Der Über­gang von DER DOMÄNE

                ins Leben Danach

Wie erleben ehema­lige Student*Innen ihren Über­gang vom Studium am Kultur­campus der Uni Hildes­heim in ihr Leben Danach?

 

Sechs ehema­lige Student*Innen zeigen und reflek­tieren in sechs verschie­denen Audio- und Text­bei­trägen. 

 

 

Zwischen [ Hildes­heim, Ostsee, Prak­tikum, Cultural Leader­ship ] stand

Von Helene Timm. Helene hat von 2014 bis 2018 Kultur­wis­sen­schaften mit Lite­ratur im Haupt­fach und Medien im Neben­fach studiert.

Johanna Sinn hat von von 2013–2017 Kultur­wis­sen­schaften und ästhe­ti­sche Praxis mit Haupt­fach Musik und Neben­fach Lite­ratur und von 2015–2018 Philo­so­phie Künste Medien studiert.“

Werdet doch … was ihr wollt

 

Von Gregor Pella­cini. Gregor hat von 2010 bis 2017 Kultur­wis­sen­schaften mit Musik im Haupt­fach und Theater im Neben­fach und Kultur­ver­mitt­lung studiert.

Während meines Studiums habe ich mir oft vorge­stellt, was ich nach dem Studium machen möchte. Vom Künstler*innenmanager bis zum Berufs­mu­siker war sehr viel dabei. Doch nahm ich für mich wahr, dass zwischen theo­re­ti­schen Vorstel­lungen und prak­tisch reali­si­ti­schen Ergeb­nissen eine große Kluft herrscht. So ist der folgende Text durch­zogen von theo­re­ti­schen und prak­ti­schen Perspek­tiven. Viel Spaß beim Folgen 😊.

Das Studium

Das Studium ist, allein dadurch, dass ich an den Kursen teil­nehme, studen­ti­sche Praxis. Ich bestä­tige dadurch die theo­re­tisch vorlie­gende Annahme, dass ich das Studium als Studie­render absol­viere. Schön und gut. Die prak­ti­schen Übungen, inner­halb der ästhe­ti­schen Praxis, in Hildes­heim, erwei­tern das Lern­feld, welches sich aus den theo­re­ti­schen Perspek­tiven der Semi­nare speist. Doch dieser Luxus bleibt zum Ende des Studiums nicht bestehen.

Der Härte­grad

Der prak­ti­sche Härte­grad, mit der die*der Student*in aus dem Studium geschleu­dert wird, kann nicht beschrieben, oder theo­re­tisch vorher­ge­sehen werden. Ob nun bereits mit einer festen Beschäf­ti­gung in Aussicht, oder als einsam verlo­renes Indi­vi­duum auf dem Markt. Welcher Markt? Besteht dieser nun aus tausenden von Bewerber*innen oder nicht? Und wo ist dieser zu finden, im Internet, in der Zeitung oder wo jetzt? Theo­re­tisch exis­tiert dieser, prak­tisch bin ich mir da nicht so sicher.

Der Faktor

Der Faktor des eigenen Ichs ähnelt dem einer*s Jongleur*in*s. Die Suche nach der eigenen beruf­li­chen Orien­tie­rung (sofern nicht im Studium erfolgt), treffen auf viel­seitig einsai­tige Beschrei­bungen der mögli­chen Arbeitgeber*innen. Gesucht werden dieje­nigen, die alles können und flexibel zu jeder Tages- und Nacht­zeit das Beste erbringen. Schöne Theorie und Vorstel­lung, die Praxis zeigt oft eine andere Realität. 

Der Markt

Der Markt ist eine theo­re­ti­sche Annahme und besteht eigent­lich aus Bezie­hungen zwischen Gebenden und Nehmenden. Eine prak­ti­sche Leis­tung wird erbracht, mit der es einer*m möglich ist, eine Gegen­leis­tung (vornehm­lich mone­tärer Form) zu erwarten. Theo­re­tisch inner­halb eines Vertrags, oder einer münd­li­chen Verein­ba­rung, fest­ge­halten, zeigt die perfor­ma­tive Umset­zung und Sicht­bar­keit, ob die bloße Theorie belastbar, also durch­ge­führte Praxis, ist. Der Mensch bzw. Alumni steht genau dazwischen.

