In der Schlange am Mensa­wagen, im Halb­schatten der Bäume des Lite­ra­tur­gar­tens oder in der Stein­scheune – vor allem im Sommer ist die Domäne ein wunder­barer Ort, um zwischen den Semi­naren ein biss­chen mit Buch­seiten zu rascheln.
Was macht ein gutes Buch für dich aus? Was haben deine Kommiliton*innen zuletzt gelesen? Und darf ein Taschen­buch eigent­lich beim Lesen geknickt werden, oder nicht?
Wir, das sind Mio, Julia, Louise und Anna, nehmen euch mit auf einen Spazier­gang über die Domäne, spre­chen Menschen mit oder ohne Bücher in der Hand an und finden heraus, was und wie der Kultur­campus liest.


Was zieht dich in die Welt der Bücher? Ist es ein verhei­ßungs­voller Titel, das kunst­voll gestal­tete Cover oder eine Empfeh­lung? Die Gründe, warum uns Bücher fesseln, können so viel­fältig sein, wie die Geschichten, die sie erzählen.

Nicolas (KV) vertraut auf „Empfeh­lungen über Social Media“. Er folgt Autor*innen auf Insta­gram oder nimmt Buch­tipps über Podcasts mit auf seine Lese­liste. Diese ist auch stetig am Wachsen. 

Pastell für Romance, ein schwarzer Einband für Krimis und Foto­gra­fien für E‑Literatur: Dass das Aussehen eines Buches Genre-Konven­tionen unter­liegt, fällt wohl spätes­tens beim Betreten eines Buch­la­dens auf. Auch Marcel (LSKJ) sagt, dass er sehr auf das Cover eines Buches achtet: „Ich mag es, wenn es etwas drüber ist. Gerne bunt und mit krasser Aussage — manchmal achte ich bei der Auswahl schon mehr aufs Cover als auf den Inhalt.“ Bei Lara (KuWi) wiederum spielt das Aussehen nur eine mittel­mä­ßige Rolle: „Meis­tens erzählt mir jemand von einem Buch und dann schaue ich, ob es mich inter­es­siert. Wenn dann noch das Cover eine 10/10 ist, dann ist die Wahr­schein­lich­keit sehr hoch.“

💡Ab dem Winter­se­mester 2024 wird es in der Stein­scheune einen Bücher­tausch­schrank geben, wo du bestimmt inspi­rie­renden neuen Lese­stoff finden kannst! 


Wir wollen wissen: Wo liest du deine Bücher? Übri­gens, wenn dir die Leseideen ausgehen, weiter unten findest du eine Slide­show mit Büchern, die aktuell an der Domäne gelesen werden.

Pauline (KuWi) bringt es folgen­der­maßen auf den Punkt, sie liest: „Im Bett, in der Bib und im Urlaub.“ Nicolas (KV) sucht sich ein ruhiges Plätz­chen Zuhause, öffent­liche Räume wie Biblio­theken oder Cafés meidet er eher. Viel­leicht kennst du auch jahres­zeit­ab­hän­giges Lesen, wie es bei Lena (KuWi) der Fall ist: Gerade im Sommer trifft sie sich gerne, um draußen mit Freund*innen auf einer Wiese zu lesen.

💡Such dir an der Domäne einen schönen Ort zum Lesen. Es lohnt sich, ein paar Meter an den Fluss zu laufen.


Beein­flusst so ein Studium eigent­lich unser Lese­ver­halten, die Menge und die Auswahl unserer Bücher? Nicht alle Studis, mit denen wir spre­chen, aber doch einige, berichten von Verän­de­rung ihres Lese­ver­hal­tens seit Studi­en­be­ginn. „Eigent­lich hab ich mir vorge­nommen, möglichst viel in meiner Frei­zeit zu lesen, gerade so im Gegen­satz zu wissen­schaft­li­chen Texten. Aber man merkt schon, wenn man gerade ein text­las­tiges Seminar hat, hat man dann keinen Bock mehr zu lesen“, merkt Helena (KuWi) an. Andere Stimmen berichten auch von neuen Anre­gungen, was den Lese­stoff angeht.

