Die Brenn­nessel

lat.: urtica

 Volks­tüm­lich auch:

Donner­nessel, Donner­nettel, Dudel­kolbe, Este­kraut, Feuer­kraut, Gicht­rute, Große Neddeln, Hanf­nessel, Nessel, Saunessel, Senz­nessel, Tausend­nessel, Teufels­kraut, Tissel, Tittenkölbl, Zingel.

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Rezepte, Geschichten und Gedicht — Die Brenn­nessel macht deut­lich mehr Spaß, wenn man weiß, was man mit ihr anzu­fangen hat, als wenn man zum x‑ten Mal darunter leiden muss, dass man sie verse­hent­lich im Vorüber­gehen gestreift hat. Doch es ist nicht schwer, sich für die zuge­fügten Schmerzen zu rächen — esst die Pflanze einfach auf.

Rezepte
Brenn­nes­sel­ge­dicht

Fasse sie nicht an, denn sie brennt dich,

so als grif­fest du ins Feuer!

Doch, was so dich will erschrecken,

sei als nütz­lich Kraut dir teuer.

Hinter ihrer biss'gen Miene

will sie Güte nur verstecken

Blatt und Stengel musst du pflücken,

ihren Nutzen zu entdecken.

Jungen Schoss nimm zu Gemüse

aus den Fasern Nessel spinne,

aus dem Saft doch für die Haare

dir ein Elixier gewinne!

- Max Rieple (aus "Kleine Kräuter-Apotheke", 1962)

GESCHICHTE(N)

Wurde im 18. Jahr­hun­dert in Skan­di­na­vien eigens ange­baut, wobei die Fasern der Stengel zur Textil­her­stel­lung und die Blätter als Gemüse Verwen­dung fanden. Gene­rell war sie früher eine der wich­tigsten Faser­pflanzen, da der Stengel ähnlich wie der Lein sehr lange und feste Bast­fa­sern besitzt. Auch in Deutsch­land und Öster­reich stellte man zur Zeit des ersten Welt­krieges wieder aus Nessel­fa­sern Stoff her, da es nicht genug Baum­wolle für die Uniformen der Soldaten gab.

Auch im 2. Welt­krieg tauchte die Brenn­nessel wieder auf, denn ihr Export nach England wurde gestoppt. Die Engländer hätten sie ja nutzen können, um Tarn­farbe daraus herzu­stellen und ihre Verwun­deten zu heilen…

Beson­ders im Mittel­alter, wo Auspeit­schung ja ohnehin als Lösung aller Probleme ange­sehen wurde, sei es nun zur Selbst­be­stra­fung, damit Gott endlich die Pest von der Erde nimmt, oder als tatsäch­lich legi­times (wenn auch schmerz­haftes) medi­zi­ni­sches Mittel, wurde die Brenn­nessel gegen rheu­ma­ti­sche Leiden benutzt, eben durch Auspeit­schung der betrof­fenen Stellen. Durch die hervor­ge­ru­fene Haut­ent­zün­dung aufgrund der Amei­sen­säure entsteht eine gestei­gerte Durch­blu­tung der Haut sowie der darunter gele­genen Organbezirke.

Früher aß man am ersten Tag des Jahres, also am 1. Januar, einen Brenn­nes­sel­ku­chen, um sich ein gutes Jahr zu bescheren. Außerdem gab es am Johan­nistag Brenn­nes­sel­pfann­ku­chen, damit man gegen Nixen- und Elfen­zau­berei immun war.

Hilde­gard von Bingen nannte die Brenn­nessel auch "Dudel­kolbe". Sie verglich den Kolben mit der weib­li­chen Brust­spitze (die man damals auch Tute nannte). Ähnlich entstand wohl auch der Name "Tittenkölbel".

Man mischte Hühnern Brenn­nes­sel­samen ins Futter, sodass sie viele Eier legen würden.

Wenn die Pflanze sehr hoch wuchs, sollte es einen harten Winter geben.

Wenn die Brenn­nessel beson­ders gut blühte, sollte auch die Dinkel­ernte beson­ders gut sein.

Gut gegen Blutarmut

Brenn­nes­seln enthalten sehr viel Eisen!

Wenn du also eine Person bist, die Blut spendet, menstru­iert oder aus anderen Gründen unter Blut­armut leidet, hilft die Brenn­nessel dir bei der Blut­bil­dung und ‑reini­gung – auch z.B. gegen Früh­jahrs­mü­dig­keit und Schlappheit

Gut für das Immunsystem

Außer Eisen enthält die Brenn­nessel noch unter anderem die Vitamine A, C, und E. A ist dabei zuständig für gute Schleim­häute und super, wenn man Veganer*in ist (kommt ansonsten häufig in Fisch, Fleisch, Ei und Milch­pro­dukten vor), C und E ergänzen dies, schützen die Zellen vor oxida­tivem Stress und garan­tieren ene normale Funk­tion des Immun­sys­tems. Außerdem hilft die Brenn­nessel nicht nur bei Abwehr-Schwä­chen, sondern auch bei Abwehr-Über­re­ak­tionen, wie beispiels­weise Allergien

Macht schön

Hilft gegen Haar­aus­fall und Schuppen, festigt Nägel und kann sogar gegen unreine Haut helfen, durch ihre enthal­tene Kiesel­säure, Kalzium und den bereits erwähnten Vitaminen.

