Biodiversität auf dem Campus

Die Universität Hildesheim möchte die Biodiversität an ihren Standorten schützen und durch geeignete Maßnahmen Schritt für Schritt erhöhen. Ziel ist es, die Campus als Lern- und Lehrorte im Sinne von BNE naturnäher und biodiverser zu gestalten und diese Entwicklung im Rahmen von Lehrveranstaltungen und Forschungsprojekten wissenschaftlich zu begleiten.

Um Wissen, Erkenntnisse und Erfahrungen zur Förderung von Biodiversität an Hochschulen auszutauschen und zu bündeln, engagiert sich das Institut für Biologie und Chemie der Universität Hildesheim aktiv im Netzwerk Hochschulinitiativen für Biodiversität (HIB).

Artenreiche Wiesenflächen

Seit 2021 wird auf Initiative der Arbeitsgruppe Vegetationsökologie & Naturschutz am Institut für Biologie und Chemie auf zwei kleinen Rasenflächen hinter dem G-Gebäude des Hauptcampus nur noch an zwei Terminen im Jahr gemäht. Seitdem haben sich diese Flächen in artenreiche Wiesen entwickelt, die nun als Vorbild für eine Ausweitung des Pilotprojekts dienen sollen. Die Pilotphase hat gezeigt, dass im Rasen des Universitätsgeländes bereits mehr als 40 verschiedene Kräuter und Gräser vorkommen. Dort, wo sie wachsen dürfen, ziehen sie bereits jetzt auffallende Insekten wie die Blauflüglige Ödlandschrecke oder den Aurorafalter an.

Im April 2024 geht das Projekt in eine neue Phase. Es entstehen drei zusätzliche Wiesenflächen am Hauptcampus sowie weitere Wiesenflächen am Samelson- und Bühler-Campus. Diese Flächen werden ebenfalls nur zweimal im Jahr gemäht, um die Biodiversität zu erhöhen. Ergänzend werden dort Fledermauskästen installiert, um die Grundlage für vielfältige Interaktionen zwischen Tieren und Pflanzen zu schaffen.

Die Ausweitung artenreicher Wiesenflächen an den Standorten der Universität geht auf eine Kooperation zwischen Green Office, Arbeitsgruppe Vegetationsökologie & Naturschutz am Institut für Biologie und Chemie sowie Hausdienst (Dezernat 4) zurück. Unterstützt wird das Vorhaben auch durch den Umwelt- & Nachhaltigkeitsausschuss des StuPa und den UWS-Studierenden Daniel Goss, der das Vorhaben im Rahmen eines Studienprojektes voranbringt. Die Akteur*innen setzen das Projekt in enger Zusammenarbeit um und evaluieren die Maßnahmen regelmäßig, um das Ziel eines naturnäheren und biodiverseren Campus weiter zu verfolgen.

 

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Weiterführende Informationen

Artenreiche Wiesenflächen

Um dem Aufkommen von Gehölzen und einer damit einhergehenden Verbuschung entgegenzuwirken und eine Pflanzengesellschaft des Grünlandes zu erhalten, ist die Bewirtschaftung in Form von Beweidung oder Mahd eine notwendige Pflegemaßnahme durch den Menschen. Ein ausschlaggebender Parameter für die Zusammensetzung der Arten im seminatürlichen Grünland ist unter anderem die Häufigkeit und der Zeitpunkt der Bewirtschaftung.

So sind in wöchentlich gemähten Flächen lediglich Arten zu finden, die häufige Störungen durch den Schnitt aufgrund von Anpassungen wie einem niedrigen und schnellen Wuchs, rascher Fruchtreife und Blütezeitpunkten vor dem ersten bzw. nach dem letzten Mahdtermin ertragen. Beispiele hierfür sind der Löwenzahn (Taraxacum officinale), das Gänseblümchen (Bellis perennis) und der Breitwegerich (Plantago major). Hochwüchsige und blütenreiche Kräuter mit höheren Lebensraumansprüchen sind oft besonders attraktiv für die Insektenfauna. Jedoch haben diese Arten in Flächen mit häufigen Mahdintervallen keine Chance, was zunehmend zum Verlust der Biodiversität führt.

Im Gegensatz hierzu haben Pflanzen wie die Wiesenmargerite (Leucanthemum vulgare) die Wilde Möhre (Daucus carota), die Wiesenflockenblume (Centaurea jacea) oder der Hornklee (Lotus corniculatus) auf selten gemähten Flächen genug Zeit für ihre Entwicklung. Diese locken auf den Flächen am Hauptcampus bereits Insektenarten wie den seltener werdenden Aurorafalter (Antocharis cardamines) oder die in Niedersachsen stark gefährdete Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens) an, was für den Erfolg des Wiesenprojektes spricht.