Das Studium kann sowohl in berei­chernder, als auch in einschrän­kender Weise unser Lese­ver­halten beein­flussen. Ob dabei klar unter­schieden wird zwischen frei­zeit­li­chem und univer­si­tärem Lesen, scheint von Studi zu Studi verschieden zu sein.


Auf Social Media trenden Videos, in denen Menschen ihre nach Farben sortierten Bücher­re­gale zeigen. Zwischen zwei Semi­naren setzen wir uns mit an einen Tisch, an dem fröh­lich durch­ein­ander gespro­chen wird, um zu erfahren, wie unsere Kommiliton*innen ihre Bücher aufbe­wahren. „Früher habe ich meine Bücher nach Farben sortiert“, erzählt Natalie (LSKJ). „Aber irgend­wann ging mir das auf die Nerven, seitdem ordne ich sie nach lite­ra­ri­schen Kate­go­rien. Um diese besser vonein­ander abzu­grenzen, stelle ich einige waage­recht, andere senk­recht ins Regal. Aber da passen gar nicht alle rein, einige stehen auch noch auf meinem Klavier und in einem Schallplattenständer.“

„Ach, ich habe gar nicht so viele Bücher“, meint eine andere Person, „die stehen einfach total durch­ein­ander mit allen anderen Dingen, die sonst keinen Platz im Zimmer haben, im Regal – Krims­krams, Schall­platten, Pflanzen.“

„Ich habe in meinem Zimmer nicht so wirk­lich Platz für Bücher, deshalb bewahre ich sie in einem Karton auf. Aber da drin sind sie geordnet, nach bereits gele­senen und unge­le­senen. Ein paar liegen auch auf dem Nacht­tisch“, sagt Mai (SK). Dann spre­chen wir noch kurz über Vorlieben bei Satz und Layout. 

💡Fazit: Neuauf­lagen alter Klas­siker zum Beispiel aus dem Penguin Verlag sind beliebt, vor allem wegen der schönen Einbände mit Prägung; als Nega­tiv­bei­spiel werden die Hamburger Lese­hefte genannt – die Seiten seien schlichtweg zu voll.


Gibt es Bücher, die in jeder Lebens­phase glei­cher­maßen beein­dru­cken würden? Oder kommt es einfach auf den passenden Zeit­punkt an? 

Mai (SK) erzählt, wie Fabian von Erich Kästner ihre Schreib­weise geprägt hat: „Ich mochte, dass vor allem die Gedan­ken­welt der Figuren darge­legt wird, es ist ein weniger atmo­sphä­ri­sches Schreiben – und trotzdem taucht man total in die Geschichte ein.“

Bei Krea­tiv­blo­ckaden oder Selbst­zwei­feln als ange­hende Kultur­schaf­fende empfiehlt Stina (KV) Rainer Maria Rilke. „Ich mag dieses eine Zitat aus Briefe an einen jungen Dichter total gerne: 

‚Da gibt es kein Messen mit der Zeit, da gilt kein Jahr, und zehn Jahre sind nichts, Künstler sein heißt: nicht rechnen und zählen; reifen wie der Baum, der seine Säfte nicht drängt und getrost in den Stürmen des Früh­lings steht ohne die Angst, daß dahinter kein Sommer kommen könnte.'

Rainer Maria Rilke

Ich finde, das inspi­riert zu Gelas­sen­heit. Wenn man mal nicht weiter­kommt mit einem Projekt, kann man sich sagen: Naja, man kann eben Äpfel nicht im März ernten – viel­leicht braucht es noch eine Weile, um zu reifen, aber schluss­end­lich kommt sicher etwas Gutes dabei heraus.“


Die Reak­tionen auf neugie­rige Fragen nach Lese­ge­wohn­heiten und Buch­emp­feh­lungen fielen unter­schied­lich aus. Viele Studis begannen sofort begeis­tert zu erzählen – über soge­nannte Hoch­li­te­ratur genauso wie über Unter­hal­tungs­ro­mane. Andere reagierten verhal­tener. „Naja, ich würde dir jetzt so einen Fantasy-Jugend­roman empfehlen, aber das ist bestimmt nicht das, worüber ihr schreiben wollt“, war eine der Antworten.

