Corona-Pandemie: Urlaub für die (Um)Welt?

Warum die Corona-Pandemie sich nicht nur positiv auf die (Um)Welt auswirkt

 

 

Die Corona-Pandemie. Allein bei diesen Worten trifft man auf genervte Reak­tionen. Da das Thema überall vertreten ist, ist es klar, dass nicht mehr viele Menschen Lust haben, sich näher mit den Auswir­kungen von Covid-19 ausein­an­der­zu­setzen. Wir bekommen doch schon tägliche Updates über die Nach­richten oder Social Media, nicht wahr? Trotz allem stellen wir heute ein paar Punkte in den Fokus, die auf den ersten Blick gar nicht so wichtig erscheinen und auch nicht täglich in den Medien vertreten sind. Außerdem haben wir fünf Student*innen der Domäne zu ihrem Verhalten in der Pandemie befragt und wollen ihre Meinungen eben­falls einbinden.

Durch den Lock­down und die einge­schränkten Rege­lungen werden weniger Produkte herge­stellt. Es herrscht ein gerin­geres Verkehrs­auf­kommen. Weniger Schad­stoffe werden verur­sacht. Das legt nahe, dass Umwelt­be­las­tungen abnehmen. Doch ist das wirk­lich so?

Die Maßnahmen gegen Corona haben die Umwelt in vielen Städten stark beein­flusst. Die Kanäle von Venedig werden immer klarer und zum ersten Mal seit etli­chen Jahren, können Bewohner*innen ihren Boden wieder­sehen. Grund dafür könnte die verhängte Quaran­täne und damit das Fern­bleiben von Menschen­massen und Kreuz­fahrt­schiffen sowie der stark zurück­ge­fah­rene Verkehr der soge­nannten Vapo­retti sein. Auch in China wirkt sich die Ausgangs­sperre positiv auf die Umwelt aus: Die Luft­ver­schmut­zung ist stark zurück­ge­gangen. Fünf Student*innen der Domäne erzählten uns von ihren persön­li­chen Eindrü­cken zum Thema Corona-Pandemie und Umwelt. Unsere Fragen an sie lauteten:

 

„Hast du in letzter Zeit mehr online bestellt als vor der Corona-Pandemie?“

„Hat sich dein „unpro­duk­tiver Verbrauch“ (produk­tiver Konsum = notwendig, um das Leben zu erhalten, unpro­duk­tiver Konsum = hat seinen Zweck in sich selbst) seit der Corona-Pandemie verändert?“

 „Glaubst du, dass die Pandemie sich positiv oder negativ auf die Umwelt ausge­wirkt hat?“

 

Grund­tenor war, dass zur aktu­ellen Zeit, während der Beschrän­kungen zunächst eine Verbes­se­rung aufge­treten sein, aber diese nur temporär wäre. Es sei positiv zu beob­achten, dass ein gewisses Umdenken ermög­licht wurde, aber genauso wenig die Frage nach den Reak­tionen, wenn die Krise vorbei ist, außer Acht zu lassen. Außerdem wurde der hohe Verbrauch an Einweg­masken sowie Hygie­ne­pro­dukten wie Putz- und Desin­fek­ti­ons­mittel, der die Umwelt belastet sowie der erhöhte Strom­ver­brauch und durch das Meiden der öffent­li­chen Verkehrs­mittel vermehrtes Auto­fahren, ange­merkt. Letzt­lich sind sich die Student*innen einig, dass die Umwelt­ent­las­tung – wenn nur die Maßnahmen gegen Corona nur beschränkte Zeit anhielten – sich nach der Krise vermut­lich wieder ausglei­chen würde.

Und ja, die Kommen­tare dazu stimmen mit unseren Ansätzen überein: Denn so schön und einfach es klingt, dass weniger (Flug-)Verkehr, Tourismus und Produk­tion auch für eine saube­rere Umwelt sorgen könnte, so spre­chen leider auch andere Fakten für sich.

Das Corona-Virus hat die Gesell­schaft nicht nur dazu gebracht, auf Abstand zu gehen, sondern auch wieder mehr Plastik zu verbrau­chen, da die Vermu­tung nahe liegt, dass Einweg­pro­dukte hygie­ni­scher seien. Ob als Gesichts­masken, Einmal­hand­schuhe oder als Verpa­ckungen für Essen zum Mitnehmen. Dadurch, dass die Menschen außerdem vermehrt zu Hause bleiben, entsteht auch mehr Haus­müll, insbe­son­dere Plastikmüll.

Durch die vielen Verän­de­rungen aufgrund der Pandemie ist unser privater Verbrauch sehr einge­schränkt wurden und wir können vieles mitunter nicht mehr selbst entscheiden. Da nur die Geschäfte offen­ge­blieben sind, die für uns im Allge­meinen lebens­not­wendig sind, wird momentan der soge­nannte „unpro­duk­tive Verbrauch“ (alle für unser Leben nicht notwen­digen Akti­vi­täten und Konsum­güter) beschränkt, da die dementspre­chenden Geschäfte über­wie­gend geschlossen wurden. Der „produk­tive Verbrauch“ (also der Verbrauch von lebens­not­wen­digen Mittel) kann sich aktuell in vielerlei Hinsichten entfalten, denn der „unpro­duk­tive Verbrauch“ hat sich durch die vielen Einschrän­kungen einer­seits bei vielen Menschen deut­lich mini­miert. Ande­rer­seits kann man fest­stellen, dass er sich ledig­lich durch die aktu­elle Situa­tion verän­dert hat. Waren wir vor der Pandemie regel­mäßig Klamotten kaufen, tun wir es jetzt, wenn über­haupt im Internet. Restau­rant­be­suche finden zwar nicht mehr statt, bestellt wird aber trotzdem. Für die einen hat sich der „unpro­duk­tive Verbrauch“ also mini­mieren können, dagegen hat sich dieser Verbrauch bei den anderen nur auf zu Hause verlegt.