Ein Moment, um Inne zu halten

Wie soeben beschrieben, der Markt besteht aus Bezie­hungen und Netz­werken, so die Theorie. Prak­tisch bedeutet dies Kontakt halten, ausbauen, mögli­cher­weise vertiefen. Jede*r Mensch weiß, wie schwer der Kontakt nach der Schul­zeit zu allen Mitschüler*innen zu halten war. Sympa­thien werden vergeben und wieder genommen. Inter­es­sens­lagen ändern sich und auch die eigene Wahr­neh­mung von Menschen. Ein Moment, um Inne zu halten. Was will ich genau tun theo­re­tisch und welchen prak­ti­schen Weg schlage ich jetzt ein?

Aus der Theorie in die Praxis 

Wichtig ist die Entschei­dung, nach einge­hender Prüfung, aus einer theo­re­ti­schen Annahme eine prak­ti­sche Hand­lungs­op­tion zu gestalten. Der Still­stand, aus Bewer­bungen, Vorstel­lungs­ge­sprä­chen und den immer ähnli­chen Absagen, frus­triert. Als Empfeh­lung hier, die theo­re­ti­sche Vorbe­din­gung bleibt bestehen, dass ich eine Beschäf­ti­gung um Leben zu können brauche, das eigene Bewer­bungs­ver­halten zu hinter­fragen. Viel­leicht ist der prak­ti­sche Ansatz des klas­si­schen Bewer­bungs­ver­fah­rens nicht für mich gemacht. So gewähr­leistet eine andere Praxis womög­lich einen anderen Ausgang.

Mut zur Veränderung

In vielen Bewer­bungs­si­tua­tionen wird theo­re­tisch etwas verlangt, doch selten vorge­geben wie die prak­ti­sche Ausfüh­rung auszu­sehen hat. Ein Anruf in der Perso­nal­ab­tei­lung, das persön­liche Gespräch auf der Tagung oder ein kurzer Small Talk nach einer Lesung. Zugänge zum Markt und zu Bezie­hungen gibt es viele. Wenn der eine Weg nicht zum Ergebnis führt, probiert einen anderen. Die theo­re­ti­sche Ausgangs­si­tua­tion ist und bleibt dieselbe, der prak­ti­schen Umset­zung sind mit einer gelun­genen Argu­men­ta­tion, keine Grenzen gesetzt, ledig­lich die Eigenen. Die Verbin­dung aus Theorie und Praxis ist wie Wasser und Öl, man kann beide neben­ein­ander wahr­nehmen, doch zeigt sich in der prak­ti­schen Umset­zung die Bestän­dig­keit einer Theorie. Es können beide nicht mitein­ander aber auch nicht ohne einander. Inso­fern, werdet! 

 Eine musi­ka­li­sche Verar­bei­tung des Über­gangs mit Gitarre, Loop­sta­tion, Zither und Kalimba von Johnny Homuth.

Johnny hat von 2014 bis 2019 Kultur­wis­sen­schaften mit Musik im Haupt­fach und Medien im Neben­fach studiert.

Outside the box

Von einer ehema­ligen Studentin, die von 2014 bis 2018 Kultur­wis­sen­schaften mit Musik im Haupt­fach un Lite­ratur im Neben­fach studiert hat.

Was bedeutet das eigent­lich, „ein Leben nach Hildes­heim“? Ein Leben nach Hildes­heim. Gibt es das über­haupt? Wenn ja, wie kann so etwas aussehen?

Aktuell studiere ich Kultur- und Musik­ma­nage­ment – nach meinem erfolg­rei­chen Bache­lor­ab­schluss als Kuwi – im Master an der Musik­hoch­schule in München. Ein Leben nach Hildes­heim – bedeutet das zwangs­läufig Groß­stadt? Viel­leicht für manche. Über­ra­schen­der­weise trifft diese These auf mich zu. 