Früher habe Lara häufig einen Produk­ti­vi­täts­ge­danken beim Lesen gehabt und so auf fiktive Geschichten verzichtet. „Später habe ich mit Liebes­ro­manen ange­fangen und gemerkt: Ich bin gar nicht so unemp­fäng­lich für Literatur!“

Auch Marcel (LSKJ) wägt bei der Frage etwas länger ab, wer sein Lieb­lings­cha­rakter sei, und sagt schließ­lich: „Alice aus Twilight von Stephenie Meyer finde ich aber ziem­lich cool. Damals, als ich Twilight gelesen habe, fand ich die verspielte Art in diesem ernsten Setting sehr erfrischend.“

Manche fühlen sich auf Grund­lage dessen, was sie lesen, beur­teilt. An einem akade­misch-durch­ge­stylten Ort wie der Domäne kann das Bücher­regal zur Aushän­ge­tafel der eigenen Persön­lich­keit oder zu einem beinahe intimen Ort werden.

Umso schöner ist es, mitzu­be­kommen, dass am Lite­ra­tur­in­stitut zuneh­mend auch Veran­stal­tungen zum Beispiel zu Fantasy ange­boten werden. Ebenso wie Kinder­li­te­ratur scheint sich auch soge­nannte Genre­li­te­ratur nach und nach an der Uni zu etablieren.


Kannst du dich noch an dein erstes Lieb­lings­buch deiner Kind­heit erin­nern? Etwas, was du immer wieder vorge­lesen bekommen woll­test, was dich moti­viert hat selber weiter­zu­lesen oder was du sowieso schon heim­lich unter der Bett­decke verschlungen hast?

Auch in Lous (KuWi) Kind­heit war es Ritual, viel vorge­lesen zu bekommen und sie meint, dass „das Vorlesen sehr ausschlag­ge­bend für mein Lesen war. Mir wurde jeden Abend vorm Zubett­gehen vorge­lesen und irgend­wann habe ich dann einfach selber weiter­ge­lesen.“ Lous Favo­riten: Petterson und Findus von Sven Nord­quist sowie Das große Giggler-Geheimnis von Roddy Doyle.

Marcel (LSKJ) weiß, dass sein erstes Lieb­lings­buch über Drachen und zum Leben erweckte Spiel­zeuge maßgeb­lich dazu beigetragen hat, dass er seither gerne fantas­ti­sche Lite­ratur liest, während Niclas' (PKM) Lieb­lings­kin­der­buch noch immer sein All-Time-Favorit ist: „Ich habe schon zwei Arbeiten über den kleinen Prinzen geschrieben und hatte mal darüber nach­ge­dacht auch meine Bache­lor­ar­beit darüber zu schreiben.“ Er weiß, dass ihm das Spiel mit der Einsam­keit und trotzdem der Welt­aus­blick bereits als Kind gut gefallen hat und bezeichnet seine Bezie­hung zur Geschichte des kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupéry sogar selbst als Obsession.

Im Gespräch mit Lara (KuWi) erzählte sie, dass sie gar kein Lieb­lings­kin­der­buch hatte und ihre Eltern maximal im Urlaub ein Buch in die Hand genommen haben. Jeden Abend vorge­lesen bekommen? Daran erin­nert sie sich nicht. Später, so erzählt sie, habe sie dann Greg’s Tage­bü­cher von Jeff Kinney verschlungen, weil die in ihrem Comic­stil ein sehr einfa­cher Einstieg ins selbst­stän­dige Lesen waren.

