Universität Hildesheim fordert Stärkung vorhandener IT-Kompetenz

samedi, 01. avril 2000 um 00:00 Uhr

Präsidentin bietet dem Ministerium Konzept an

Ein Blick zurück: 1996 werden an der Universität Hildesheim per Verordnung die Diplom-Studiengänge Informatik und Wirtschaftsmathematik geschlossen. Gerhard Schröder ist zu diesem Zeitpunkt Ministerpräsident in Niedersachsen. Der Senat der Universität strengt daraufhin ein Normenkontrollverfahren vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg an. Am 15. Juni 1999 wird dieser Klage stattgegeben und die Aufhebung der Studiengänge für rechtswidrig erklärt.

Ein Gespräch zwischen der Präsidentin Dr. Ulla Bosse und Wissenschaftsminister Thomas Oppermann machte schnell deutlich, dass es zunächst keinen Ausgleich für den erlittenen Schaden geben wird. Das Land habe dafür keine zur Verfügung stehenden Mittel.

Mit Beginn des Jahres 2000 wird nun offensichtlich: Es gibt einen Mangel an IT-Fachkräften. Die von Bundeskanzler Gerhard Schröder vorgeschlagene "Green Card" für ausländische IT-Fachkräfte bestätigt die Position der Universität Hildesheim und ist Anlass auf die vorhandenen Kompetenzen der Universität im Bereich Informationstechnologie hinzuweisen. Deren Ausbau ist überfällig.

Dies betrifft insbesondere den 1998 aus verbliebenem Know-how in der Mathematik und Informatik erfolgreich aus Eigenmitteln eingeführten Weiterbildungsstudiengang Informationstechnologie. Sein Fortbestehen ist von externer Unterstützung aus Politik und Wirtschaft abhängig. Darüber hinaus liegen Konzepte für die Einbindung der Informationstechnologie in die Lehrerausbildung vor. "Es geht ja nicht nur darum, dass unsere Hochschulen in ein paar Jahren vermehrt Absolventen für die Wirtschaft ausbilden. Das grundlegende Wissen muss doch bereits in der Schule vermittelt werden. Hier werden die Schülerinnen und Schüler neugierig auf einen Beruf im IT-Sektor gemacht", sagt Ulla Bosse. Während die Universitäten Hannover und Göttingen die Einführung eines Informatik-Studiengangs als Reaktion auf sinkende Studierendenzahlen vorsehen, arbeitet die Universität Hildesheim seit Jahren kontinuierlich im Hinblick auf den interdisziplinären Einsatz von IT als Schlüsselqualifikation in allen Studiengängen.

In Hildesheim wurden seinerzeit prozentual gesehen 20 Stellen über dem üblichen Niveau der Sparauflage anderer Universitäten des Landes eingespart. Während andere Hochschulen noch jetzt aus ihren Kapazitätsüberschüssen marktgerechte Angebote schneidern können, ist die Universität Hildesheim seit Jahren voll ausgelastet und fährt derzeit sogar überlast. Dass deshalb einfach keine Ressourcen für die konkrete Realisierung neuer attraktiver Studiengänge vorhanden sind, betrachtet die Präsidentin als einen entscheidenden Wettbewerbsnachteil für die Universität und die Region Hildesheim.

Die im Anschluss an das OVG-Urteil gegebene Zusage des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur, die informationstechnologischen Kompetenzen im Rahmen des bildungswissenschaftlichen Schwerpunkts an der Universität Hildesheim zu stärken, wurde bislang nicht konkretisiert. Die aktuelle Diskussion um die Green-Card macht überdeutlich, wie wichtig eine schnelle Umsetzung dieser Zusage ist.

(s.a. Der Spiegel 12/2000v. 20.03.00, S. 25 - 27)