Hildes­heim. Das waren für mich vier Jahre, zwei weniger inten­sive Jahre, zwei sehr inten­sive Jahre, in denen ich die Stadt und die Uni richtig kennen­lernen konnte. Zwei Jahre, in denen ich mich selbst entdeckte, in denen ich lernte, wie man „richtig“ studiert. Zwei Jahre, in denen ich richtig viele Leute kennen­lernte, die meine Perspek­tiven erwei­terten, die meine Persön­lich­keit formten und meine Meinungen änderten, immer und immer wieder. 

Und jetzt? Jetzt kommt es mir teil­weise so vor, als könnte es ein Leben „nach Hildes­heim“ gar nicht mehr geben. Obwohl das alles hier echt ist. Und sehr intensiv. Sehr anders, aber irgendwo doch gleich. 

Hildes­heim war für mich persön­lich eine kleine Blase an Menschen, die versucht haben, auf ihre Weise die Welt ein kleines biss­chen zu verän­dern. Eine kleine Blase, aus der man doch immer wieder gezwungen wurde, auszu­treten. Hildes­heim war für mich eine Zeit, in der ich gefor­dert wurde, mich aber gleich­zeitig auch gelang­weilt hat. Ich musste lernen, kreativ zu denken, mit anderen Meinungen klar zu kommen, mit Menschen zusammen zu arbeiten. Ich musste vor allem lernen, lösungs­ori­en­tiert zu handeln, leiden­schaft­lich zu handeln, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren. Outside the box, in Hildes­heim besser bekannt als „Mach dein Ding.“ 

Und jetzt? Was mache ich eigent­lich in München? Auch in München werde ich immer wieder gefor­dert, und muss lernen, mit Menschen in unter­schied­lichsten Situa­tionen zusammen zu arbeiten. Auch München ist ein bunter Haufen, wild zusam­men­ge­mischt aus allen mögli­chen künst­le­ri­schen Rich­tungen – hand­ver­lesen. 17 Menschen, die es unter hunderten Bewer­bungen geschafft haben. 17 Menschen, die das gleiche wollen und doch ganz unter­schied­liche Dinge verfolgen. Es ist Ende Juni, es ist heiß – und anders als in Hildes­heim gibt es hier in München eine Klau­su­ren­phase, für die ich mich eigent­lich gerade vorbe­reiten müsste. Rech­nungs­wesen, Kultur­po­litik, Recht und Kultur­fi­nan­zie­rung und ‑spon­so­ring. Vier Klau­suren, eine beno­tete Präsen­ta­tion, an der wir das letzte Semester über gear­beitet haben, und an der wir auch das nächste Semester noch arbeiten werden. Und am Ende eine Haus­ar­beit. Für alle 17 Menschen das gleiche Programm. Etwas, das auf jeden Fall anders ist als in Hildesheim. 

Was noch anders ist? In Hildes­heim galt für Dinge wie BWL, Rech­nungs­wesen, Control­ling oder Recht oftmals die Devise „Später gibt’s irgend­eine andere Person, die das macht.“ In München? Das Lieb­lings­sprich­wort vom Rech­nungs­wesen-Dozenten, der seine eigene Firma gegründet hat (wie so viele unserer Dozie­renden): „Lasst euch nicht über­holen von Leuten, die etwas besser können – sei es englisch, eine dritte Sprache, Kennt­nisse in Rech­nungs­wesen, Excel-Basic-Kennt­nisse, oder was auch immer. Lasst euch nicht über­holen!“ Ich beschäf­tige mich in München weniger mit den Inhalten, die ein Konzert hat, wie das in Hildes­heim oftmals der Fall war (Stich­wort ästhe­ti­sche Praxis), sondern eher mit den Rahmen­be­din­gungen. Eigent­lich logisch – schließ­lich studiere ich ja Kultur­ma­nage­ment. Und doch muss man auch hier kreativ sein, an Lösungen arbeiten, die viel­leicht nicht so direkt vor der Nase liegen, und „outside the box“ denken. Das ist beim Aufstellen einer Crowd­fun­ding-Kampagne oder von Marke­ting­maß­nahmen, bei der Konzep­tion eines Konzertes oder bei der Konzep­tion eines Vermitt­lungs­pro­jektes eines Fest­spiel­hauses gleich. Prokras­ti­na­tion und Diszi­plin gehören auch zum Master­stu­dium nach Hildes­heim weiterhin dazu. Viel­leicht ein biss­chen mehr Diszi­plin, und ein biss­chen weniger Prokras­ti­na­tion, da ein biss­chen mehr Inhalte vermit­telt werden – und man nicht einfach mal kopflos auf ein Projekt losge­lassen wird. „Lear­ning by doing“ — ja, aber mit profes­sio­neller Anlei­tung. Für mich bedeutet ein Leben nach Hildes­heim eigent­lich nichts anderes als meinem Traum ein Stück näher zu kommen – aber mit ein biss­chen mehr Struktur, mit ein biss­chen mehr Know-How und mit ein biss­chen mehr wich­tigen Kontakten. Ein Leben nach Hildes­heim bedeutet nicht nur Struktur schaffen für mich selbst, sondern auch für andere – beson­ders aber für die Kultur. Ein Leben nach Hildes­heim – immer noch „outside the box“, in einer meis­tens schönen, kultu­rellen und krea­tiven Blase, manchmal immer noch sehr chao­tisch und planlos, meis­tens aber mit rasantem Tempo Rich­tung Zielgerade.

