"Ortheil verleiht Hildesheim literarisches Flair"

lundi, 01. octobre 2007 um 10:38 Uhr

Land Niedersachsen verleiht Hanns-Josef Ortheil den "Nicolas-Born-Preis 2007"

In den Räumen der Stiftung Niedersachsen in Hannover hat der Niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur, Lutz Stratmann, dem Schriftsteller Hanns-Josef Ortheil, Professor für Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus an der Universität Hildesheim, den Nicolas Born-Preis 2007 in Höhe von 15 000 Euro verliehen. Vor über 200 geladenen Gästen würdigte Stratmann Ortheil dabei als eine Person, deren breites literarisches Werk ebenso beeindruckend sei wie seine literatur- und kunstkritischen Arbeiten.

Sowohl als Autor wie auch als Lehrender habe Ortheil die literarische Kultur Niedersachsens geprägt, er habe der Universität Hildesheim literarisches Flair und Exklusivität verliehen und durch seine große Kreativität und Produktivität, die ihresgleichen suchten, der deutschen Gegenwartsliteratur wichtige Impulse verliehen. Stratmann betonte, dass er sich außerordentlich freue, Ortheil mit dem Nicolas Born-Preis 2007 auszeichnen zu können.

In ihrer Laudatio auf das Werk des Preisträgers rückte die an der Universität Hei-delberg lehrende Literaturwissenschaftlerin und Privatdozentin Dr. Michaela Kopp-Marx Ortheils Werk in die Nähe jener Literatur, die sich – wie etwa die Lite-ratur Thomas Manns – mit dem Mythischen auseinandersetze. In Ortheils in den letzten Jahren erschienenen Liebesromanen gehe es nicht im vordergründigen Sinn um Liebe, sondern um den "Mythos Liebe" und seine Ergründung. Wer Ort-heils Romane also in einem umfassenderen Sinn verstehen wolle, könne sich durch Einsichten der Tiefenpsychologie leiten lassen, durch die ein besonders erkenntnisreicher Zugang zu Ortheils Erzählen hergestellt werde.

Ortheil selbst blickte in seinen betont persönlichen Dankesworten zurück auf das Wirken der unterschiedlichen Schriftsteller-Generationen nach dem Zweiten Weltkrieg und konzentrierte sich dabei vor allem auf das Lebenswerk von Nicolas Born, den er als ein noch immer gültiges und weiter wirkendes Vorbild auch für sein eigenes Schreiben bezeichnete. Born sei ein Autor gewesen, den er wegen seiner besonderen Empfindsamkeit und seiner Fähigkeit zur Vermittlung zwischen den unterschiedlichsten literarischen Ansätzen unbedingt gemocht, ja sogar geliebt habe. Dabei habe Born das bedeutendste lyrische Werk der 70er Jahre hinterlassen und darüber hinaus als Redakteur von Rowohlts "Literaturmagazin" das poetologische Gespräch seiner Zeit geformt.

In einer kurzen Lesung stellte Ortheil schließlich noch einen neueren Essay mit dem Titel "Die Prosa meines Vaters" vor, in dem er in sehr anrührender Weise von seinen Kindheits- und Jugend-Jahren erzählte, die durch ein enges Zusammenleben mit seinem Vater geprägt waren. Während oft wochenlanger Wanderungen und Reisen erkundeten Vater und Sohn die Natur, wobei der Vater den Sohn lehrte, nicht nur detailreiche und präzise Beobachtungen zu machen, sondern diese auch in besonderen Formen des Notats und der Skizze festzuhalten. Selbst Ortheils lange Beschäftigung mit den Kurzgeschichten Hemingways geht, wie der Essay in anspielungsreicher und virtuoser Form zeigte, auf seinen Vater zurück, der ihn mit Hemingways Literatur, einer "Vater-Literatur" sui generis, vertraut machte.


Hanns-Josef Ortheil
Der Preisträger ist Schriftsteller und Professor für Kreatives Schreiben an der Universität Hildesheim. Seine Arbeitsgebiete sind Roman, Erzählung, Essay, Drama, Hörspiel, Libretto und Drehbuch. Eine Auswahl seiner Auszeichnungen, Ehrungen und Preise: Aspekte-Literaturpreis des ZDF (1979), Stuttgarter Literaturpreis (1988), Stadtschreiber Mainz (2000 und 2001), Brandenburgischer Literaturpreis (2000), Thomas-Mann-Preis der Hansestadt Lübeck (2002), Georg-K.-Glaser-Preis (2004), Koblenzer Literaturpreis (2006). Veröffentlichungen u. a.: Fermer (1979); Hecke (1983); Schwerenöter (1987); Agenten (1989); Abschied von den Kriegsteilnehmern (1992); Blauer Weg (1996); Faustinas Küsse (1998); Im Licht der Lagune (1999); Die Nacht des Don Juan (2000); Lo und Lu (2001); Die große Liebe (2003); Die weißen Inseln der Zeit (2004); Die geheimen Stunden der Nacht (2005); Das Glück der Musik (2006); Das Verlangen nach Liebe (2007).


Bild: Prof. Dr. Hanns-Josef Ortheil

Prof. Dr. Hanns-Josef Ortheil