Mios Lieb­lings­kin­der­buch steht noch immer in ihrem Bücher­regal und ist nun schon vier Mal mit ihr umge­zogen: „Dabei habe ich es seit mehr als fünf­zehn Jahren nicht mehr gelesen. Aber zusätz­lich zu einer guten Geschichte haftet an diesem Buch auch die kind­liche Erin­ne­rung, wie viel mir damals bereits Lite­ratur bedeutet hat.“


Ebenso verschieden wie emotional fallen die Ansichten aus, wenn es um unseren Umgang mit dem mate­ri­ellen Gegen­stand Buch geht. „Dürfen deine Bücher gelesen aussehen?“, wollen wir von unseren Gesprächspartner*innen wissen und erhalten eine Antwort von Wieke (PKM): „Ich gehör' auch zu diesen Leuten, die sich Mühe geben, keine Lese­rillen in Taschen­bü­cher zu machen. Es ist einfach nicht mein Ding, etwas, das ich liebe, zu beschä­digen“, fügt sie hinzu. Der gute Zustand sei auch super prak­tisch, um ausge­le­sene Bücher noch weiter verkaufen zu können.

Jenseits von konträren Meinungen erhält Louise (PKM) auf Nach­frage auch einige Kompro­miss­vor­schläge:
💡Statt Zitate zu unter­strei­chen, ließen sich diese wunderbar in Notiz­hefte über­tragen oder man umgebe sich gar nicht erst mit brand­neuen Büchern, die gut behan­delt werden möchten. „Ich kauf' nur noch alte Bücher, die eh schon Ecken und Knicke haben, weil dann hab ich's nicht kaputt gemacht“, erklärt Melina (LSKJ).

Ob es nun Gewis­sens­fragen, ästhe­ti­sche oder prak­ti­sche Erwä­gungen sind, viele Domäne-Studis scheinen klare Posi­tionen zum rich­tigen Umgang mit Buch­rü­cken und bedruckten Seiten zu haben. Viel­leicht, weil ein Buch doch ein biss­chen mehr ist, als nur ein Gebrauchsgegenstand.


Was machen wir mit den Büchern, die wir mal geschenkt bekommen haben, die sich aber als unpas­send heraus­stellten? Lena (KuWi) berichtet, dass sie von ihrem ehema­ligen Mitbe­wohner das Buch Die Kunst, kein Egoist zu sein: Warum wir gerne gut sein wollen und was uns davon abhält von Richard David Precht geschenkt bekommen hat, obwohl er sich wohl hätte denken können, dass das nicht ihr Fall sei. 

Wir haben uns über­legt, welche weiteren Möglich­keiten es für diese spezi­ellen Bücher gibt. Du könn­test ein Buch einfach bei der nächsten Gele­gen­heit zurück­schenken oder es ganz anonym in einen Bücher­schrank stellen, hier findest du eine Auflis­tung von Bücher­schränken in Hildes­heim und einen weiter­füh­renden Artikel von Elisa­beth Lehmann. Wenn du eine Person in deinem Bekann­ten­kreis kennst, die das Buch lesens­werter finden könnte, kannst du es weiter­geben. Sollte das Buch aber wirk­lich unter keinen Umständen erkannt oder gelesen werden, dann bleibt immer noch die Möglich­keit eine lustige Zwirbel, eine Vase oder Deko­ra­tion daraus zu basteln. Wenn du auf die Bilder unten klickst, findest du die passende Anlei­tung für dein nächstes Upcycling-Projekt.


Wir hoffen, du hast zwischen­durch ein wenig geschmun­zelt, konn­test den Beitrag als Anstoß nehmen, über dein eigenes Lesen nach­zu­denken und viel­leicht ein oder zwei Bücher auf deine Lese­liste zu ergänzen. Berichte uns gerne in den Kommen­taren, welches Buch aus deinem Bücher­regal nicht mehr wegzu­denken ist.

Vielen Dank an alle Menschen, die sich Zeit für eine Unter­hal­tung mit uns genommen haben!
Bei Insta­gram haben wir gefragt, was ihr zuletzt gelesen habt. Die Antworten findest du hier in der Slideshow:

Ein Beitrag von: Anna Hohage, Julia Oepen, Louise Paulke und Mio Bischof, veröf­fent­licht am 16.07.2024