Ein Leben nach Hildes­heim. Immer wieder der Reminder: Mach dein Ding, und du wirst deinen Platz finden!“

Zwischen Zweifel und Zuversicht

 

Von einer ehema­ligen Studentin die den deutsch-fran­zö­si­schen Doppel­master Kultur­ver­mitt­lung mit Beifach Musik von 2014–2017 an der Uni Hildes­heim studiert hat.

„Ich habe Angst, eines Tages auf der Straße zu sitzen“, meinte ich einmal, mit 16, zu einem Freund. Ich meinte nicht Obdach­lo­sig­keit. Ich meinte eher Verlo­ren­heit, gar Sinn­lo­sig­keit. Selbst­zweifel. Was soll das bringen, was ich kann, wenn ich denn etwas kann? Für mich oder für wen?

Nach dem Abi eine Entschei­dung. Was Inter­es­santes. Was Spaß macht. Was Vages, um mich nicht wirk­lich entscheiden zu müssen. Erstmal weiter­ma­chen, was mir Schule und Eltern­haus mitge­geben haben: Lernen.

Nach meinem Bachelor der Kultur­wis­sen­schaft und Fran­zö­si­schen Philo­logie wollte ich etwas Konkre­teres. Der deutsch-fran­zö­si­sche Doppel­master Kultur­ver­mitt­lung mit Schwer­punkt Musik in Hildes­heim und Marseille vereinte alles, was für mich span­nend klang: Ausein­an­der­set­zung mit Kunst und Kultur, Sprache und Musik. Und Vermitt­lung, das klingt doch nach etwas Konkretem, Menschen bezo­genem, Aktivem. Auch jetzt nach dem Studium habe ich noch keine klare Defi­ni­tion für mich gefunden, zusätz­lich beein­flusst durch die verschie­denen Ansätze der beiden Unis in Deutsch­land und Frank­reich, die in ihren Lehr­sys­temen bewusst und unbe­wusst bestimmte Heran­ge­hens­weisen erwarten. (Lese­tipp zum Begriff Vermitt­lung, auf den ich auch erst nach dem Studium stieß: https://www.kultur-vermittlung.ch/zeit-fuer-vermittlung/).

