Studienstart: Wissenschaft kennt keine Grenzen

lundi, 12. octobre 2015 um 18:28 Uhr

Zum Wintersemester starten 7439 Studierende in den Studienalltag, darunter 2234 Erstsemester. Universitätspräsident Professor Wolfgang-Uwe Friedrich begrüßt die Studienanfängerinnen und Studienanfänger.

[lesen Sie den Brief des Universitätspräsidenten als PDF]

Liebe Kommilitoninnen, liebe Kommilitonen,

im Namen der Universität Hildesheim begrüße ich Sie herzlich zur Immatrikulationsfeier, mit der ich an diesem herrlichen Herbsttag das Wintersemester 2015/16 eröffne. Heute ist ein großer Tag, denn Sie begehen mit Studienbeginn einen neuen, sehr wichtigen Lebensabschnitt. Das Studium soll Ihnen eine neue Welt eröffnen, die Welt der Wissenschaft. Gewiss, Sie streben eine Berufsausbildung an, aber es ist eine sehr besondere Form der Berufsausbildung. Sie wird geleistet durch ein wissenschaftliches Studium. Unsere Aufgabe besteht darin, Ihnen nicht nur bloßes Faktenwissen zu vermitteln, wie dies primär die Schule getan hat. Faktenwissen ist wichtig, es ist die Grundlage für Bildung. Aber wissenschaftliches Studieren bedeutet mehr, Sie sollen Theorien und Methoden studieren. Durch methodisches Herangehen lernen Sie wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen, die Sie in besonderer Weise für verschiedene Berufe qualifizieren, gleich, ob den der Lehrerin, des Kulturwissenschaftlers, des Psychologen, der Informatikerin, der Sportwissenschaftlerin, des Sprachwissenschaftlers, der Umweltwissenschaftlerin oder ganz neuer wissenschaftlicher Fächer und Disziplinen, zu denen in näherer Zukunft ein Querschnittsfach Integrationswissenschaft zählen wird.

Zunächst danken wir Ihnen, dass Sie die Universität Hildesheim als Studienort gewählt haben. Wir zählen am heutigen Tag 7.439 Studierende, darunter 2.234 Erstsemester und 2.012 Master-Studierende sowie 97 Austauschstudierende. Herzlich willkommen!

Wir definieren uns in unserem Leitbild als Profiluniversität und als Studierendenuniversität. Das heißt, wir bieten in vier Fachbereichen ein profilprägendes Studienangebot in ausgewählten Fächern an. 88 Professorinnen und Professoren, 418 wissenschaftliche Mitarbeiter und 236 Mitarbeiter in Technik und Verwaltung sind für Sie da und bieten ein vielfältiges Studienangebot. Alle Studiengänge beinhalten Theorie und Praxis. Wissenschaftliche Theorie, forschendes Lernen und praxisorientiertes Studieren gehören an unserer Universität zusammen. Praxis bedeutet für uns mehr als Praktika. Die schulpraktischen Studien im Lehramt und das Projektsemester in den Kulturwissenschaften stehen für dieses Modell.

Studierendenuniversität bedeutet, dass unsere Lehrenden und Sie als Studierende eine Gemeinschaft bilden. Sie sind aufgefordert, verantwortlich an der Weiterentwicklung unserer Studienangebote und Studienbedingungen mitzuwirken. Deshalb meine Bitte: beteiligen Sie sich an den Studiengangs- und Lehrevaluationen, diskutieren Sie mit uns allen über die Entwicklung Ihrer Fächer, des Studiums, der Studienbedingungen, unserer Universität. Wir brauchen Sie als kritische Partner, nur dadurch sichern wir unsere Zukunft. Also: bitte kritisch und zugleich verantwortlich mitarbeiten! Unsere Dozentinnen und Dozenten laden Sie ein zum Gespräch.

