Richtig ausbilden oder die Richtigen auswählen?

mardi, 02. octobre 2012 um 17:39 Uhr

Die Tagung „Lehrerbildung national – international. Der Lehrerberuf zwischen Eignung und Anspruch" richtet am 9. Oktober den Fokus auf die Lage der Lehrerbildung in Deutschland, Norwegen, Österreich und der Schweiz. Hochschulen müssen prüfen, ob ihre derzeitigen Curricula den Anforderungen im Lehrerberuf gerecht werden. Die Universität Hildesheim reagiert auf die Einwanderungsgesellschaft mit neuen Professuren für Vielfalt in der Lehrerbildung und Deutsch als Zweitsprache. Zu den Herausforderungen zählt, Lehrkräfte auf das „inklusive Unterrichten“ vorzubereiten, sagt Dr. Margitta Rudolph.

Lehrerinnen und Lehrer müssen heute Multitasking-Talente sein. Der Lehrberuf geht weit über das Vermitteln von Fachinhalten und kognitiven Fähigkeiten hinaus. Lehrkräfte stehen vor Kindern, die in unterschiedlichen Umfeldern, mit anderen Erziehungsmethoden, in neuen Familienformen und in einer anderen Gesellschaft aufwachsen. Beraten, beurteilen, erziehen und unterrichten –  diese beruflichen Aufgaben sollen Lehrerinnen und Lehrer in einer Gesellschaft einlösen, die immer stärker geprägt ist von Vielfalt.

Wie reagieren die Lehrerbildungssysteme in Europa und in Deutschland auf die Herausforderungen? Können Basiskompetenzen ermittelt werden, die eine besondere Eignung für diesen Beruf belegen? Die Tagung „Lehrerbildung national – international. Der Lehrerberuf zwischen Eignung und Anspruch" richtet am 9. Oktober den Fokus auf die Lage der Lehrerbildung in Deutschland, Norwegen, Österreich und der Schweiz.

„Bilden wir richtig aus oder wählen wir die Richtigen aus? Jedes Bundesland, jede Hochschule verfährt bei der Auswahl von Lehramtsstudierenden anders. Es fehlt ein Kanon an sinnvollen Auswahlmöglichkeiten zur Feststellung der Eignung“, unterstreicht Dr. Margitta Rudolph, Direktorin des Weiterbildungszentrums der Universität Hildesheim. „Viele Hochschulen entscheiden über den Zugang zum Lehramtsstudium allein anhand der Abi-Note. Dabei sagt diese wenig aus über die Eignung für pädagogische Berufe.“ Zudem müssen Hochschulen prüfen, ob ihre derzeitigen Curricula den künftigen Anforderungen im Lehrerberuf gerecht werden. Die Universität Hildesheim reagiert auf die Einwanderungsgesellschaft mit neuen Professuren für Vielfalt in der Lehrerbildung, Kulturelle Bildung und Deutsch als Zweitsprache. Zu den Herausforderungen zählt, Lehrkräfte auf das „inklusive Unterrichten“ vorzubereiten. Die Universität Hildesheim kann auf Erfahrungen im Weiterbildungsstudiengang „Inklusive Pädagogik und Kommunikation“ aufbauen.

„Ob Norwegen, Österreich oder Deutschland – allen ist klar, dass wir eine höhere Theorie-Praxis-Verzahnung in der Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer benötigen“, sagt Margitta Rudolph. An der Universität Hildesheim dient das erste Studienjahr der möglichst frühen Berufswahlüberprüfung – ein bundesweit einmaliges Modell, das seit 40 Jahren besteht: Lehramtsstudentin Anastasiya Walterowicz hat im ersten und zweiten Semester jeden Freitagvormittag in der Schule verbracht. 250 Partnerschulen aus Niedersachsen öffnen ihre Türen für 2400 Lehramtsstudierende (Grund-, Haupt-, Realschule) und Bildungsforscher.

„Ich erlebe den Schulunterricht nicht mehr aus der Schülerperspektive, sondern beobachte und analysiere Unterricht mit Wissenschaftlern und Mitstudierenden. Das ist es, was wir Studenten brauchen, Theorie verbunden mit einem engen Bezug zum künftigen Berufsfeld“, sagt die 23-jährige gebürtige Ukrainerin. An der Uni Hildesheim möchte sie Schüler mit Zuwanderungsgeschichte für den Lehrerberuf begeistern und engagiert sich in einem Sprachförderprojekt. „Die frühen Praxiserfahrungen kann kein Lehrbuch ersetzen. Ich lerne die Anforderungen an den Beruf kennen und wie ich mit den unterschiedlichen sprachlichen Voraussetzungen der Schüler umgehen muss. Dadurch weiß ich, dass der Lehrerberuf für mich geeignet ist“, so Anastasiya Walterowicz.

Lehrerbildungstagung am 9. Oktober in Hildesheim

Die 1. Lehrerbildungstagung wird veranstaltet von der Universität Hildesheim und dem Niedersächsischen Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ). Die Konferenz richtet sich an interessierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Lehrkräfte, Pädagogisches Personal, Referendare und Studierende. Veranstaltungsort ist die Universität Hildesheim (Hauptcampus, Marienburger Platz 22, 31141 Hildesheim, Eröffnungsvorträge im Hörsaal 2). Eine Teilnahme ist kostenfrei.

Mit dieser Tagungsserie des NLQ soll eine wissenschaftliche und anwendungsorientierte Diskussion aller Beteiligten institutionalisiert werden.

Programm und Online-Anmeldung im Internet

Informationen zum „Hildesheimer Modell der Lehrerbildung" (PDF)


„Wir Studenten brauchen Theorie verbunden mit einem engen Bezug zum künftigen Berufsfeld“, sagt Anastasiya Walterowicz. Die Lehramtsstudentin der Uni Hildesheim hat seit Studienbeginn viel Zeit im Klassenzimmer verbracht. Zu den Herausforderungen in der Lehrerbildung zählt, Lehrkräfte auf das „inklusive Unterrichten“ vorzubereiten. Fotos: Chris Gossmann, Andreas Hartmann

„Wir Studenten brauchen Theorie verbunden mit einem engen Bezug zum künftigen Berufsfeld“, sagt Anastasiya Walterowicz. Die Lehramtsstudentin der Uni Hildesheim hat seit Studienbeginn viel Zeit im Klassenzimmer verbracht. Zu den Herausforderungen in der Lehrerbildung zählt, Lehrkräfte auf das „inklusive Unterrichten“ vorzubereiten. Fotos: Chris Gossmann, Andreas Hartmann