Evaluation von Bildungsprozessen in der Jugendarbeit

samedi, 27. mars 2004 um 16:06 Uhr

Ein Projekt zur Förderung von informellen Bildungsprozessen in der kommunalen und verbandlichen Jugendarbeit

Der Begriff der Bildung ist eine beinahe modische Erscheinung, Defizite und Behebungsvorschläge werden durch zahlreiche große und kleine Studien belegt und diskutiert. Auch innerhalb der außerschulischen Jugendarbeit wird das Thema explizit diskutiert. Es stellt sich auch die Frage, welche Aufgaben sich Jugendarbeit im Kontext einer neuen Bildungsoffensive stellt und was sie zu unternehmen gedenkt, auch insofern, als Bildung im Sinne der Entwicklung einer Lebenskompetenz, wenn auch mehr oder weniger verdeckt, immer im Zentrum pädagogischer Bemühungen von JugendarbeiterInnen steht.

Am 1.10.2003 startete das Projekt zur Evaluation von Bildungsprozessen in der kommunalen und verbandlichen Jugendarbeit, finanziert vom Niedersächsischen Landesjugendamt. Zunächst läuft das Projekt über fünfzehn Monate mit der Option auf Verlängerung. Angesiedelt ist das Projekt am Institut für Sozialpädagogik der Uni Hildesheim, betreut durch Prof. Dr. Burkhard Müller. Ansprechpartner ist Dipl. Päd. Marc Schulz, ehemaliger Jugendbildungsreferent und Mitarbeiter in der Offenen Jugendarbeit.

Am 1.10.2003 startete das Projekt zur Evaluation von Bildungsprozessen in der kommunalen und verbandlichen Jugendarbeit, finanziert vom Niedersächsischen Landesjugendamt. Zunächst läuft das Projekt über fünfzehn Monate mit der Option auf Verlängerung. Angesiedelt ist das Projekt am Institut für Sozialpädagogik der Uni Hildesheim, betreut durch Prof. Dr. Burkhard Müller. Ansprechpartner ist Dipl. Päd. Marc Schulz, ehemaliger Jugendbildungsreferent und Mitarbeiter in der Offenen Jugendarbeit.

Was ist informelle Bildung?

Die Rede von "informellen" bzw. "nicht-formellen" Bildungsprozessen greift ein Konzept auf, welches das Bundesjugendkuratorium in der aktuellen Bildungsdebatte zur "Bestimmung des Verhältnisses von Bildung und Jugendhilfe" vorgeschlagen hat. Das Konzept eignet sich insbesondere, den Bildungsauftrag der Jugendarbeit auf zunächst sehr allgemeiner Ebene zu bestimmen. Dieser Auftrag besteht nicht - wie derjenige der Schule - darin, formelle Bildungs- und Denkkulturationsprozesse zu gestalten (Vermittlung von Kul­turtechniken, notwendiges Allgemein- und Vorbe­reitungswissen für berufliche Qualifikation etc.). Es handelt sich vielmehr darum, dass solche schulischen Vermittlungsleistungen ihrerseits informelle Bildungsvoraussetzungen haben, die offenkundig nicht mehr bei allen Kindern und Jugendlichen naturwüchsig hinreichend geschaffen werden können. Bildung wird hier von Begriffen wie Erziehung, Qualifikation oder Prävention unterschieden. Während verkürzt gesagt formale Bildung auf eine spezielle Qualifikation ausgerichtet ist, sind informelle Bildungsprozesse für Entwicklung von Lebenskompe­tenzen elementar und oftmals Voraussetzung für eine gelungene formale Bildung. Informelle Bildungsprozesse sind am - wie immer auch fragwürdigen - Lebensentwurf von Jugendlichen orientiert. Ziele sind u.a. eine selbst bestimmte Identitätsbildung, soziale Integration, Teilha­be am Gemeinwesen mit dem Recht anders zu sein. Diese können über explizit geplante Bildungsprojekte (z. B. Partizipationsprojekte) als auch quasi "nebenbei" gefördert werden. Letztere Situationen sind nur begrenzt planbar und können bei jeder Gelegenheit stattfinden: Momente für informelle Bildungsprozesse können auch das Tischkickern oder die Pausen in einem Seminar oder Gruppenabend sein.