Die Vielfalt der unterschiedlichen Standorte der Wiesenflächen am Haupt-, Bühler- und Samelson-Campus fördern in Kombination mit der starken Reduzierung der Mahdfrequenz auf einen ersten Termin im Mai/Juni sowie einen zweiten Mitte September ein breites Artenspektrum. Anfang Juni 2024 wurden alleine auf den Wiesenflächen am Hauptcampus bereits etwa 65 Arten erfasst, welche sich von hier aus auf Standorte im Umland ausbreiten können. Die weitere Evaluation durch ein angepasstes Methodendesign wird fortlaufend gemeinsam mit dem Institut für Biologie und Chemie durchgeführt.

Fledermauskästen

Ergänzend zu dem sich auf natürlichen Wegen einstellenden Nahrungsnetz zwischen Pflanzen, Insekten und Insektenfressern wurden am Bühler- und Samelson-Campus Quartiere für Fledermäuse installiert. Insgesamt zählt Deutschland 25 einheimische Fledermausarten, die durch die Vernichtung ursprünglicher Habitate und den Rückgang an Nahrungsquellen durch intensive Forst- und Landwirtschaft zunehmend bedroht sind.  Eine Möglichkeit die Tiere zu unterstützen, ist die Anbringung von Schutzkästen an geeigneten Standorten. Dies ist im Vergleich zu anderen Arterhaltungsprogrammen mit einem geringen Aufwand verbunden und stellt zudem auch für die private Initiative eine leicht umsetzbare Maßnahme dar.

Die blütenreiche Flora der Wiesenflächen bietet gute Ausgangsbedingungen für die Ansiedlung von Fledermäusen, insbesondere durch eine Ergänzung des vorkommenden Arteninventars mit nachts blühenden Arten wie der Wegwarte (Chicorium intybus), der Nachtkerze (Oenothera) und der Königskerze (Verbascum). Im Laufe des Jahres 2024 werden die auf den Flächen vorkommenden Arten mittels akustischer Fledermausdetektoren erfasst.

Tipps für die eigenen Flächen

Für die Umsetzung ähnlicher Wiesenprojekte zur Erhöhung der Biodiversität im eigenen Privatgarten oder auf Grünflächen von Firmen und anderen Institutionen finden Sie hier einige Aspekte, auf die bei Planung, Erstellung und anschließender Pflege geachtet werden sollte:

  • Verwendung regionalen Saatguts: Da bei der Einbringung von Samen aus gebietsfernen Gegenden zwischen den Populationen genetische Komplikationen auftreten können, ist die Verwendung von regionalem Saatgut sehr wichtig. Hierbei ist auf Gütesiegel und das Ursprungsgebiet der Region zu achten (in Deutschland gibt es 22 Ursprungsgebiete, worüber ein seriöse Saatguthandel informieren sollte).
  • Standortangepasstheit: Welcher Boden? Wie viel Licht? Wie feucht oder trocken? Dies sind die Hauptparameter, auf welche bei der Wahl einer Saatgutmischung zu achten ist.
  • Die Ansaat: Unbedingt auf freien Boden ausbringen, richtige Menge aussähen (als Trick kann das Saatgut z. B. mit Schrot aus Maiskörnern gemischt werden), anschließend anwalzen und bei Keimung in Trockenperioden gießen.
  • Eine an das Arteninventar angepasste Mahd und der Abtransport für weniger Nährstoffe in der Fläche schafft bessere Bedingungen für Arten, die sonst von wuchernden Nährstoffzeigern wie der Brennnessel (Urtica dioica) verdrängt werden.
  • Förderung blühreicher Kräuter und Verhinderung der Grasdominanz durch Mahd im Mai (das ist der Blütezeitpunkt vieler Gräser).
  • Für die erleichterte Einwanderung weiterer Arten ist es sinnvoll Flächen auszuwählen, die an artenreichere Habitate anschließen.
  • Keine Baumarktpflanzen! Diese Züchtungen besitzen meist wenig bis keinen Nutzen für Tiere und sind steril, was zu Kosten durch jährlichen Neukauf führt, während sich natürliche Arten von alleine aussähen und verbreiten können.

Gute Nistkästen und Insektenhotels, flache Wassertränken mit Ein- und Ausstieg, Steinhaufen und ungestörte Ecken für den Grünschnitt (verschiedene Astgrößen und Laubhaufen) sind sinnvolle Unterstützungen für Insekten, Vögel und Säugetiere. Diese halten die Grün- und Gartenflächen wiederum gesund

Alle Fotos Anja Becker/Green Office Hildesheim