KALAMATA

DIE HILDESHEIMER BAND IM INTERVIEW

von Hanna Franke / 12.04.2021

 

Ich treffe Maik Blümke zu einem Inter­view auf dem Balkon und direkt wird mir fragend ein Bier gereicht. Der gelernte Heiler­zie­hungs­pfleger und Schlosser wohnt mit seiner Lebens­ge­fährtin und dem gemein­samen Sohn in Hildes­heim. Hier haben sich Maik Blümke (Bass), Olly Opitz (Schlag­zeug) und Peter Jaun (Gitar­rist), die mitt­ler­weile als "Kala­mata" an ihrem dritten Album feilen, kennen­ge­lernt. Die Band ist inzwi­schen durch viele Städte und Länder getourt und hat sich einen inter­na­tio­nalen Bekannt­heits­grad erspielt. In der Kultur­fa­brik Löseke in Hildes­heim kann man zwischen den Jahren auf den schroffen, getrie­benen, schwin­genden, vibrie­renden und pulsie­renden Klängen Kala­matas das Alte abschüt­teln und das Neue will­kommen heißen. Wie Kala­mata sich gegründet hat, was hinter den Sätzen der Song­ti­teln steckt und welche Pläne die Band gerade für das dritte Album austüf­telt, erfahrt ihr hier…

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

H: Hallo Maik! Wie hat sich Kala­mata als Band gefunden?

M: Olly, den Schlag­zeuger, kenn ich schon lange. Seit 1999. Da hab ich das erste Mal mit ihm in einer Band gespielt. Auch Stoner-Rock Sachen. 90er Jahre Mucke. Wir haben uns getrennt, ich bin in eine andere Band gegangen und irgend­wann kam der Olly an und sagte, dass er einen Gitar­risten kennen­ge­lernt hat – den Peter. Der ist wegen des Studiums nach Hildes­heim gekommen und dann haben wir uns zu einer Session getroffen und relativ schnell das erste Album fertig gehabt, was wir dann bei PinkTank Records aus Hamburg raus gebracht haben. Auf Vinyl.

H: Ihr habt euer erstes Album an einem Tag aufgenommen?

M: Wir haben es einfach live gemacht. Ich finde das char­mant, man hört zwar all die Fehler, aber auch die Dynamik, die aus der Band heraus kommt. Was ja positiv ist, leben­diger – finde ich.

H: Die Reihen­folge der Titel ist hervor­ste­chend. Auf die wurdet ihr sicher­lich häufiger ange­spro­chen. Sie ergibt den Satz „You Have To Die Soon Mother Fucker“. Wie ist die Idee entstanden?

M: Besoffen am Küchen­tisch. Ich hab hier mit Nora (Lebens­ge­fährtin) und einem Kumpel gesessen und getrunken. Wenn du ein Stück instru­mental schreibst, dann gibt es keinen Sänger und kein wirk­li­ches Thema um das es sich dreht und dann haben wir uns die Song­rei­hen­folge als Satz ausge­dacht. Mitt­ler­weile haben das sogar einige Bands nachgemacht.

H: Habt ihr damit gerechnet, dass ihr nach dem ersten Album auf Tour gehen werdet?

M: Nein, damit gerechnet haben wir nicht. Es war schon das Ziel. Klar, wir machen Musik und wollen live spielen. Und ich hab dann mit einem Kumpel die erste Tour durch Tsche­chien orga­ni­siert – 15 Auftritte. PinkTank Records kam und wir haben hier und da klei­nere Konzerte gespielt. Zwischen­zeit­lich kam eine Anfrage aus Grie­chen­land, dann das zweite Album und dann ging es richtig los.

H: Und das zweite Album. War das ähnlich vom Aufbau? Es gab ja wieder einen Satz „My Erec­tion Shows Me The Direc­tion“ und als Album­titel „Disrup­tion“ ..