Da wir in einem Über­fluss leben ist infol­ge­dessen eine Wegwerf­ge­sell­schaft entstanden. Produkte werden eher entsorgt als repa­riert. Für den Otto-Normal-Verbrauer ist es kein Problem, für ein neues Konsumgut der Optik wegen mehr Geld auszu­geben. Es stellt sich die Frage, wie dieser Verbrauch sich aufgrund der Corona-Pandemie verän­dert hat. Vor allem in dem alles mitein­ander verbin­denden Punkt: Online-Shop­ping. Viele Menschen nutzen den Komfort des Bestel­lens und Liefern­las­sens seit vielen Jahren. Platt­formen wie Amazon sind kaum wegzu­denken. Dass dabei aller­dings die Umwelt mitunter stärker belastet wird, wird schnell außer Acht gelassen. Vor allem jetzt zur Zeit der Corona-Pandemie ist der Konsum an online erwor­benen Arti­keln gestiegen. Durch die Corona-Krise waren Online-Shops nicht betroffen, da sie nicht, wie andere Geschäfte, schließen mussten und die ohnehin schon deut­liche Tendenz zum Wachstum der E‑Com­merce-Umsätze hat sich durch die Corona-Pandemie beschleu­nigt. Trotzdem ist nicht zu vergessen, dass durch das Virus viele Menschen nur noch über eine einge­schränkte Kauf­kraft verfügen. Das sagen auch unsere befragten Student*innen. Sie erklären auch, dass sich ihr „unpro­duk­tiver Verbrauch“ nicht verän­dert habe. Auch vor der Corona-Pandemie hätten sie nicht viel online einge­kauft und wären lieber in die Läden selbst gegangen sind. Anders sei es bei ihren Eltern. Bei denen haben sie vermehrtes Online-Shoppen wahr­nehmen können und auch Essen wurde häufiger bestellt, wenn auch um lokale Unter­nehmen zu unter­stützen. Der „unpro­duk­tive Verbrauch“ scheint gene­rell bei den Student*innen gesunken zu sein, was auch damit verbunden ist, dass ihnen weniger Geld zur Verfü­gung stand. Eine inter­viewte Person erklärt, dass ihr persön­li­cher „unpro­duk­tiver Verbrauch“ gestiegen sei, da einiges an Filmen oder Video­spielen konsu­miert wurde, da soziale Kontakte einge­schränkt waren.

Außerdem ist auch eine weit verbrei­tete Methode von Firmen und Unter­nehmen (und das auch nicht seit gestern) das soge­nannte „green-washing“ oder auch „woke-washing“, bei dem sie Nach­hal­tig­keit oder auch Bewusst­sein für aktu­elle Krisen vorgeben zu berück­sich­tigen und zu unter­stützen. Bei genauerer Betrach­tung wird aller­dings deut­lich, dass sie sich mit ihren Hand­lungen selbst wider­spre­chen. Durch diese Illu­sion wird Gewinn maxi­miert, indem den Kund*innen das Gefühl gegeben wird, mit dem Kauf des Produktes etwas Gutes zu tun.

 

Unser Ziel ist es, euch Mut zu machen, die allge­meine Meinung zu hinter­fragen und zur eigenen Meinung zu stehen. Unsere Recher­chen und Ausein­an­der­set­zungen mit dem Thema „Corona und Umwelt“ stimmten größ­ten­teils mit der Wahr­neh­mung der Student*innen überein. Das Virus bietet viele Chancen, umwelt­be­wusster zu denken und dies auch umzu­setzen. Auf den ersten Blick könnte man denken, dass Verbes­se­rungen einge­treten sind. Es ist jedoch wichtig an diesen auch lang­fristig zu arbeiten, damit eine tempo­räre Verbes­se­rung auch zur stetigen werden kann.

Bleibt gesund und bis bald!

 

Seynep Tan & Antonia Grün

 

 

Unsere Quellen:

Dambeck, Holger: Online­händler profi­tieren massiv von Coro­na­krise. In: Spiegel Wirt­schaft, 28.04.2020. Internet: https://www.spiegel.de/wirtschaft/corona-krise-onlinehaendler-profitieren- massiv-a-44072398-d038-4380-aae5-1272aa6a9be0. Zuletzt einge­sehen am 11.07.2020.

Mahdawi, Arwa: Woke-washing brands cash in on social justice. It’s lazy and hypo­cri­tical. In: The Guar­dian, 10.08.2018. Internet: https://www.theguardian.com/commentisfree/2018/aug/10/fellow- kids-woke-washing-cynical-alignment-worthy-causes. Zuletzt einge­sehen am 22.07.2020.

Rehm, Lena: Warum durch Corona in Heiden­heim mehr Plastik wegge­worfen wird. In: Heiden­heimer Zeitung, 16.06.2020. Internet: https://www.hz.de/meinort/heidenheim/erhoehtes-muellaufkommen-warum-durch-corona-in-heidenheim-mehr-plastik-weggeworfen-wird-47073485.html. Zuletzt einge­sehen am: 21.07.2020.

Mehr Plastik-Müll durch Corona. In: ZDF, 08.06.2020. Internet: https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/coronavirus-plastikmuell-muellaufkommen-100.html. Zuletzt einge­sehen am: 21.07.2020.