Vernetzung tut not!

samedi, 27. mars 2004 um 16:46 Uhr

Betrachtungen zur Alumniarbeit

In einer immer unübersichtlicheren, zerfaserten Welt drängt sich als Rettungsgedanke zunehmend das Wort "Vernetzung" in den Vordergrund. Auch an der Universität Hildesheim. Schön. Die stärkere Einbindung von Alumni und Alumnae in die Geschicke der Universität ist mehr als sinnvoll. Alle Beteiligten profitieren davon. Sei es in Form von Jobbörsen und Kontakten zu kulturellen Einrichtungen in immer mehr deutschen Städten für die Absolventen selbst oder in Form von Feedback.

Für Studierende sind Informationen bezüglich des übergangs ins Berufsleben wichtig, für Lehrende kann Rückmeldung betreffs der inhaltlichen Ausrichtung der Lehre auf den späteren Berufsalltag hilfreich sein.

Für Studierende sind Informationen bezüglich des übergangs ins Berufsleben wichtig, für Lehrende kann Rückmeldung betreffs der inhaltlichen Ausrichtung der Lehre auf den späteren Berufsalltag hilfreich sein.

Mir geht es an dieser Stelle allerdings nicht so sehr um das "Warum", sondern mehr um das "Wie". Denn obwohl die Gründe für Vernetzung auf der Hand zu liegen scheinen, ist das Interesse bei Studierenden und Absolventen eher mager. Und verordnen lässt sich Vernetzung nun einmal nicht. Schon gar nicht bei den "Kreativen" in den kulturwissenschaftlichen Studiengängen, die unter Umständen individualistisches Denken als Quelle der Kreativität vehement verteidigen. Im Folgenden möchte ich mich zwei Faktoren, die für eine erfolgreiche Vernetzung von Universität und Alumni eine entscheidende Rolle spielen, etwas eingehender widmen:

1. Die Universität Hildesheim mit all ihren Vorzügen und herausragenden Studiengängen kann Eines nicht, was aber auch kaum eine andere Bildungsinstitution kann: effektiv in eine Richtung arbeiten. Denn "Interessengemeinschaft", wie oben formuliert, kann leider nur so verstanden werden, dass jede für die Alum­niarbeit relevante Gruppierung (Hochschulleitung, Lehrende, Studierende, Absolventen, Verwaltung) allenfalls ihre eigenen Interessen durchzusetzen versucht. Das Bild vom "an einem Strang ziehen" könnte, zwar politisch unkorrekt, aber inhaltlich zutreffend, ersetzt werden durch "an den Armen eines Kraken ziehen".

Im Interesse einer echten Gemeinschaft sind jedoch alle dazu aufgefordert, sich einem gemeinsamen Interesse und einem gemeinsam formulierten Ziel unterzuordnen und gleichberechtigt daran zu arbeiten. Denn Alle können und müssen ganz unterschiedliche, gleichwohl wichtige Beiträge liefern.

Die Hochschulleitung kann Weichen stellen, Lehrende und Absolventenvereine können auf ergänzende Art und Weise die Bindung Studierender an die Universität verstärken, außerdem können die Vereine die Studierenden direkt "abholen" und wirklich arbeitende Netzwerke und Datenbanken gründen.

Doch selbst wenn das oben geforderte Wirklichkeit werden sollte, ohne Berücksichtigung eines zweiten Faktors wären alle Bemühungen zum Scheitern verurteilt:

2. Nur aus Einsicht in die Notwendigkeit einer Sache handelt zwar eventuell die Hochschulleitung, aber nicht die Zielgruppe unserer Ver­netzung, die Studierenden.

Jeder Werbefachmann wird ohne Zögern bestätigen, dass man heute kein Produkt, egal wie gut oder hilfreich es ist, vermarkten kann, ohne gleichzeitig ein Image und Emotionen zu verkaufen. Andersherum ausgedrückt: Wenn ich (als potentieller Kunde) nichts dabei fühle, ist es nichts wert. Dies gilt auch für das Produkt "Vernetzung". Die Absolventen sind Kunden unserer Interessengemeinschaft. Wir wollen etwas von ihnen und das heißt, wir wollen ihnen etwas verkaufen und müssen ihnen daher etwas bieten!

Mancher mag sich der Haltung, dass man Inhalte vermarkten muss, die für sich selbst sprechen können, noch verschließen. Trotzdem: Auch für erfolgreiche Alum­niarbeit gibt es keine andere Lösung. Entscheidend ist, dass zusätzlich zum tatsächlichen Nutzen nur eine emotionale Bindung an die Universität und die Studiengänge größere Mengen Studierender ver­net­zungswillig macht!

Auch an dieser Herausforderung müssen Alle arbeiten, wobei die Absolventenvereine "an der Front" die schwierigste Aufgabe haben. Wie mein Vorgänger Harald Kother formulierte, sie müssen "sexy" sein. Und das ist schwierig. Vereine polarisieren: Für die einen sind sie Heimstätte, für die anderen verkörpern sie deutsche "Vereinsmeierei". Polarisierung ist jedoch der Beginn von Emotionen und das ist allemal verkaufsfördernd, wie wir spätestens seit Dieter Bohlens Marke­tingstrategien wissen. Und Herr Bohlen verzichtet dabei vollständig auf Inhalte.


mueller(at)uni-hildesheim.de