Mit "Tempo!" nach Berlin

vendredi, 26. mars 2004 um 18:29 Uhr

Deutscher Studienpreis für die Hildesheimer IIM-Studentin Christiane Zehrer

Die Hildesheimer Studentin Christiane Zehrer hat mit insgesamt 398 Studierenden an der Ausschreibung um den Deutschen Studienpreis der Körber-Stiftung teilgenommen. 30 preiswürdige Beiträge wurden ausgezeichnet. Ihre eingereichte Forschungsarbeit zum Thema "Tempo! Die beschleunigte Welt" erhielt den dritten Preis, der mit 1000 Euro dotiert ist.

Der Titel ihrer Arbeit lautet "Eingefrorene Geschwindigkeit - Tempo im Bild". Dazu die Studentin selbst: Was verbindet "Wettkampfsport" und "Deutschen Studienpreis"? Es sei mir erlaubt, diese Frage noch um "die Uni Hil­des­heim" und "die olympischen Spiele" zu erweitern und dann zu antworten: ich. Christiane Zehrer, 22 Jahre, z.Zt. 5. Semester Internationales Infor­mations­management (IIM).

Von der Möglichkeit der Teilnahme setzte mich der Zufall mit Hilfe eines Plakats in Kenntnis, das mir während der Recherche für einen Artikel - ich absolvierte seinerzeit gerade ein Praktikum in einer Bonner Online-Redaktion - in einer Hochschulbibliothek ins Auge fiel. Eingereichte Beiträge sollten im Idealfall "direkt praktisch anwendbar", "von unmittelbarer gesellschaftlicher Bedeutung" und zudem auch noch von absoluter sprachlicher "Verständlichkeit und Prägnanz"sein. An dieser Stelle kommt nun der olympische Gedanke wieder ins Spiel, denn wo die Messlatte so hoch liegt, ist dabeisein schließlich alles.Nach wenigen Tagen des Hin- und Herüberlegens hatte ich denn auch meine Ferienpläne für den Sommer 2002 komplett über den Haufen geworfen, hießen die Perspektiven für die kommenden vier Monate "Bibliotheksrecherche" statt "Balearen", "Umfragenplanung" statt "Urlaubszielsuche" und "Abgabetermin" statt "Abflugszeit".

Trotz der zu erwartenden starken Konkurrenz: die Werbung für den Studienpreis, "Studierende zu praxisrelevanter, interdisziplinärer, teamorientierter und verständlicher Forschung herausfordern und ihren Arbeiten eine öffentliche Plattform ge­ben" zu wollen - ei­ne unerhörte Idee jenseits des universitären Alltags - hatte meine Neugierde geweckt. Und dann war da ja noch dieser lange gewachsene Ehrgeiz im Hinterkopf, der viel zitierten "Interdis­zi­pli­narität" Leben einzuhauchen. Man ist ja in ei­nem interdisziplinären Studiengang eingeschrieben, aber...

Ein Thema war schnell gefunden. Wer mich nicht kennt, könnte annehmen, dass spätestens von diesem Punkt an das ganze "Unternehmen Studienpreis" ziemlich konfus anmutet. Angesichts meiner jahrelanger Begeisterung für den Fechtsport kann ich es allerdings vertreten, dass mein Beitrag zum Deutschen Studienpreis, "Eingefrorene Geschwindigkeit - Tempo im Bild", sich der bildlich vermittelten Wahrnehmung von gesellschaftlicher Beschleunigung am Beispiel des Sports widmet - und damit ein wenig abseits der für IIM typischen Studieninhalte liegt.Wer die Debatte über den Fernsehbeweis in der Fußball-Bundeliga verfolgt hat, kann ungefähr erahnen, welch tiefgreifenden Einfluss die Maxime"citius, altius, fortius" auf die Durchsetzung von Regeln und damit auf die Fairness als zentrales Identifikationsmerkmal von Menschen mit dem Sport ausübt.

Ein Blick in die - oder besser unzählige Stunden des Brütens über - einschlägige soziologische und sportwissenschaftliche Literatur erhellte(n) hier Zusammenhänge. Die Analyse von Ratgeberliteratur für (angehende) Journalisten identifizierte Wechselwirkungen mit dem größeren gesellschaftlichen Rahmen. Als Fechterin und deutschlandweit aktive Kampfrichterin habe ich mir als "Stein der Weisen" vielleicht in meinem tiefsten Innern gewünscht, endlich ein Mittel zur überzeugung eines breiteren Publikums für diese wunderbare Sportart zu gewinnen; gerechnet hatte ich damit natürlich von Anfang an nicht! Ebensowenig damit, dass ich den Fokus meiner Arbeit nach den ersten vorsichtigen Schritten noch einmal würde überdenken müssen - fern der universitären Heimat fehlten für die Durchführung von "Plan A" einfach die technischen Hilfsmittel.

Nie hätte ich geglaubt, dass "Forschung" soviel Organisationstalent und Diplomatie erfordert ("Ich passe auch ab 13 Uhr auf die Fachbereichsbibliothek auf, wenn Sie bei dem schönen Wetter eine längere Mittagspause haben möchten!") und gleichzeitig Wegbereiter vieler Kontakte sein kann, indem sie Berührungsängste einfach wegwischt oder ein Gesprächsthema von gemeinsamem Interesse darstellt. Gerade vor diesem Hintergrund wird der "Blick über den Tellerrand" und die Beschäftigung mit Fächern, die keine direkte Verbindung zu meinem Studium aufweisen, zum im Geiste vollzogenen äquivalent eines Auslandssemesters - neue Perspektiven und erweiterter Horizont inklusive.

Ist die Teilnahme am "Deutschen Studienpreis" angesichts eines solch positiven ResumÉs dann nicht doch alles? Das "Dabeisein" ist sicherlich ein wichtiger Ansporn, sich intensiv mit einem selbst gewählten Thema aus­einander zu setzen. Im Nachhinein fügen aber drei aufregende Tage rund um die Preisverleihung zusammen mit den anderen Preisträgern in Berlin der Wettbewerbsteilnahme eine völlig neue Perspektive hinzu: Selten zuvor hatte ich Gelegenheit, so viele interessante und engagierte junge Menschen kennenzulernen, oder habe ich gar einen solch intensiven Austausch verschiedenster Ideen erlebt. Ein Quäntchen von diesem Enthusiasmus in den Studienalltag hinüber zu retten, das wäre toll! Und wo ich gerade beim interdisziplinären Austausch über hochbrisante Trendthemen, aber auch wichtige Nischen einzelner Fachgebiete angelangt bin: ist dies nicht auch der "Geist von IIM", der sich mir hier, versteckt unter sportwissenschaftlichen Herzschlag-Finals oder ganz diskret als Zuhörer bei einer angeregten Plauderei im Museum - dem roten Faden gleich-,
einmal mehr offenbart hat?