WIR GENDERN AUCH IN HAUSARBEITEN
von Malu von Marschall
Leuten wie Friedrich Merz würd ich ja gern mal den Kopf aufschrauben und schauen, ob da überhaupt irgendwas an Gehirnmasse vorhanden ist – und das schreibe ich nicht im Namen des Kulturpraxis-Blogs der Uni Hildesheim, sondern als eigenständig denkender Mensch – ja, ich habe „Mensch“ geschrieben und nicht „Menschin“, lieber Herr Merz, denn gendern ist eigentlich gar nicht so schwer. Für Sie und für alle Anderen – die vielleicht neu auf der Domäne sind und sich noch nicht so gut auskennen – ist der nachfolgende Artikel.
Was ist Gendern?
Was ist denn dieses „Gendern“ eigentlich? Und warum machen das denn noch nicht alle Leute, die du kennst? Nun, wie bei vielen Dingen, die neu sind, müssen sich die Menschen erst einmal dran gewöhnen. Gerade, wenn es um Sprache geht, kann diese Umgewöhnung durchaus unbequem sein.
Gendern hat also etwas mit Sprache zu tun, genau – es bedeutet, geschlechtergerecht zu sprechen, also alle Geschlechter in die gesprochene (und geschriebene) Sprache auf zu nehmen. Ein Beispiel: viele Menschen sagen „Ich geh zum Arzt“. Was ist aber, wenn dein Arzt eigentlich eine Ärztin ist? Eigentlich ist es ja ganz logisch, dass es auch weibliche Ärzte gibt, also Ärztinnen. Um dann also alle Geschlechter (von denen es übrigens nicht nur zwei gibt, aber das ist ein anderes Thema…) einzubeziehen, sollte es also „Ärzt*innen“ heißen. Damit sind alle integriert.

Gender = englisch für „Geschlecht“, wobei nicht die tatsächlichen Geschlechtsteile gemeint sind, sondern das Soziale Geschlecht, denn Geschlecht im Sinne von Geschlechtsteil heißt auf Englisch „sex“
Kleiner Buch-Tipp am Rande: „Die Töchter von Egalias“ von Gert Brantenberg, hier ein guter Artikel dazu. Nach der Lektüre dieses Buches ist mir zum ersten Mal der Umfang der männlichen Konnotation in unserer Sprache bewusst geworden….
Wieso braucht es gendern?
Die Realität sieht leider anders aus: kaum eine Person sagt oder schreibt „Ärzt*innen“ – das hat dann zur Folge, dass viele Menschen Ärztinnen vielleicht nicht so vertrauen, wie sie sollten. Und dass Ärztinnen auch nicht so ernst genommen werden, wie sie sollten. Unsere Gesellschaft ist leider geprägt von solchen Beispielen und deshalb ist Gendern so wichtig – gerade Frauen oder nicht-binären Personen werden oft Dinge (Doktortitel, berufliche Erfolge, bestimmte Erfahrungen) abgesprochen, weil sie eben nicht männlich sind und das Bild vom großen starken beschützenden Mann in unserer Gesellschaft leider noch vorherrscht.
Du gehst zum Bäcker; zum Frisör; willst wissen, was in der Lehrerkonferenz besprochen wurde; hörst dir deine Lieblingsmusiker im Radio an; findest Politiker doof oder sagst, Schornsteinfeger bringen Glück… wenn du es ganz genau betrachtest, ist sogar das Wort „Mensch“ sehr männlich, denn es kommt das englische „men“ darin vor…
Und warum stört mich das so sehr? Nun, ich bin zwar keine Ärztin, doch bin ich etwas. Ich habe keinen Doktortitel, den es zu würdigen gilt, dennoch bin ich als Ich zu würdigen. Ich, eine Frau, oder auch eine Studentin; ich, eine Mutter, Autorin und Unternehmerin. Nicht nur mein ich, auch meine Erfolge würden mir nicht ganz so beachtlich vorkommen, wenn sie mir nicht auch eindeutig zugesprochen werden. Wenn es also heißen würde: „oh schau, die ist ein Frau und Mutter, aber auch Student, Autor und Unternehmer“. Nein, das klingt falsch.
Wie geht gendern?
Also, ich würde erst mal differenzieren in gendern in Schrift und gendern in Sprache. Im Schriftlichen ist gendern auf jeden Fall einfacher, wenn es vor allem um Berufsbezeichnungen geht, hängst du einfach überall ein „*innen“ dran. Zum Beispiel: Dozent*innen, Lehrer*innen, Maler*innen, Dachdecker*innen. Abgesehen davon kannst du auch auf die allgemeine Form zurückgreifen, wenn du dir unsicher bist. Zum Beispiel: Teilnehmende, Studierende oder Zimmerleute. Du siehst, dass ich „man*“ immer mit einem „*“ schreibe, auch das ist gendern – viele sagen und schreiben stattdessen aber auch „mensch“. Im sprachlichen Gebrauch ist das Ganze natürlich ein wenig härter, denn das „*“ kannst du ja schwierig mitsprechen. Deshalb macht man* stattdessen eine kleine Pause. Versuch es doch einfach mal, sprich folgende Worte laut aus: „Verkäufer innen“, „Spieler innen“, „Student innen“ – hat das geklappt? Merkst du den Unterschied? Eine andere Möglichkeit wäre, einfach die männliche und weibliche Form in einem Satz zu sagen, also zum Beispiel „Leser und Leserinnen“. Hier musst du jedoch bedenken, dass du dann nicht alle Geschlechter mit einbeziehst. Das „*“ beim Gendern repräsentiert nämlich alle nicht-binären Personen.
Für weitere Informationen klick doch mal hier, da kommst du zu einem ziemlich guten Artikel zum Thema – es wird hier auch nochmal der Begriff „Genderidentität“ geklärt und es wird Spannendes zu Geschlechterrollen erzählt.
Tipps: Was tun bei Sätzen wie: „Ich bin kein Fan von…“ oder „Ich bin nicht so der Typ für…“ … Alternativen finden, so zusagen drum rum reden, z. B. „Ich bin die Art Mensch, die…“ oder „Wie die meisten Leute bin auch ich nicht…“
Warum wusstest du das mit dem Gendern noch nicht, fragst du dich? Was ist an der Sprache, die du jetzt sprichst „falsch“? Nun, erst einmal machst du nichts falsch – wenn du bis hier hin gelesen hast, bist du ja durch aus Willens, etwas zu lernen. Ich (und sicher auch viele Andere) fühle mich auf jeden Fall nicht angegriffen, falls irgendwer das Gendern nicht so richtig hinbekommt – das Ganze ist ein Prozess und ich verstehe, dass man* dafür auch etwas Zeit braucht. Ich vergesse auch häufig, dass ich eigentlich „jemensch“ und nicht „jemand“ sagen wollte.