VOM ANFANG ZUM PROZESS
Du bist gerade in den ersten Semestern deines Studiums? Voller Energie und Inspiration? Du willst endlich selbst kreativ werden, aber du weißt nicht so richtig, wo du anfangen sollst?
Ich habe oft tausend Ideen und scheue mich immer wieder vor der Umsetzung. Deshalb habe ich mich mit drei Hildesheimer Studierenden getroffen und bei einer Tasse Kaffee mit ihnen über Startpunkte, Inspirationsquellen und ihre ersten Projekte gesprochen.
KoerperGrenzKontrollen
Als erstes treffe ich Mera in ihrem Atelier. Sie studiert am Kulturcampus Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis mit dem Schwerpunkt Kunst und Medien. Sie ist künstlerisch tätig unter dem Namen Mera Dorin und arbeitet hauptsächlich mit Fotografie, da sie vor dem Studium bereits als Fotografin gearbeitet hat. Inzwischen sind auch Videoarbeiten in ihrem Repertoire. Wir verabreden uns kurz nach der Vernissage zu ihrer Ausstellung »KoerperGrenzKontrollen.«
Foto: Merve Cowling

Worum geht es in deiner Ausstellung?
Meine Ausstellung heißt »KoerperGrenzKontrollen« und war im Kunstraum 53 in der Hildesheimer Nordstadt zu sehen. Das Projekt beschäftigte sich im weiteren Sinne mit der Verbindung von Körper und Identität und ist sowohl eine sehr subjektive Betrachtung von mir und meiner Selbsterfahrung aus, aber beschäftigt sich auch mit größeren theoretischen Auseinandersetzungen, welche die Verbindung von Körper und Identität betrachten.
Das Projekt und die Ausstellung ist entstanden aus meiner künstlerisch-praktischen Arbeit. Es geht um die Verbindung zwischen Körper und Identität, die Grenzen dieser Zuschreibungen, die über diese Verknüpfung gemacht werden. Und es geht um Momente von Kontrolle, die wir empfinden oder nicht empfinden im Bezug auf unsere Körper oder wie die Gesellschaft mit Körpern umgeht.
Wie hat die Arbeit an diesem Projekt angefangen?
Diese Arbeit beinhaltet mehrere Werke, an denen ich schon lange arbeite und das Konzept schon lange entwickle. Es ist so eine Kulmination aus Themen, an denen ich schon länger arbeite und die sich so als meine Themen herausgestellt haben. Deswegen ist es für mich schwierig zu sagen, wann dieses Projekt genau angefangen hat, weil es so aus anderen Werken und anderen Projekten heraus entstanden ist. Es ist aber generell bei mir immer 'ne Mischung aus visuellem Input und theoretischem Input. Und so war es auch bei diesem Projekt.
Was inspiriert dich?
Wenn ich im Kopf ein Projekt entwickle, dann gehe ich in so einen Zustand, wo ich allen Einflüssen erlaube, auf mich einzuprasseln. Und dann bin ich inspiriert durch Filme, die ich schaue. Dann bin ich inspiriert durch Musikvideos, die ich schaue. Durch Theorie, die ich im Seminar höre. Wenn ich mir das so erlaube, dann ist es ein bisschen, wie auf die Suche zu gehen. Dann gibt es ganz viele Sachen, die mich inspirieren können. Die ich auch vielleicht nur so im Vorbeigehen erlebe, aber die dann einen Eindruck hinterlassen. Und das ist sowohl im Visuellen, als auch von der konzeptionellen Seite.
Was passiert bei dir zwischen der ersten Idee zu einem Projekt und der Umsetzung?
Zwischen der Idee und der Umsetzung passiert bei mir ganz viel Nachdenken. Ich bin eine Person, bei der ein großer Teil der kreativen Arbeit im Kopf passiert.
Kannst du dich an deine ersten Projekte erinnern?
Meine allerersten Bilder waren so Sachen, wo ich mich einfach bei Konzerten mit einer Kamera in die erste Reihe gestellt habe. Ich wusste nicht zu hundert Prozent, wie die Kamera funktioniert. Die war von meiner Mutter geliehen. Ich bin ein wahnsinniger Musik-Nerd und ich wollte einfach diese Stimmung einfangen. Und irgendwie hat es auch geklappt. Also abgesehen von irgendwelchen technischen Kenntnissen, einfach machen.
Die Art und Weise, wie ich jetzt arbeite, also dass ich Projekte mit sehr entwickelten Konzepten habe, hat sich auch nochmal im Rahmen dieses Studiums verstärkt. Also ich habe vorher auch schon fotografisch gearbeitet und mir diese Techniken angeeignet. Und dann bin ich nochmal ins Studium gegangen. Und hier liegt der Fokus sehr stark auf den Konzepten. Und das hat mich nochmal in so eine Arbeitsweise gebracht, bei der ich das mehr als Grundlage entwickelt habe. Auch wenn jetzt bei Weitem nicht alle Projekte, die ich mache, mit dem Studium verbunden sind. Aber diese Art, so etwas anzugehen und Sachen im größeren Kontext zu verorten, das wurde hier nochmal verstärkt. Und diese Thematik, die ich jetzt in der Ausstellung bearbeite, hat auch nochmal dazu beigetragen, dass ich für mich so ein konkretes Thema entwickelt habe, was ich auf diese Weise bearbeiten wollte und vielleicht sogar musste. Dass da auch so ein Drang da war, das zu machen.
Wie schaust du heute auf deine ersten Arbeiten?
Ich schau auf meine ersten Arbeiten mit so ein bisschen Stolz. Vielleicht so wie man auf die Arbeiten seiner Kinder schaut. Ich sehe natürlich, dass das nicht perfekt ist und dass ich da wahnsinnig viel dazu gelernt habe. Aber ich schaue mit so einer Zuneigung auf die Bilder, weil ich bei meinen ersten Arbeiten schon ganz viel von mir und meiner kreativen Stimme und meiner Handschrift sehe. Und ich muss sagen, die Sachen waren auch wirklich nicht schlecht.


Ein Beitrag von Vanessa Flesch, veröffentlicht am 4. Mai 2022
Ausstellungsfotos: Mera Dorin