Jene Bildungsmomente sind viel schwerer nachzuweisen, da man entweder Jugendliche Jahre später nochmals hinsichtlich pädagogischer Erfolge befragen müsste oder untersucht, welche Gelegenheiten und Strukturen (informeller) Bildung eher zuträglich sind und jene fördern. Das letztere ist unser Ansatz.

Was sind die Ziele des Projekts?

Die Förderung und Unterstützung informeller Bildungsprozesse in Einrichtungen der Jugendarbeit in öffentlicher und freier Trägerschaft in Hinblick auf: a) wie werden jene beschreibbar und b) wie werden jene evaluierbar

Klärung der Voraussetzungen, unter denen Jugendarbeit als gleichwertiger und sich gegenseitig ergänzender Partner anderer Bildungssysteme z. B. gegenüber der Schule auftreten kann.

Im Rahmen der Qualitätsentwicklung: Entwicklung von Evaluationsinstrumenten, die den Bildungsauftrag der Jugendarbeit in der Alltagspraxis von Einrichtungen besser zur Geltung bringen.

Die Instrumente werden für eine bessere Selbstevaluation entwickelt und dienen nicht für eine Qualitätskontrolle von außen.

Die Projektphasen

Das Projekt ist in drei Phasen gegliedert: In der Pilotphase findet eine Sondierung des Feldes statt, also die Bestandsaufnahme der Qualitätsentwicklungsmodelle und gebräuchlichen Evaluationsverfahren. Dabei geht es auch darum, zu klären, welche gängigen Qualitätssicherungsverfahren (z. B. Produktbeschreibungen) nicht geeignet sind, speziell die Bedingungen für Bildungswirkungen zu erfassen. In die zweite Phase der Praxisforschung fällt die Zusammenarbeit mit einzelnen Einrichtungen, mit deren Hilfe das genauere Untersuchungsinstrumentarium erarbeitet werden kann. Hierbei liegt das Hauptgewicht zunächst noch nicht auf der Kontrastoptimierung, sondern auf der Entwicklung von vier Feldstudien in Zusammenarbeit mit möglichst aktiv interessierten Teams. Diese sollen an Einzelbeispielen zeigen, wie eine differenzierte Beschreibung der Unterstützungsbe­din­gun­gen von informellen Bildungsprozessen Jugendlicher im Rahmen der Jugendarbeit aussehen könnte. Dafür sind längere Aufenthalte vor Ort eingeplant, während derer einerseits der Alltag von Jugendarbeit begleitet und in "ethnographischen" Beschreibungen dokumentiert werden soll. Andererseits sind leitfadengestützte Intensivinterviews mit relevanten Personen vorgesehen. Im Mittelpunkt der dritten Phase, der Modellentwicklungsphase, steht Kontrastoptimierung: In Zusammenarbeit mit sechs Einrichtungen, die untereinander interessante Differenzen in den Rahmenbedingungen aufweisen, sollen mehrperspektivische Feldstudien durchgeführt werden. In Folge der Unterschiede bzw. Kontraste in den Rahmenbedingungen ist zu erwarten, dass sich nicht jede Art von Indikatoren für jede Einrichtung eignet. Es wird deshalb wesentliche Aufgabe dieser Phase sein zu präzisieren, welche Indikatoren ganz allgemein die bildungsrelevanten Elemente von Jugendarbeit beschreibbar machen und welche Indikatoren notwendig sind, um je besondere Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. In dieser Phase sollte die Durchführung einer Expertentagung Teil des Projektes sein.

Der Nutzen für die Teilnehmenden

Faktisch wird bereits Bildungsarbeit geleistet, aber sie wird selten transparent gemacht und findet kaum Gehör und angemessene Anerkennung in der öffentlichen Diskussion. Gerade durch die PISA-Debatte wurde Schule und Weiterbildung (Universität etc.) ins Zentrum gerückt, während der außerschulische Jugendbereich nicht komplementär, sondern bestenfalls als Kompensation oder nützliches Appendix verstanden wird, ohne Eigenständigkeit. