- Mittwoch, 20.07.2022 -

9:30 Uhr - 13:00 Uhr Dekoloniales Geschichtslernen und Erinnern

 

Viola B. Georgi (Moderation und Input)

 

Prof. Dr. Viola B. Georgi ist Professorin für Diversity Education und Direktorin des  des Zentrums für Bildungsintegration an der Universität Hildesheim. Zuvor war sie Juniorprofessorin für Interkulturelle Bildung an der Freien Universität Berlin. Sie arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Soziologie der Goethe-Universität Frankfurt und am Zentrum für angewandte Politikforschung der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Diversity Studies und Demokratiepädagogik, Migrations- und Integrationsforschung, Memory Studies, Bildungsmedien und Schulbuchanalysen sowie Schulentwicklung und Lehrer:innenbildung. Sie verfügt über internationale Forschungserfahrung, u.a. als Research Fellow und Visiting Scholar an der York University in Toronto (Kanada), der Universität Uppsala (Schweden) und der University of California, Los Angeles (USA). Sie ist als Beraterin für verschiedene deutsche Stiftungen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Städte und Regierungen tätig, wie z. B. für den Sachverständigenrat für Integration und Migration.

 

 

María do Mar Castro Varela

Wissen, Erinnerung, Vergessen und Ignoranz. Fragen an eine Postkoloniale Bildung

Geht es bei Erinnerungspolitiken nur darum, wer und was erinnert wird oder geht es nicht vielmehr grundsätzlich um die grundsätzliche Frage nach einer Bildung, die dazu befähigt, die eigenen partikularen Grenzen bei der Thematisierung von Gerechtigkeit zu überschreiten? Postkoloniale Bildung bietet keinen neuen Kanon an, sondern schärft die selbstkritische Hinterfragung von Wissensproduktionen. Ebenso öffnet und regt sie andere Formen des ethischen Erinnerns an. Postkoloniale Bildung ist damit kein Imperativ, aber eine ethische Infragestellung hegemonialer Bildungsvorstellungen, die gerechtere Zukünfte denken hilft.

 

Prof. Dr. María do Mar Castro Varela, Diplom-Psychologin, Diplom-Pädagogin und promovierte Politikwissenschaftlerin ist Professorin für Allgemeine Pädagogik und Soziale Arbeit an der Alice Salomon Hochschule Berlin. Unter anderem war sie Sir Peter Ustinov Gastprofessorin am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien, Senior Fellow am Institut für die Wissenschaft des Menschen (IWM) ebenfalls Wien und Research Fellow am Institut for the Humanities and International Law in Melbourne (Australien), der University Busan (Südkorea) und am Research Center for Women’s Studies (RCWS) der University Mumbai. Sie ist Mitglied der Forschungsgruppe „Radiating Globality“, Gründerin und Mitglied des bildungsLab* (bildungslab.net), Vorsitzende des Berliner Instituts für kontrapunktische Gesellschaftsanalysen und Principal Investigator des Forschungsprojekts DigitalerHass.

 

 

Ozan Zakariya Keskinkılıç

„Unser Land/Barbarenreich“. Erinnerungen, Räume und Biografien rassifizierter Subjekte in Verwobenheit und Ambiguität

*Abstract*

In seinem Vortrag beleuchtet Ozan Zakariya Keskinkılıç imaginäre Geografien der deutschen Spielart „unser Land/Barbarenreich“ (E. Said) Ende des 19., Anfang des 20.Jahrhunderts. Er widmet sich Schauplätzen kolonialer Inszenierungen in und um Berlin, der Migration rassifizierter Menschen und ihren alltäglichen Spuren in einer verflochtenen Stadtgeschichte (verwobenegeschichten.de). Keskinkılıç diskutiert die Beziehung zwischen Raum, Körper und Erinnerung und stellt Fragen an die (Re-)Konstruktion von Biografien unter rassismuskritischen, widerständigen und Community-orientierten Vorzeichen. Welche Aspekte marginalisierter Geschichten werden akzentuiert, welche vernachlässigt? Und wie gelingt eine kritische Erinnerungspraxis, in der die Sicht der Anderen hegemoniale (Wissens-)Ordnungen irritieren und zugleich in Verwobenheit und Ambiguität erzählt werden?

 

Ozan Zakariya Keskinkılıç ist Politikwissenschaftler, Autor und Gastdozent an der Alice-Salomon-Fachhochschule in Berlin. Seine Forschungsinteressen umfassen (antimuslimischen) Rassismus, Antisemitismus, Orientalismus und jüdisch-muslimische Beziehungen sowie Subjekt, Erinnerung und kritische Kulturproduktion. Er ist Mitherausgeber des Sammelbandes Fremdgemacht&Reorientiert. jüdisch-muslimische Verflechtungen und Autor des Buches Muslimaniac. Die Karriere eines Feindbildes. Im Jahr 2021 wurde Keskinkılıç zum Mitglied der Berliner Kommission gegen antimuslimischen Rassismus ernannt. In diesem Jahr trat er der neu gegründeten Coalition for Pluralistic Public Discourse (CPPD) bei, einem deutschen Netzwerk für Erinnerungskultur und Vielfalt. Keskinkılıç ist außerdem Doktorand an der Humboldt-Universität zu Berlin und Stipendiat des Avicenna Studienwerks.

 

 

Paul Mecheril

Was es hieße die pädagogische Illusion der Autonomie zu dekolonisieren? 

Die Idee der Autonomie des Subjekts und der Gestaltbarkeit gesellschaftlicher Verhältnisse durch das Subjekt ist zentral für die neuzeitlich-okzidentalistische Pädagogik.  Vielleicht können drei zentrale Kritikpunkte aus dekolonialer Perspektive am okzidentalistischen Autonomieverständnis als besonders bedeutsam bezeichnet werden: Kritik der Vernunftlastigkeit der Autonomie, Kritik der Gewalt der Autonomie, Kritik der Verhinderung der Autonomie der Anderen im Zeichen der Autonomie. Dass Autonomie in der Kritik dekolonialer Ansätzen insofern nicht nur Gegenstand, sondern auch Maßstab der Kritik von (kolonialen) Verhältnissen darstellt, in denen Autonomie differentiell verhindert wird, führt zu der Frage, was diese Kritik für die normative Orientierung (in) der Pädagogik bedeuten kann. 

 

Dr. Paul Mecheril ist Professor für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Migration an der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Bielefeld. Seine Forschungsschwerpunkte sind Pädagogische Professionalität, migrationsgesellschaftliche Zugehörigkeitsordnungen und Bildung und Rassismusforschung.