„Wie wir im Gespräch bleiben können“
Ein Briefwechsel über Antidiskriminierungsarbeit und den Umgang mit Konflikten an der Universität
Das Gespräch muss weitergehen – das war Leonie Lorena Wyss‘ Impuls nach dem Fachbereichsbarometer im November 2019, bei dem eine Reihe von Momenten virulent wurden, die eine Differenz zwischen Studierenden und Lehrenden aufzeigten, die an manchen Stellen vielleicht sogar als unüberbrückbar erlebt wurden.
Zu Beginn des vergangenen Jahres kontaktierte sie schließlich Stefan Krankenhagen, der zu diesem Zeitpunkt Dekan des Fachbereich 2 war. Ziemlich genau mit Beginn der Quarantäne traten beide in einen gemeinsamen Briefwechsel, um da anzusetzen, wo eine gemeinsame Diskussion zuvor beendet schien. Das schriftliche Moment des Austauschs war dabei schon vor der Corona-Pandemie geplant und sollte die Diskussion auf eine ruhigere Weise fortsetzen und die Möglichkeit bieten, mit gewisser Distanz nochmals bestimmte, im Fachbereichsbarometer-Gespräch diskutierte, Themen aufzugreifen.
Gerade weil das Barometer-Gespräch von gegenseitigen Vorwürfen geprägt war, die sich sowohl entlang der hierarchisch organisierten Differenz von Studierenden und Lehrenden, als auch innerhalb der Studierenden- und Lehrendenschaft bewegten, versuchen die Briefe an eben jener Vorwurfsstruktur anzuknüpfen und eine Problemanalyse anzustellen. Zu dieser gehört, wie sich an vielen Stellen des Briefwechsels herausstellt, die unterschwelligen als auch expliziten Vorwürfe, die sich an vielen Stellen des Diskurses meist floskelhaft äußern, zu benennen und davon ausgehend Uneinigkeiten nachzugehen.
Mit den letzten Briefen stellen die Autor*innen heraus, dass sie nun an einen Punkt gelangt sind, an dem sie sagen:
„Unsere dialogische Diskussion geht hier zu Ende. Das heißt für uns gleichzeitig auch, dass ein neues Gespräch und damit eines, das über unsere Positionen hinausgeht, beginnen kann und muss. Wir möchten unseren Austausch nur als einen ersten Ausgangspunkt betrachten für andere Perspektiven und Argumente. Für den weiterführenden Diskurs wünschen wir uns einen respektvollen Umgang miteinander, der die notwendigen Prozess einer Dekolonialisierung des kulturwissenschaftlichen Wissens von den inhärenten Vorwurfsstrukturen trennt; beziehungsweise merkt, an welchen Stellen sie sich warum überlagern. Wir wollen gegenseitige Offenheit sowie eine argumentative Diskussionsebene als Voraussetzung ansehen, um gemeinsam Möglichkeiten von Allianzen und notwendige Neuerungen am Fachbereich ausloten zu können und vor allem: Das Gespräch weiterführen zu können.“
Eine Einladung an alle Mitglieder des Fachbereich 2
Unsere gemeinsame Idee ist es, dass sich am Fachbereich weitere Tandems finden (oder auch Gruppen in größerer Anzahl, soweit es dem Gespräch dient), die sich über strittige Fragen austauschen. Wer auch immer sich angesprochen fühlt, kann und soll gerne die Initiative ergreifen und eine Person oder Personen ansprechen, um gemeinsam ins Gespräch zu kommen. Ob Studierende mit Lehrenden, Studierende mit Studierenden oder Lehrende untereinander, ob in Briefform, als Podcast, Zoom-Konferenz oder, oder.
Der Briefwechsel kann, muss aber nicht, als Anregung für Themen, Argumente und Frage dienen. Gleichwohl würden wir uns freuen, wenn zwei Momente aus dem Briefwechsel fortgeführt werden:
Die Auswahl von Personen, die nicht automatisch einer Meinung sind, sondern tatsächlich unterschiedliche Perspektiven auf das Themenspektrum einbringen.
Sowie im jeweiligen Austausch eine Selbstverpflichtung zu argumentativer Ruhe und Respekt vor den widerstreitenden Positionen.
Stefan Krankenhagen und Leonie Lorena Wyss geben an dieser Stelle den Prozess ab und haben sich an die Ideen- und Beschwerdestelle (in Person von Wilma Raabe) gewandt. Diese übernimmt nun die weitere Moderation des Prozesses und ist für alle Mitglieder des Fachbereiches ansprechbar.
Ohne die Laufzeit der kommenden Gespräche beschränken zu wollen, wäre es schön, wenn zum Anfang des Sommersemesters 2021 erste Rückmeldungen im Fachbereich geteilt werden können – falls Sie sich entscheiden, Ihre Gespräche zu teilen. Wilma Raabe wird auch hierfür die Ansprechpartnerin sein.
Nächste Schritte, um ins Gespräch zu kommen
- Überlegen Sie, mit wem und ggf. wie Sie gerne ins Gespräch kommen möchten.
- Kontaktieren Sie die Person(en). (Sie können sich auch an die Ideen- und Beschwerdestelle
wenden, wenn Sie Unterstützung möchten.) - Bitte geben Sie in jedem Fall eine Rückmeldung an Wilma Raabe, wenn Sie sich als
Tandem/Gruppe gefunden haben. So wissen wir, wie die Idee aufgenommen wurde. - Gerne können Sie sich auch an die Ideen- und Beschwerdestelle wenden, wenn Sie (noch)
nicht wissen, mit wem Sie ins Gespräch kommen möchten. Die Ideen- und
Beschwerdestelle macht Ihnen dann nach Möglichkeit einen ‚Matchingvorschlag‘. - Besprechen Sie die Rahmenbedingungen für Ihr/e Tandem/Gruppe
(Form des Austausches, Dauer, Vertraulichkeit). - Treten Sie in den Dialog.
- Nehmen Sie sich nach Abschluss Zeit für eine gemeinsame Auswertung und entscheiden
Sie, ob und wie Sie Rückmeldungen im Fachbereich teilen möchten. - Geben Sie gerne eine kurze Rückmeldung an die Ideen- und Beschwerdestelle.
Wir sind gespannt und wünschen allen einen bereichernden Austausch.
Wilma Raabe
„Wie wir im Gespräch bleiben können – Ein Briefwechsel über Antidiskriminierungsarbeit und den Umgang mit Konflikten an der Universität“ wurde im November 2020 beim Universitätsverlag Hildesheim veröffentlicht. Der Briefwechsel ist als Buch erschienen und kann unter diesem Link eingesehen werden: https://doi.org/10.18442/158