Wie Kindergarten und Vorschule entstanden

mardi, 08. octobre 2013 um 11:02 Uhr

Entwicklung in Europa und USA seit 1850: Eine internationale Fachkonferenz erklärt Unterschiede in der historischen Kindergarten- und Vorschulentwicklung in Europa und den USA. Prof. Dr. Kirsten Scheiwe untersucht an der Universität Hildesheim, wie sich das Verhältnis von öffentlicher und privater Erziehung wandelt.

Seit August gilt für Ein- bis Dreijährige ein Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. „Das ist ein Fortschritt in Richtung Wahlfreiheit. Alle Kinder haben ein Recht auf einen Platz, es ist ein universeller Anspruch – unabhängig davon, ob Vater oder Mutter erwerbstägig, alleinerziehend oder arbeitslos sind“, sagt Kirsten Scheiwe, Professorin für Recht sozialer Dienstleistungen an der Universität Hildesheim. „Die Qualität bei der Schaffung von Kita-Plätzen und in der Kindertagespflege ist entscheidend“, sagt Scheiwe. Allerdings führen die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung für Erzieherinnen und Erzieher zu hoher Fluktuation, Fachkräftemangel und Engpässen.

Das Verhältnis von öffentlicher und privater Erziehung hat sich in Deutschland gewandelt. „Im europäischen Vergleich ist die Bundesrepublik eher ein Nachzügler. Wir nähern uns dem Modell von skandinavischen Ländern, Frankreich und Belgien an – in Belgien besuchten schon um 1900 etwa 60 % der über Dreijährigen eine Vorschule“, sagt Kirsten Scheiwe. Der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Kinder ab drei (seit 1996) und für Kinder ab einem Jahr (ab 2013) markieren diesen Prozess ebenso wie die zunehmende Einführung von Ganztagsschulen. Die Zahl der Inobhutnahmen durch das Jugendamt und familiengerichtliche Sorgerechtseingriffe und die Nachfrage nach Jugendhilfeangeboten habe zugenommen, so Scheiwe.

Wie haben sich Kindergärten und Vorschulen in Europa und Nordamerika seit 1850 entwickelt? Wie lassen sich heutige Unterschiede und Gemeinsamkeiten erklären? Vom 10. bis 12. Oktober 2013 tagen Rechtswissenschaftler, Soziologen, Geschichts- und Politikwissenschaftler an der Universität Hildesheim. Erstmals wird auf der internationalen Forschungskonferenz „Kindergarten and preschool developments in Europe and North America" die Zeitspanne seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts betrachtet. „Wo Kirche und Staat mit Erziehungsangeboten in starker Konkurrenz agierten, wurde die Ausbreitung von Betreuungsangeboten begünstigt“, so eine These der internationalen Konferenz, die Prof. Dr. Harry Willekens mitorganisiert hat.

Über Vorschulen in Italien spricht Angelo Gaudio, über das Verhältnis von Staat und Kirche in der frühkindlichen Erziehung in Spanien referiert Carmen Sanchidrian Blanco. Susanne Wiborg zeigt etwa die Entwicklung in skandinavischen Ländern auf. Larry Prochner und Adrienne Chambon sprechen über neue erzieherische Wege in Canada und über Einflüsse aus den USA und Großbritannien von 1900 bis 1935. Meike Baader, Professorin für Erziehungswissenschaft an der Universität Hildesheim, erklärt Schnittpunkte der deutschen Frauen- und Kindergartenbewegung im 19. und 20. Jahrhundert. Karen Hagemann vergleicht politische Entwicklungen von 1945 bis 1989 in Ost- und Westeuropa.

Bereits die Vorläuferkonferenz 2006 und das Buch „Child care and preschool development in Europe“ (Palgrave Macmillan) wurden stark nachgefragt.

Interview mit Prof. Kirsten Scheiwe, Hildesheimer Allgemeine Zeitung


Wie haben sich Kindergärten und Vorschulen in Europa und Nordamerika seit 1850 entwickelt? Dazu forscht eine Gruppe um Prof. Dr. Kirsten Scheiwe an der Uni Hildesheim. Foto: Isa Lange/Uni Hildesheim

Wie haben sich Kindergärten in Europa und Nordamerika entwickelt? Dazu forscht eine Gruppe um Prof. Dr. Kirsten Scheiwe an der Uni Hildesheim. Foto: Isa Lange/Uni Hildesheim

Wie haben sich Kindergärten in Europa und Nordamerika entwickelt? Dazu forscht eine Gruppe um Prof. Dr. Kirsten Scheiwe an der Uni Hildesheim. Foto: Isa Lange/Uni Hildesheim