Die Zeit in Hildes­heim und das Studium auf der Domäne habe ich sehr genossen. Es war eine span­nende Welt voller Diskus­sionen und musi­ka­li­scher und künst­le­ri­scher Akti­vität, ich konnte Projekte erfinden und gestalten, Gleich­ge­sinnte treffen, Leben und Kunst genießen. Das eine Jahr Hildes­heim war intensiv, ich hatte Spaß daran, viele Möglich­keiten in der kurzen Zeit wahr­zu­nehmen. Es war schade, weiter­zu­ziehen, aber ich denke auch, dass ein jahre­langes Studium in Hildes­heim viel­leicht auch zu viel gewesen wäre. Projekte machen Spaß, vor allem musi­ka­li­sche, aber wie viel haben Sie mit der beruf­li­chen Realität zu tun? Um beispiels­weise profes­sio­nelle Musi­kerin zu werden, ist dieser Abschluss nicht ausge­legt. Und „einfach machen“ mit wenig Geld, aber Zeit und Freunden geht später, wenn sich die Lebens­um­stände aller wahr­schein­lich geän­dert haben, nicht mehr so einfach wie im Studium, das kann man auf der Domäne leicht vergessen. Nach meinem Frank­reich­jahr kehrte ich aber gern für ein halbes Jahr zurück nach Hildes­heim, in ein kirchen­mu­sik­ver­mit­telndes Projekt, dessen enga­gierte Menschen ich aus einer Koope­ra­tion mit der Uni kannte. Das hat sich so ergeben und mir gezeigt, welche Chancen und Heraus­for­de­rungen bestehen, wenn die Projekt­ar­beit tatsäch­lich mit dem Lebens­un­ter­halt zu tun hat.

Über­haupt ergibt sich ziem­lich viel, wenn man offen ist und es zulässt. Es geht schon irgendwie weiter und findet sich etwas Passendes – diese Zuver­sicht hatte ich, zu meinem Erstaunen, zuneh­mend zum stres­siger werdenden Ende meiner Master­ar­beit, nachdem mich am Anfang eher die Frage geplagt hatte, wie es danach weiter­gehen sollte. Ich hatte ein komplettes Bachelor- und Master­stu­dium geschafft, mit allen Höhen und Tiefen, Erfolgen und Miss­erfolgen, und Kompe­tenzen erworben, derer ich mir nicht immer bewusst war und bin, aber die doch da sind. Dabei hat auch geholfen, jemand anderen zur Refle­xion über seine Kompe­tenzen anzu­regen, indem ich im Studi­en­rahmen die Fort­bil­dung „Kompe­tenz­nach­weis Kultur“ (KNK) belegte. Plötz­lich musste ich mich nicht nur gut orga­ni­sieren,  um den Rahmen dafür zu schaffen, den KNK an einen Jugend­li­chen vergeben zu können, sondern auch meine Kompe­tenzen benennen und reflek­tieren. Von dieser Arbeit zehre ich noch heute. Meine Aufzeich­nungen von damals helfen mir dabei, mich daran zu erin­nern, wer ich bin, was ich kann und was ich nicht geben kann oder will – und dies beispiels­weise in Vorstel­lungs­ge­sprä­chen zu formulieren.

Und das bleibt heraus­for­dernd, denn Ange­bote und Ideen, die sich ergeben, müssen nicht unbe­dingt passen. Erkenne ich dies? Bin ich stark und mutig genug, einem Verdacht ohne Gewiss­heit nachzugehen?

Auf eine ganz normale Bewer­bung hin vertrete ich momentan die Projekt­lei­tung in einem öffent­lich geför­derten Musi­schen Bildungsprogramm.

Zweifel kamen auf, als mir für nach der Eltern­zeit­ver­tre­tung die Büro­lei­tung ange­boten wurde. Schmack­haft sollte sie mir gemacht werden, denn es wäre orga­ni­sa­to­risch und inhalt­lich für den Verband das einfachste gewesen, da ich nun einmal gerade da war. Aber noch mehr Verwal­tung? Hotels buchen (lang­weilig)? Nicht mehr projekt­in­halt­lich arbeiten? Empfinde ich das als sinn­voll, im Ideal­fall erfül­lend? Nein! Aber kann man ein Angebot ausschlagen, wenn man schon einmal eines bekommt? Hinterher bin ich froh, diese Frage mit Ja beant­wortet zu haben, auch wenn das Gewissen plagte. Sicher­lich hätte ich mich einge­funden und viel­leicht sogar abge­funden. Aber es hätte nicht gepasst. Und letzt­end­lich habe ich womög­lich Stärke bewiesen, die im Nach­hinein viel­leicht sogar aner­ken­nend beur­teilt wird, nachdem eine andere Lösung gefunden wurde. Zumin­dest möchte man mich trotzdem gern im Verband behalten, es würde mir sogar gefallen. Ob das klappt, muss sich noch zeigen. Wenn nicht, ergibt sich schon irgend­etwas anderes.