Sie beginnen Ihr Studium in einer Umbruchphase: Migration ist aktuell das beherrschende Thema von Politik und Gesellschaft, Einwanderung wird für lange Zeit unsere Entwicklung prägen, Flüchtlingen begegnen Sie auch auf unserem Campus. Um eines zu Beginn klar zu stellen: Nur in Zeiten von Krieg und Diktatur waren die Hochschulen abgeschottet. Wissenschaft kennt keine Grenzen. Und Universitäten kennen keine Ausgrenzung, solange sie nicht ihren wissenschaftlichen Anspruch und ihren akademischen Anstand vergessen, wie dies in unserer Geschichte zu unserer Schande geschah. Deshalb sind uns ausländische Studierende und Wissenschaftler, Flüchtlinge und Asylbewerber gleichermaßen willkommen. Für alle gilt die Wertordnung unseres Grundgesetzes. Wir benötigen streng genommen keine Leitbilddebatte, denn unsere deutsche Geschichte, unsere Sprache und Kultur, die Werte unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, unser hervorragendes Grundgesetz und unsere Verpflichtung als Mitglied der Europäischen Union geben uns die Leitziele vor, für unser persönliches Handeln, für gemeinschaftliches und für institutionelles Handeln. Auf dieser Basis leben und handeln wir, dies sind die Grundlagen unseres Lebens in der Bundesrepublik Deutschland, dies prägt das wissenschaftliche Forschen, Lehren und das Studieren an der Universität Hildesheim.

Wir an der Universität Hildesheim haben bereits 2008 unser Leitbild entsprechend formuliert. Darin sind vorausschauend einige wichtige Aussagen gemacht worden, die heute aktueller denn je sind. Ich zitiere:

„Die Stiftung Universität Hildesheim verwirklicht ihr Leitbild als europäische Universität im Respekt vor der freiheitlich-demokratischen Verfassung der Bundesrepublik Deutschland und in der besonderen Verantwortung des Landes Niedersachsen. Ein besonderes Anliegen ist ihr die Gleichstellung von Frauen und Männern sowie von Menschen unterschiedlicher sozialer, ethnischer und religiöser Herkunft. Sie respektiert die Vielfalt des Einwanderungslandes und fördert die Integration.“

Und weiter heißt es zum Thema Bildungsintegration:

„Unser Land ist seit Jahrzehnten auch durch Immigration geprägt. Wir wollen konsequent dazu beitragen, die Bildungschancen von Menschen aus Einwanderungsfamilien weiter zu entwickeln, um ihre Integration zu fördern. Gleichzeitig erkennen wir ihre vielfältigen Erfahrungen an.“

Ähnlich äußerte sich Bundespräsident Gauck anlässlich der Feiern zum Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober 2015:

„Gerade weil in Deutschland unterschiedliche Kulturen, Religionen und Lebensstile zu Hause sind, gerade weil Deutschland immer mehr ein Land der Verschiedenen wird, braucht es die Rückbindung aller an unumstößliche Werte. Einen Kodex, der allgemein als gültig akzeptiert ist… Unsere Werte stehen nicht zur Disposition! …Toleranz für Intoleranz wird es bei uns nicht geben.“

Wir sind auch Stiftungsuniversität. Was heißt das? 2002 beschloss unser Senat, bei der Landesregierung die Überführung in die Trägerschaft einer öffentlich-rechtlichen Stiftung zu beantragen. Neben Göttingen, Lüneburg, der Tierärztlichen Hochschule Hannover und der Hochschule Osnabrück sind wir Stiftungsuniversität. Wir verfügen über das Berufungsrecht, sind selbst Bauherr und Dienstherr und wir haben in vielen einzelnen Fragen einen größeren Gestaltungsspielraum. Dies hat uns sehr geholfen. Wir konnten eigenverantwortlich neue Professuren schaffen. Dazu zählen: Frühpädagogik, Diversity Education, Inklusion und Bildung, Deutsch als Zweitsprache, Migrationspolitik, Sport-Bewegung-Gesundheit, Klinische Psychologie, Neurodidaktik, Kunstvermittlung, Szenische Musik, Kinder- und Jugendtheater, Interkulturelle Kommunikation, Computerlinguistik, Informatik, Wirtschaftsinformatik und andere mehr. Das ist unsere Leistung, ermöglicht durch das Modell der Stiftungsuniversität, geschaffen in Hildesheim. Auch neue Bauten gehören zu dieser Bilanz. Der Bühler Campus, der Kulturcampus Domäne Marienburg, das Forum. Mit Mitteln des Landes wird der Samelson Campus ausgebaut, auf der Domäne ein Studierendencafé nächstes Jahr fertig gestellt und eine neue Mensa errichtet werden.