Entgiftet

Auf den Kater erst mal einen schönen Brenn­nessel-Tee – oder bei einer Blasen­ent­zün­dung, Mens­trua­ti­ons­be­schwerden. Beson­ders die Blätter im Früh­ling sind dabei sehr wirksam, aber wundert euch nicht, wenn ihr öfter aufs Klo rennen müsst – irgendwie muss das Gift ja raus.

Durch­blu­tungs­för­dernd

Falls ihr auf Schmerzen steht oder einfach was Medi­ka­mente angeht nur sehr sparsam und verzwei­felt seid, könnt ihr die Brenn­nessel auch äußer­lich benutzen und euch mit den Stän­geln abschlagen. Hilft beson­ders bei Gelenk­schmerzen, Arthrose, Gicht und Ähnlichem.

WAS MUSS ICH BEIM PFLÜCKEN UND KOCHEN BEACHTEN?

Wenn man mit Kräu­tern kocht, ist es schwer zu sagen, ob man nun nur zehn Blätt­chen oder gleich zwei­hun­dert Gramm benö­tigt man pflückt einfach so viel man möchte und passt die resti­chen Gege­ben­heiten an. Deswegen sind die Rezepte unten so einfach wie möglich gehalten: um Frei­raum zu geben. Wenn es einem zu herb ist, nimmt man weniger Brenn­nessel. Ansonsten kann man auch immer ein wenig Milch dazu­geben, wenn man es milder mag.

Es versteht sich wahr­schein­lich von selbst, dass es empfohlen ist, beim Pflü­cken Hand­schuhe zu tragen. Achtung, einfache Einmal­hand­schuhe reichen oft nicht. Wer sehr mutig ist oder einen plötz­li­chen und unstill­baren Hunger nach der Pflanze verspürt, kann auch die Schmerzen vermeiden, indem er/sie die Blätter kräftig und ohne Zögern vom Stiel Rich­tung Blatt­spitze hin strei­chend abreißt.

Am besten schme­cken die Blätter, wenn man sie Mai-Juli erntet, obwohl sie noch bis zum November gepflückt werden können. Je älter sie werden, desto bitteren Geschmack nehmen sie an. Später im Jahr sollte man also eher die Spross­spitzen und jungen Blätter sammeln. Nach der Blüte schme­cken die Blätter nicht mehr so gut, dafür aber die Samen, die vom Stängel herabhängen.

Vor dem Kochen immer die festeren Blatt­stiele wegschneiden und alles gut waschen. Nicht abbrühen, denn dadurch gehen die Vitamine und Mine­ra­lien verloren.

Die jungen Blätter im Früh­jahr haben eine beson­ders harn­trei­bende, entgif­tende Wirkung. Das gesamte Kraut ist zur Blüte­zeit beson­ders entzün­dungs­hem­mend. Die Samen im August/September wirken stär­kend. Die Wurzel im März oder im Oktober heilt Blasen- und Prostataleiden.

Brenn­nes­sel­chips

Zusätz­lich benötigt:

Olivenöl

Salz

Pfeffer

Zube­rei­tung:

Blätter in Olivenöl unter Wenden ca. 10 Minuten anbraten und mit Salz/Pfeffer abschmecken.

Brenn­nes­sel­bäll­chen

Zusätz­lich benötigt:

Semmel­brösel

1 TL Butter

Ei (ein halbes pro Person)

Salz

Bohnen­kraut

Basi­likum

 

Zube­rei­tung:

1. Einen Teelöffel Butter mit Semmel­brö­seln verrühren und pro Person ein halbes Ei dazugeben.

2. Fein gehackte Bren­nes­sel­blätter unter­mi­schen. Mit Salz, Bohnen­kraut und Basi­likum würzen.

3. Aus der Masse kleine Klöße formen.

4. In Salz­wasser (oder gleich in der Suppe) kochen.

! Gut als Suppeneinlage !

Haar-Wasser

Zusätz­lich benötigt:

1 Tasse Obstessig

 

Zube­rei­tung:

1. Obst­essig zum Kochen bringen.

2. 1 EL Blätter und/oder Wurzeln mit kochendem Obst­essig übergießen.

3. Nach 10 Minuten abseihen.

! Nach Abkühlen anwenden !

Brenn­nes­sel­suppe

Zusätz­lich benötigt:

Salz

Pfeffer

Dill

Butter/Margarine

Gemü­se­brühe

(Kartof­feln)

 

Zube­rei­tung:

1. Die (jungen) Brenn­nes­sel­blätter in Salz­wasser weich­ko­chen und grob hacken.

2. In etwas Butter andünsten und mit der Brühe auffüllen.

(3. Kartof­feln fein würfeln und hinzu­fügen, wenn man die Suppe sämiger haben möchte.)

4. Mit Dill, Salz und Pfeffer würzen.

Giersch-Brenn­nes­sel­ge­müse

Zusätz­lich benötigt:

Doppelt so viel Giersch wie Brennessel

1 große Zwiebel

Fett (Öl, Butter, Margarine…)

Salz

(Etwas Mehl)

 

Zube­rei­tung:

1. Die Kräuter in Wasser kurz aufko­chen lassen, abseihen und hacken.

2. Zwiebel in kleine Würfel schneiden.

3. Je nach Menge der Kräuter 1–2 Kaffee­tassen voll Wasser in einen Koch­topf schütten und mit der Zwiebel zum Kochen bringen.

4. Die gehackten Kräuter und die nötige Menge Fett dazu­geben, durch­rühren und etwa 20 Minuten bei nied­riger Tempe­ratur kochen.

5. Salzen und nach Geschmack mit etwas Mehl binden.

viel spass beim sammeln und kochen!

Ein Beitrag von Ariane Siebel

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