Interview
mit Prof. Dr. Stefanie Diekmann
Könnten Sie sich den Studierenden vielleicht kurz vorstellen?
Ich bin seit 2012 in Hildesheim und hatte vorher seit 2010 eine Professur an der Universität München. Studiert habe ich, wie auch einige meiner Kolleg_innen, am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen, danach aber erst einmal einen ganz anderen Weg in Richtung Fotografie- und Filmforschung eingeschlagen.
Hildesheim wirbt damit, dass die Verknüpfung aus Theorie und Praxis stark im Fokus stehe, was bedeutet das konkret?
Ich glaube, alle legen das für sich etwas anders aus, was den Austausch spannend und interessant macht. Für mich als sehr theorieinteressierte Professorin heißt es vor allem, Theorie aus der Beobachtung der Praxis, das heißt: der Beobachtung von Arbeitsweisen und Arbeitsergebnissen zu entwickeln. Ich sehe sehr viel (Filme, Serien, Ausstellungen, Theater) und versuche, als Autorin und Wissenschaftlerin, darauf zu reagieren.
Wie wichtig ist Ihnen die eigene künstlerische Praxis für die Lehre?
Unter den Professor_innen des Fachbereichs bin ich sicher eine derjenigen, die erst einmal stark durch den wissenschaftlichen Austausch geprägt worden sind. Zugleich habe ich ein Interesse daran entwickelt, die Grenzen des wissenschaftlichen Schreibens auszutesten und zu erweitern. Ich publiziere relativ viel außerhalb des universitären Kontextes: eine Comic-Kolumne und Kritiken für ein Filmmagazin, Filmkritiken für eine Berliner Wochenzeitung, Katalogtexte und ab und zu einen Rundfunkbeitrag, und die Vermittlung von Schreibpraxis ist für mich ein wichtiges Anliegen in der Lehre. Zugleich gibt es natürlich sehr viele Praxiskontakte, sowohl im Bereich Medien und Film als auch im Bereich Journalismus, die eine große Rolle spielen, wenn es um Gastdozierende, Kooperationen und die zahlreichen Exkursionen der Abteilung Medien geht.
Sind Sie außerhalb der Universität selbst künstlerisch aktiv?
Wie gesagt: Ich schreibe. Keine Romane, keine Gedichte, sondern Texte über Filme, Comics, Ausstellungen usw. Und ich wünschte, ich würde endlich die Zeit haben, mich wirklich in den Videoschnitt einzuarbeiten, weil ich Videoessays und filmvermittelnde Filme für ein tolles Format halte.
Mit welchen Projekten sind Sie aktuell künstlerisch aktiv?
Mein derzeit wichtigstes Projekt ist tatsächlich kein künstlerisches, sondern ein wissenschaftliches. Seit einigen Semestern interessiere ich mich sehr für Interviews und habe unter dem Stichwort „Die Audiovisualität des Interviews“ ein Projekt laufen, in dem es um Interviews aus der Perspektive der Auftrittsforschung geht, wobei das Agieren vor der Kamera eine ebenso große Rolle spielt wie das Setting, die Kameraarbeit, der Schnitt etc.
Sind aktuelle Themen für Ihre Projektarbeit relevant?
Ja, natürlich; auch weil so vieles sich aus der Beobachtung und aus konkreten Impulsen ergibt.
Was ist für Sie das Besondere am Studium an der Domäne aus Sicht der Dozentin?
Die Konzentration und die kritische Haltung, die den Umgang mit künstlerischen Praktiken begleiten. Ich habe immer wieder den Eindruck, dass hier erstaunlich viele Leute versammelt sind, die sich sehr präzise Gedanken über das Wie und Warum von künstlerischen Arbeitsweisen machen und aus diesen Gedanken extrem interessante Projekte entwickeln.
Wie empfinden Sie die Atmosphäre zwischen Studierenden und Dozent_innen?
Angenehm, konzentriert; und respektvoll. Ich habe eine Weile gebraucht, um hier anzukommen, da die Domäne in vieler Hinsicht ein eigenwilliger Ort ist. Aber die Eigenwilligkeit gehört dazu, und es lässt sich gut damit arbeiten.
Das heißt, Sie fühlen sich hier wohl?
Ja, sehr sogar. Ich werde bis heute immer wieder mal gefragt, was mich denn bitte dazu bewogen haben könnte, von der Universität München an die Universität Hildesheim zu wechseln. Aber für mich war das nie eine Frage. Was ich mir von Hildesheim versprochen habe — Gestaltungsmöglichkeiten, eine gewisse Freiheit in der Konzeption von Lehre und Forschung und eine sehr direkte Auseinandersetzung mit kreativen Praktiken — habe ich hier gefunden. Das wäre so nur an wenigen anderen Orten möglich.
Gibt es für Sie einen besonderen Ort an der Domäne?
Eher: einen besonderen Augenblick. Ich bin Frühaufsteherin und komme morgens häufig zu einem Zeitpunkt hier an, wenn noch kaum jemand anders da ist. Um 7.30 bei gutem Wetter die Innerste entlang auf die Domäne zuzuradeln: Das ist eigentlich immer ein Glücksmoment.
Haben Sie selbst einmal eine Eignungsprüfung machen müssen?
Oh ja, häufiger sogar. Für mein Studium in Gießen, für das eine oder andere Stipendium – und in bestimmtem Sinne sind die Termine, die man bei der Bewerbung auf eine Professur absolviert, natürlich auch Eignungsprüfungen und mit entsprechend viel Nervosität verbunden.
Haben Sie noch einen Rat für die Bewerber_innen für die Eignungsprüfung?
Vor allem: genau zuhören. Verstehen, welche Frage einem gerade gestellt worden ist, und entsprechend präzise darauf antworten. Nicht zu viel sprechen und erzählen und wieder zuhören, wenn die nächste Frage gestellt wird.
Vielen Dank.
Dieses Interview entstand 2017 im Rahmen eines Newsletters des Fachbereichs 2 – Kulturwissenschaften und Ästhetische Kommunikation – an der Stiftung Universität Hildesheim mit Informationen rund um die Eignungsprüfungen und die Bewerbung in den Bachelorstudiengängen.

Prof. Dr. Stefanie Diekmann
Institut für Medien, Theater und Populäre Kultur, Abteilung Medien
Forschungsschwerpunkte
◣ Intermediale Konstellationen: Film und Fotografie, Kino und Theater, inszenierte Fotografie, Comics
◣ Medienreflexion im Film
◣ Theoriegeschichte des Films und der Fotografie
◣ Dokumentarische Formate
◣ Audiovisualität des Interviews