M: „Disrup­tion“ als Verfall. Wir wollten bei den Sätzen als Song­titel bleiben. Der Satz fiel uns auch beim Trinken ein. Man muss sich schon in eine krea­tive Lage versetzen und dann waren wir am Grübeln mit ein paar Leuten. Es war schon relativ schwierig – es durfte nicht zu platt wirken. 

H: Waren die Songs wieder zuerst da und dann kamen die Titel?

M: Ja. Wir haben Arbeits­titel bis das Album fertig ist. Wenn wir auftreten, kommen wir manchmal auch ein biss­chen durch­ein­ander, welches Lied jetzt gemeint ist.

H: Was habt ihr so für Arbeitstitel?

M: Das willst du nicht wissen. Das sind einfach .. ganz normale Sachen, die man sich leicht merken kann. (grinst)

H: Wie ist das mit dem Cover vom zweiten Album? Eine Biene mit einem Totenschädel.

M: Das ist eine Collage von Nils Heberle. Er hat ganz viele unter­schied­liche Arbeiten und ich hab dann durch die Collagen geblät­tert und dachte: Das könnte es sein! Nach Bauch­ge­fühl. Was passt und klappen könnte. Man ist als Band oft auf andere ange­wiesen: Grafiker, Tontech­niker, Produ­zenten. Da muss man sich fallen lassen. Ein gemein­schaft­li­ches Projekt. Was durch Gemein­schaft passiert und was daraus entsteht.

Meis­tens ist es so, dass ich die Auswahl des ArtWorks entscheide und Olly und Peter dann unter­richte. Jeder hat seine Aufgaben zu machen. In vorhe­rigen Bands habe ich echt schlechte Erfah­rungen damit gemacht wenn alle zu allem was zu sagen haben, weil Entschei­dungs­pro­zesse sich dann über Monate hinziehen können. Das hält einfach auf.

Foto & Copy­right: Kevin Momoh

H: Ihr habt zu TonZonen Records gewech­selt. Warum?

M: Weil … auf deutsch gesagt PinkTank Arsch­lö­cher waren. Das ging im Streit ausein­ander. Und dann sind wir zu TonZonen gewech­selt. Die hatten uns beim ersten Album auch schon ange­fragt. Super nett, gute Qualität, freund­lich. In Kreefeld.

H: Es soll ein drittes Album geben?

M: Genau! Wir sind am schreiben. Vom Cover her dieses Mal gerne ein Foto. Da sind wir mit Thomas Vesper­mann im Gespräch, aber mal schauen.

H: Weiß man schon in welche musi­ka­li­sche Rich­tung es gehen wird? Es gab vom ersten zum zweiten Album ja Unter­schiede. Wo steht ihr derzeit musi­ka­lisch? Was wird sich ändern?

M: Wir haben ein neues Band­mit­glied! Ralph Hammer­meister aus der KuFa. Tech­niker und am Synthe­sizer. Es könnten elek­tro­ni­sche Sachen mit rein­kommen, aber wir sind noch am expe­ri­men­tieren wie wir es machen wollen. Das entwi­ckelt sich gerade.

H: Du spielst Bass. Seit wann ist Musik Bestand­teil in deinem Leben?

M: Ange­fangen Gitarre zu spielen habe ich mit 13 und das ging sehr schnell, dass ich da voll dafür gebrannt habe. Ich hab ange­fangen Sachen nach zu spielen. Aufge­wachsen mit Guns`n`roses „face no more“ Ära, Anfang der 90er und da hab ich viel gespielt – Hendrix. Ich komm von der Gitarre. Und hab für Kala­mata dann mit dem Bass ange­fangen. Schon ewig mache ich Musik. Genau wie Peter und Olly. Tennis habe ich auch mal gespielt, aber das sollte ich wohl nicht sagen. (lacht)

H: Du hast Familie. Wie lässt sich das verein­baren? Bist du Vollzeit-Musiker?