Ich mache gerade viel Verwal­tung und bin die meiste Zeit im Büro, aber das ist in Ordnung. Denn ich bin viel mit den Programm­aus­füh­renden in Kontakt und erlebe direkt, was aus dem wird, was ich orga­ni­siere, was es bewirkt und wem es Freude bringt. Das moti­viert mich! Das immer besser werdende Selbst­ma­nage­ment macht Spaß, und neben allen Über­win­dungen der Stolz darauf, was ich schon geschafft habe. „Auf der Straße“, wie ich es als Jugend­liche befürch­tete, sitze ich zum Glück also nicht. Mit Sorg­falt, Beharr­lich­keit, Sich-Hilfe-holen-können etc. geht Schritt für Schritt manches, was man vorher nicht geglaubt hätte… Und auch das habe ich im Studium gelernt.

Ebenso in Hildes­heim habe ich für mich den Eindruck gewonnen, dass mir die Veran­stal­tungs­or­ga­ni­sa­tion nicht oder zumin­dest nicht in all ihren Facetten liegt. Als es galt, bei einem selbst­ge­stal­teten studen­ti­schen Konzert­pro­jekt eine größere Zahl Menschen an einem Ort zu koor­di­nieren, die darauf warteten, Anwei­sungen oder zumin­dest einen roten Faden gezeigt zu bekommen, und stets vor Ort alles voraus­schauend im Blick zu haben, erschüt­terte dies mich. Ich fühle mich dann über­for­dert. Ich brauche entweder weniger Menschen auf einmal oder begnüge mich mit dem Möglich-machen im Hinter­grund. So geht es mir auch, wenn in meinem derzei­tigen Job „Klas­sen­fahrten“ mit Abschluss­kon­zerten für 200 bis 400 am Programm teil­neh­mende Kinder anstehen. Sie folgen einem bereits etablierten Grund­ab­lauf und ich muss sie auch nicht allein orga­ni­sieren. Dennoch gibt es genug Menschen, für die ich mitdenken muss, damit sie zur rechten Zeit alle Infor­ma­tionen bekommen, die sie brau­chen und die sie ohne das entspre­chende Hinter­grund­wissen nur bedingt selbst einfor­dern können. Sicher­lich werde ich mit der Zeit besser darin. Aber ob ich gut werde? Und mit welchem Aufwand und Opfer?

Hätte ich mein neben­be­ruf­li­ches C‑Kan­toren- und ‑Chor­lei­tungs­stu­dium nicht, würde mir etwas fehlen, das ich auch in Hildes­heim hatte: Musik. Ich frage mich, wie weit ich in diesem Bereich mit meinen Möglich­keiten kommen kann, wenn ich es will. Ich hoffe, mit zuneh­mender Erfah­rung Unsi­cher­heit abzu­legen und das besser einschätzen zu können. Viel­leicht stellt sich einst die Frage, welches (selbst­ge­schaf­fene) Arbeits­mo­dell die musik­prak­ti­sche und die Büro­ar­beit vereint… À suivre. 

 

Domäne.

Ein Abschluss

Freunde, Leben, Wachstum

Erfah­rungen, Höhen und Tiefen

Auf der Suche nach Kompetenzen

Und ich lerne allmäh­lich, dass ich

Wer bin. Wer, ich? Irgendwie

geht es immer weiter

Mein Netz­werk wächst

nun im

Büro.

 

Büro.

Was mache

ich hier? Verwaltung?

Sie ermög­licht Kindern Musik

Austausch mit Musi­kern und Lehrenden

Dabei Politik. Kann ich mit bewegen?

Ich kann jetzt öffent­lich ausschreiben

Für eine gute Sache

Das stellt zufrieden

Hier spielt

Musik.

 

Musik.

Zum Glück

studiere ich nebenbei

im C‑Seminar. Zur Freude

Und ich halte Studi­en­jahre fest

Vierzig Stunden Büro. Orgel. Unter­richt. Schlafen

Was mache ich aus alldem?

Keine Zeit für nichts

Auf der Suche

Das ist

Leben.