Studium oder nicht? Was Abiturient*innen nach dem Schulabschluss beschäftigt
von Finn-Thore Behrens | 15.03.2022Für viele von uns ist ganz klar was nach dem dem Abitur für uns ansteht: Das Studium. Für viele das Non plus ultra des eigenen akademischen Lebens. Oder zumindest war es noch so als ich 2018 mein Abitur gemacht habe. Aber wie sieht das heute aus? Ist das Studium für viele Abiturient*Innen noch immer der nächste Schritt, oder haben die Zeiten sich geändert?
Für mich war immer klar: nach dem Abitur studiere ich. Das war schon immer so, für meine Freunde sowie für mich. Dieser Gedanke kam natürlich nicht ohne Leistungsdruck und Erwartungen, sei es nun von den eigenen Eltern oder indirekter Druck durch die Erwartungen die junge Schüler*Innen von der Gesellschaft auferlegt bekommen. So ist das nun mal, wer ein erfolgreiches Mitglied der Gesellschaft sein will studiert. Nach dem Bachelor wird entweder der Master gemacht und falls nicht wird man halt in einen gut bezahlten Beruf einsteigen, am besten medizinische, bildende oder juristische Arbeitsfelder.
Heute weiß ich natürlich, dass das nicht mehr so ist. Mit immer beliebter werdenden Berufen wie Influencer*In, Streamer*In oder Content Creator haben sich nicht nur die Gewichtungen der Berufsfelder, sondern auch die Erwartungen unserer Eltern und der Gesellschaft verändert. Aber das ist natürlich nicht das einzige was sich verändert hat: Auch die jetzigen Abiturient*Innen haben einen ganz anderen Blick auf ihre Zukunft, sei es nun berufstechnisch oder allgemein.
Allerdings habe ich aus meinem persönlichen Umfeld erfahren, dass ein Studium nicht mehr unbedingt das nächste Ziel nach dem Abitur ist und auch das Bundesamt für Statistiken berichtet von einem Rückgang von 8% was Studienanfänger*Innen angeht.
Aber wie kommt das? Um der Sache auf den Grund zu gehen habe ich im Januar 2022, also kurz vor der Abiturprüfungslernphase (was ein Wort), 68 Schüler*innen des Abiturjahrgangs eine Umfrage bezüglich des Themas "Studium" durchführen lassen. Aber was kam dabei raus?

Bild: Redd/Unsplash
Nach dem Abitur — Was jetzt?
Im Rahmen der Frage, was die Schüler*Innen nach dem Abitur so in Aussicht hatten, gab es vier Möglichkeiten zur Auswahl: Ausbildung, Studium, Keine Pläne und Reisen. Hierbei gaben 39.1% der Befragten an, dass sie eine Ausbildung machen wollten, 46.4% waren sich sicher ein Studium machen zu wolen, 8,7% hatten noch keine Pläne und 5,8% der Schüler*Innen gaben an die Welt erkunden zu wollen.
Zu meiner Zeit (das hört sich an als wäre ich 90 Jahre alt) haben tatsächlich bis auf fünf Leute kein Studium begonnen. Dazu sei gesagt, dass das natürlich auch nur so in meiner Bubble gewesen sein kann, aber wenn man im Betracht zieht, dass ich die Umfrage an meiner alten Schule durchgeführt hatte, finde ich es schon interessant.
Aber wie kommt es dazu, dass nur noch weniger als die Hälfte der Schüler*innen studieren wollen? To be fair, I get it. Nach dem Abitur direkt wieder zur Schule zu gehen klingt nicht sonderlich einladend. Um das Ganze etwas besser nachvollziehen zu können, habe ich drei Schüler*Innen gefragt, weshalb sie nicht geplant haben zu studieren.

Marius (19; er/ihm)
Ehrlich gesagt hab ich einfach nur Angst, dass das Studium nicht das richtige für mich ist, aber ich will auch nicht einfach etwas so teures abbrechen. Vielleicht mag ich mein Fach dann doch nicht mehr oder es wird viel zu stressig. Und dann abzubrechen wäre ja doof, da mach ich lieber eine Ausbildung.
Lena (18; Sie/ihr)
Es ist nicht so, dass ich nicht studieren wollen würde. Ich weiß nur einfach nicht, ob sich das wirklich lohnen würde. Drei Jahre studieren sind drei Jahre in denen ich nur weiter Theorie lerne und keine Praxis sammeln. Nach 13 Jahren Schule habe ich keine Lust mehr nur rumzusitzen, ich will endlich selber arbeiten.
Janne (18, Sie/Ihr)
Ich habe keine Lust auf studieren. Meine Erfahrungen mit Schule waren ehrlich gesagt Scheiße und außerdem hab ich keine Lust noch mindestens drei weitere Jahre irgendwelchen Professor*Innen zuzuhören, um dann irgendwann mal endlich arbeiten zu können. Voll die Verschwendung.
Studium — Ist das wirklich so einfach?
Auch wenn es für mich klar war, dass ich nach dem Abitur studieren wollte, hatte ich keine Ahnung welches Fach ich studieren wollte. Und ehrlich gesagt bin ich nur zufällig auf mein jetziges Studienfach gekommen. Das lag für mich vor allem an der Tatsache, dass ich mir unter vielen Studienfächern einfach nichts vorstellen konnte. Universitäten hatten immer diese tollen Seiten, auf denen alle Student*Innen glücklich lächelten und zufrieden aussahen, aber ich hatte nie das Gefühl, dass Universitäten mir so wirklich einen Blick ins Innere ihrer Hörsäle gewährt haben. Zwischenzeitlich habe ich mich sogar gefragt, ob ich nicht einfach ein FSJ oder eine Ausbildung machen sollte, bis ich wirklich weiß was ich will, ohne Zweifel und mit 100%iger Erfolgswahrscheinlichkeit.
Aber wie sehen die befragten Schüler*Innen das? Haben sie das gleiche Problem, oder würden sie sich andere Sorgen machen, wenn die studieren würden?
Bei der Frage, welche Sorgen die Schüler*Innen hätten, wenn sie ein Studium nach dem Abitur antreten würden, gab es fünf verschiedene Antworten: "Zu schwer" (Studieninhalte), "Zu viel Stress", "Nicht das richtige Studium", "Angst um die Zukunft" (Nutzen eines Bachelors o.Ä) oder "Keine Sorgen" für die glücklichen Personen, die ohne irgendwelche Sorgen dem Studium entgegentreten würden.
Hierbei ergab sich, dass der Großteil der Schüler*Innen, mit 32,4%, die Befürchtung hätten, dass das Studienfach was sie wählten, letzendlich doch nichts für sie sein könnte. fast die Hälfte der Befragten würde sich um den Leistungsdruck eines Studium Sorgen machen, sei es nun unverständliche Studieninhalte, oder zu viel Aufwand, der durch Seminare, Vorlesungen et cetera erforderlich werden würde. 5,9% der potentiellen Student*Innen hätten die Sorge, dass ihr Abschluss des Studiums bei einem zukünftigen Beruf nichts bringen würde, aber immerhin 13,2% der Befragten wären immerhin von jeglichen Sorgen berfreit.