Leistungen der Stiftungsuniversität, wie das Margot-Möller-Promotionskolleg, die Förderung des Literaturfestivals Prosanova oder Stipendien werden erbracht durch das philanthropische Engagement aus der Bürgergesellschaft. Dazu zählt auch die Universitätsgesellschaft, die Spenden sammelt, um unsere Arbeit zu unterstützen. Sie können dazu bereits jetzt einen Beitrag leisten, und zwar durch ehrenamtliches Engagement zur Bewältigung der Flüchtlingskrise. Die studentische Initiative Pangea hilft Flüchtlingen und fördert deren Integration. Sportstudierende haben unter der wissenschaftlichen Leitung von Frau Prof. Volkmann das Projekt FuNah initiiert, Fußball und Nachhilfe für Flüchtlingskinder. Eine Reihe solcher Projekte gibt es bei uns, Deutschkurse, Theaterprojekte, Musikprogramme. Meine Bitte und Aufforderung: Machen Sie mit, leisten Sie einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung unserer Gesellschaft, die schon längst zu einer Einwanderungsgesellschaft geworden ist.

Wir wollen Ihnen ein gutes Studium anbieten. Und wir wollen mit Ihnen gemeinsam einen Beitrag zur Gestaltung der Zukunft unseres Landes leisten. Beginnen Sie fröhlich, mit Freude und Zuversicht Ihren neuen Lebensabschnitt als Studentinnen und Studenten der Universität Hildesheim. Ich wünsche Ihnen viel Glück!

Prof. Dr. Wolfgang-Uwe Friedrich

Präsident der Stiftung Universität Hildesheim


Etwa 100 Tutoren helfen den Erstsemestern beim Studieneinstieg. Ivana Lenis Rodriguez aus Kolumbien ist eine von derzeit 461 Austausch-Studierenden. Die Theater-Studentin Ekaterina Trachsel erhält den DAAD-Preis (li: Marit Breede, International Office). Universitätspräsident Wolfgang-Uwe Friedrich wirbt für ehrenamtliches Engagement. Fotos: Isa Lange/Uni Hildesheim (5), Volksbank Hildesheim eG (1)

Etwa 100 Tutorinnen und Tutoren, Studierende aus höheren Semestern, helfen beim Studieneinstieg und beim Erkunden der Stadt Hildesheim. Ivana Lenis Rodriguez aus Kolumbien ist eine von derzeit 461 Studierenden, die sich für ein Auslandssemester in Hildesheim entschieden haben. Studentinnen aus Mexiko haben sich in den letzten zwei Wochen im Intensiv-Sprachkurs auf ihre Zeit in Norddeutschland vorbereitet. Ekaterina Trachsel, die in Hildesheim Inszenierung der Künste und Medien studiert, erhält den DAAD-Preis (im Bild links: Marit Breede vom International Office). „Machen Sie mit, leisten Sie einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung unserer Gesellschaft, die schon längst zu einer Einwanderungsgesellschaft geworden ist", so die Aufforderung des Hildesheimer Universitätspräsidenten Wolfgang-Uwe Friedrich während der Immatrikulationsfeier. Fotos: Isa Lange/Uni Hildesheim, Foto Friedrich: Volksbank Hildesheim eG