M: Ja, es lässt sich verein­baren. Es ist erst einmal ein Hobby. Obwohl es in den letzten Jahren weitaus größer geworden ist. Es ist schwierig – wir haben alle Kinder. Und ich arbeite als Einzel­fall­helfer in der Schule. Klar – ohne Familie hätte man viel mehr Zeit für Musik! Da hätte ich schon Bock drauf – aber man muss den Mittelweg finden. Man muss es nur wollen und machen. Es ist manchmal anstren­gend. Mit Arbeit, Familie – am Wochen­ende ist man unter­wegs und am Montag wieder auf Arbeit. Sonntag kommst du wieder und bist fertig. Für Touren muss man sich unbe­zahlten Urlaub nehmen um irgendwie in Grie­chen­land oder eine Tour durch den Balkan zu machen. Aber es geht. Sonst wäre ich auch unglück­lich. Das weiß meine Familie auch – deswegen muss es irgendwie gehen.

H: Ihr habt ja in vielen verschie­denen Ländern gespielt. Hast du das Gefühl, dass es große Unter­schiede gibt?

M: Total! Kala­mata in Grie­chen­land, war einfach der Traum. Es gibt tausend gute Rock­bands in Grie­chen­land – 1000mods, Naxa­tras. Die jungen Leute sind durch die Krise zusam­men­ge­wachsen. Es gibt eine ganz starke linke Szene, die alle auf diese Musik abfahren. Nicht speziell auf Kala­mata (die Band): die hören halt Rock. Die haben schwarze Pullis, da geht die Szene ganz anders ab. Da ist so ein Laden einfach voll.
In Deutsch­land gibt es keine Szene. Das ist ein großer Unter­schied. Da läuft in jeder Bar gute Musik, hier kannst du danach suchen. Klar, wenn du in die kleinen Städte gehst, ist es in Grie­chen­land wohl auch anders. Aber wenn wir das mit Hildes­heim verglei­chen: Es gibt eine Menge Studie­rende, es gibt zwei Clubs, es gibt Live­musik, aber es gibt keine Studie­renden die zur Live­musik gehen. Oder kaum. Da sind dann halt zehn Leute, die du nicht kennst, aber den Rest kennst du halt. Ich weiß gar nicht, wo alle die Leute sind. Was die so machen. Hören die keine Musik? Auch die Aufge­schlos­sen­heit. Es ist eher so: Kenn` ich nicht, geh ich nicht hin! Aber nicht so: Ich sauf` heut` mal nicht mit meinen Kumpels zuhause, sondern: Ey, lass uns losgehen, da spielt eine Band! Das haben wir früher immer so gemacht: Bist los, fünf Euro bezahlt oder fünf Mark und zuge­hört und hattest einen super Abend. Passiert heute selten. Das ist in Grie­chen­land und auch im Balkan deut­lich anders. Das macht schon mehr Spaß!

H: Welche Band hat dich inspi­riert? Welche Einflüsse gab es?

M: Eine Band ist Tool. Das ist meine Lieb­lings­band. Für die brenne ich. Und als Jugend­li­cher war es Nirwana.

H: Und welches Buch liest du derzeit?

M: Ja, ich hab gerade Irvin Welsh über Trans­pot­ting und so gelesen. und heute kam das Buch „Schlafes Bruder“ an. Es geht um grie­chi­sche Mytho­logie, den Tod.

Kala­mata.

Erschienen: 2014

Label: erst Eigen­pro­duk­tion, dann auf Vinyl unter PinkTank Records.

Cover: Carsten Teuber

Spiel­zeit: 43:12

Stil: Stoner Rock, Psyche­delic rock

Disrup­tion.

Erschienen: 2017

Label: TonZonen Records.

Cover: Nils Heberle, Melting Moon, Vaporis

Spiel­zeit: 42:54

Stil: Stoner Rock. Progres­sive. Psyche­delic. Doom.