So zeigt sich also, das rund ein Drittel der befragten Schüler*Innen sich darüber Sorgen machen würden, ob sie tatsächlich das richtige studieren und wie bereits erwähnt kann ich das nur allzu gut nachvollziehen, mega relatable. Aber da stellt sich mir direkt die Frage, wie kann vor allem dieser Sorge entgegen wirken, damit die angehenden Student*Innen zweifelsfreier bei ihrer Fachauswahl sein können? Weil sind wir mal ehrlich, niemand will gerne sein Studium abbrechen. Einfach zwei jahre und etliche hundert Euro in den Sand setzen nur weil man nicht wirklich einen Einblick ins Studium kriegen konnte? Not so fun. Aber bevor ich mich mit dem erdenken einer erventuellen Lösung widme, möchte ich ersteinmal eine junge Stimmen highlighten, die sich definitiv dazu entscheiden werden zu studieren, no matter what.
Auch hier hatte ich einige Schüler*Innen zu ihrer Meinung gefragt und warum sie, trotz Zweifel, oder auch Nichtzweifel, studieren wollen, was das für sie bedeutet und wie sie sich ihr Leben als Student*Innen so vorstellen.
Jan (18, Er/Ihn)
Ich finde das Studium gehört dazu. Ich habe Lust später einfach mehr zu verdienen und ein Studium ist für die meisten gut bezahlten Jobs einfach eine Voraussetzung. Ich glaube da wird sich ein Studium einfach später auszahlen, literally.
Levin (19, Er/Ihn)
Ich glaube einfach das meine Eltern das so ein bisschen von mir erwarten, aber mir macht das nichts aus. Ich glaube das (Jura-)Studium wird schon hart, aber ich glaube ich lerne auch mich besser durchs Studium kennen, wo und was meine Grenzen sind.
Kathi (18, Sie/Ihr)
Ich hab Angst, dass ich später trotz Studium vielleicht nicht so gut bezahlt werden, aber ich will einfach gerne das studieren worauf ich Lust habe und was mir Spaß macht. Im Gegensatz zur Schule kann ich mir mein (Studien-)Fach wenigstens aussuchen.
Sorgenfrei — Was tun um Schüler*Innen zu helfen?
Also? Wir wissen jetzt was den Kids fehlt. They are alright, but it could be better. Aber wie können wir helfen und vor allem womit? Well, ich will von vornerein sagen, dass ich glaube das Faktoren wie Stress und schwere Texte die man 10.000 Mal lesen muss bevor man sie überhaupt annähernd versteht nicht ausbleiben, ich glaube die gehören auf ein wenig mit zur realen Uni-Erfahrung mit dazu. Allerdings denke ich, dass wir den Schüler*Innen wunderbar einen Einblick ins Student*Innenleben geben kann und wer wäre da besser als wir. Du und Ich! Indem wir unsere Erfahrungen teilen. Es ist eben nicht immer alles schön und manchmal ist Theorie auch kacke und Klausuren auch, aber wenn das nicht Einblicke sind in das echte Leben, dann weiß ich auch nicht.
Ich denke Universitäts- und Hochschulwebseiten sollten natürlich Werbung machen mit grinsenden Gesichtern, aber ich glaube auch, dass es super wertvoll für zukünftige Stundent*Innen wäre, wenn unsere Erfahrungen auf solchen offiziellen Seiten geteilt werden könnten. Wie ist es auf dem Campus für queere Menschen, wie erfährt eine BIPOC-Person ihr Studium an dieser Uni, schmeckt das essen und wer ist der coolste Dozent? Ich denke jeder Einblick ist eine Vielzahl wertvoller Informationen.
Und in the meantime? Lass uns das selbst machen. Ob auf YouTube, Instagram oder dein eigener Blog, ich denke es wäre super hilfreich für viele angehende Anwält*Innen, aufstreben Künstler*Innen und leidenschaftliche Chemiker*Innen.
Und falls du eine angehende Stundent*In bist, dann schau dich doch gerne hier auf dem Blog um oder auf dem Instagramprofil des Kulturcampuses, überall findest du wundervolle Eindrücke unserer Uni. Und good luck bei der Studiensuche!