die Aussage eines Texts verständlich zu machen. Dazu gehören auch Hervorhebungen, Bilder, Grafiken, Fotos.
3) Der Umgang mit Zahlen und Ziffern ergibt sich aus dem Textthema.
4) Zahlen werden als Ziffern geschrieben. Achtung: „ein“ als indefiniter Artikel ist kein Zahlwort.
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1) Verbal statt nominal: Nominalstil vermeiden.
2) Passiv vermeiden. Handlungsträger ermitteln und hinzufügen.
3) Genitiv vermeiden.
4) Satzgliedstellung gemäß den Erfordernissen der Grammatik.
5) Nur eine Aussage pro Satz.
6) Keine Nebensätze, kein Komma. Auflösung von Satzgefügen gemäß Regelset:
7) Konjunktiv möglichst vermeiden. Aussagen reformulieren.
8) Präteritum vermeiden → stattdessen Perfekt oder Präsens mit Rahmensetzung. Ausnahme: Modalverben (können, sollen, wollen, müssen, mögen, dürfen) und Hilfsverben (haben, sein, werden) dürfen ins Präteritum gesetzt werden.
9) Transparente Metaphern, die dem Lebensbereich der Adressat(inn)enschaft entstammen, dürfen verwendet werden. Wenig transparente Metaphern ersetzen oder erläutern.
10) Negation möglichst vermeiden.
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1) Textuelle Entfaltung beachten.
2) Die Auswahl der Informationen ergibt sich aus dem Textthema.
3) Für alle Wortarten: Verwendung gleicher Wörter für gleiche Sachverhalte, keine Synonyme.
4) Umgang mit Personalpronomen:
5) Schlagwörter am Seitenrand bzw. Zwischenüberschriften einsetzen.
6) Verweise im Text sind unverzichtbar. Erläuterungen in Leserichtung einfügen.
7) Bei Übersetzungen in Leichte Sprache darf der Text verändert werden (Abschnitte, Überschriften, etc.). Achtung: Brückenfunktion ermöglichen!
8) Bebilderung an Altersgruppe ausrichten. Fotos, Diagramme, Piktogramme etc. dürfen je nach Bedarf gesetzt werden (Achtung Bildrechte).
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Leichte Sprache ist ein Mittel der Barrierefreiheit. Barrierefreiheit und Chancengleichheit werden in der Bundesrepublik Deutschland von verschiedenen Gesetzen und Verordnungen gefordert. Die wichtigsten Meilensteine sind:
Bei der Beschaffung von Informationen spielt das Internet eine zentrale Rolle – auch für Menschen mit Behinderung. Webseiten sind jedoch nur dann barrierefrei zugänglich, wenn sie bestimmte technische und sprachliche Voraussetzungen erfüllen. Damit eine barrierefreie Internetnutzung garantiert wird, gibt es Gesetze und Verordnungen auf Bundes- und Länderebene. In Niedersachsen wurde 2007 das Behindertengleichstellungsgesetz verabschiedet, welches die Behörden ausdrücklich zur barrierefreien Gestaltung ihrer Internetauftritte verpflichtet (§9). Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) ergänzt seit 2011 das Behindertengleichstellungsgesetz u. a. um Details zur barrierefreien Umsetzung von Internetangeboten. Hierbei sind vor allem die vier Prinzipien Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit zu beachten.