Am Anfang stand eine simple Frage. Wieso wurde der Kulturcampus im letzten Semester besprüht? Viele Theorien wurden aufgestellt, doch niemand wusste etwas Konkretes. Ich wollte mehr herausfinden. Ich wollte ergründen wer oder was hinter dem Graffiti steckt. Spoiler: Ich bin fürchterlich gescheitert.
Foto: Gabriel Dörner
Foto: Niclas Schwarzenberg
Was bisher geschah:
In der Nacht vom 23. auf den 24. Juli 2022 wurde der Kulturcampus der Universität Hildesheim in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit Graffiti besprüht. Neben einfachen Mustern wurden auch kurze Nachrichten wie „Du bist: Veränderung“ oder „Was ist die Uni? Die Uni ist nichts!“ hinterlassen. Die Wandmalereien sorgten für viel Aufregung unter den Studierenden der Universität und wurden für einen hohen vierstelligen Betrag mehr schlecht als recht entfernt. Die Farbe war an vielen Stellen bereits zu tief in die Oberflächen eingedrungen, sodass große Teile der Außenwand hätten abgetragen werden müssen, um die Spuren vollständig zu beseitigen. Warum es zu diesem Vorfall kam, blieb unklar.
Wie bei vielen anderen war auch mein Interesse an den mysteriösen Graffiti sehr groß. Ich wollte wissen, warum die Verursacher, bei denen ich persönlich davon ausgehe, dass es sich um eine Gruppe handelt, diesen doch sehr extremen Schritt für nötig hielten. Die Nachrichten, die offensichtlich auf den elitären Stand der Universitäten und vieler ihrer Studierenden hinweisen sollen, sind eine berechtigte Kritik. Allerdings sind sich gerade im Fachbereich 2 viele Studierende dieser Kritik bewusst.
Der Beginn der Suche
So schwer kann das alles doch gar nicht sein. Man fragt einfach überall herum und dann würden sich die Verantwortlichen sicher zu erkennen geben, um ihre Meinung bekannt zu geben. Wie sinnvoll und berechtigt die Kritik danach noch wäre, ließ ich für mich außen vor.
Erste Google-Suchen zeigten, dass es schon zwei Beiträge zu dem Thema gab, einen von der Hildesheimer Allgemeinen und einen von unserer eigenen Blogseite. In diesen Berichten wurde zwar die Stimmung gut dargestellt, die direkt nach dem Vorfall herrschte, jedoch beschäftigte man sich darin mehr mit der Tat selber als mit den Verursachenden.
Die beiden sinnvollsten Ansatzpunkte, um Informationen zu sammeln, schienen mir zunächst die Hildesheimer Allgemeine und die Pressestelle der Polizei zu sein. Überraschenderweise reagierten beide Parteien schnell und kooperativ. Die Polizei vereinbarte noch am selben Tag ein Telefonat, und die Zeitung gab mir am nächsten Tag die E-Mail-Adresse des Journalisten weiter, der den Zeitungsartikel verfasst hatte. Was mich wirklich verdutzte, war, dass ich dafür lediglich eine E-Mail schicken musste, in der ich mitteilte, dass ich an einem Beitrag zu dem Thema arbeite. Ich hatte damit gerechnet, erst einige Fragen beantworten zu müssen, wofür genau ich diese Informationen brauche, bevor ich Antworten bekommen würde. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich wirklich das Vertrauen, dass ich in meinem Unterfangen erfolgreich sein würde.
Das Ergebnis war jedoch ernüchternd. Weder die Polizei noch die Zeitung hatte irgendwelche Informationen erhalten. Darüber hinaus wurde mir geraten, mit dem Thema vorsichtig umzugehen, da neue Aufmerksamkeit dazu führen könnte, dass es zu Nachahmungen kommt – ein Aspekt, an den ich bis dahin noch gar nicht gedacht hatte. Für mich war es einfach nur ein spaßiger Versuch am Journalismus, aber mir war nicht bewusst, dass meine Handlungen möglicherweise Folgen haben könnten.
Fotos 1, 3, 5: Gabriel Dörner Fotos 2, 4, 6: Niclas Schwarzenberg
Ein paar weitere Versuche
Etwas entmutigt von meinem ersten Fehlschlag fragte ich mich, wie es weitergehen sollte. Bei einem Gespräch mit einem Kommilitonen erinnerten wir uns an einen Kurs, in dem jemand behauptet hatte, er wüsste, wer hinter dem Graffiti steckte. Da wir aber nicht mehr wussten, wer diese Behauptung aufgestellt hatte, war für mich der nächste Schritt unklar.
Ich stellte eine Frage auf Instagram, ob jemand Hinweise hatte. Viele von euch haben den Beitrag gesehen und es gab einige Rückmeldungen. Allerdings waren es nur Interessensbekundungen und keine neuen Hinweise. Unter dem Beitrag wurde sogar kommentiert: „Wehe da snitched jemand“ (etwa: Wehe es wird gepetzt). Auf meine Nachfrage, warum diese Person diesen Kommentar abgegeben hatte, erhielt ich die Antwort, dass die wahren Motive niemals so spannend sein können wie die vielen Theorien, die es dazu gibt. Aber auf meine Frage, welche Theorien diese Person gehört hatte, gab es keine Antwort.
Auch das Fragen in Messengergruppen blieb leider ohne Fortschritt und mein zweiter Insta-Post, der dieses Mal etwas allgemeiner gehalten war, bekam nicht einmal ein Drittel der Aufmerksamkeit des ersten Posts. So verging ein Semester und ich musste einsehen, dass ich gescheitert war.
Woran hat es gelegen?
Deutliche Kritik ist in erster Linie an mir selbst angebracht. Ich glaube, ich bin die Sache völlig falsch angegangen. Ich hätte nicht erwarten dürfen, alles von meinem PC aus zu lösen, sondern hätte direkt mit Personen sprechen sollen. Vielleicht hätte ich mich auch in der Street-Art-Szene von Hildesheim umsehen sollen, anstatt nur in der Studierendenblase zu bleiben, wie es die Graffiti kritisieren.
Gleichzeitig ist der Vorfall auch schon ein halbes Jahr her. Das Interesse hat nachgelassen und ist nur noch in einzelnen Schüben vorhanden, wie man an den Reaktionen auf meine beiden Instagram-Posts sehen konnte.
Ich bin ein wenig enttäuscht, dass diejenigen, die hinter dem Graffiti stecken, sich nicht dazu äußern wollen. Es hätte für sie kein Problem sein sollen, sich zu offenbaren, nachdem ich es ihnen so einfach gemacht hatte. Aber vielleicht stehen sie auch nicht mehr hinter der Sache. Falls sie jedoch etwas zu sagen haben, wird es sicher auf dem von ihnen gewählten Weg in Vergessenheit geraten.
Es geht weiter!
Sie wird in Vergessenheit geraten, sollte ich die Verursachenden nicht doch noch finden. Ich möchte trotz allem noch nicht aufgeben und werde daher im nächsten Semester einen erneuten Versuch starten. Dabei hoffe ich wie immer auf eure Hilfe. Falls jemand Informationen hat oder vielleicht sogar eine Person der Gruppe dies gerade liest, könnt ihr mich unter Schwarzenberg@uni-hildesheim.de erreichen.
Ein Beitrag von Niclas Schwarzenberg, veröffentlicht am 6. April 2023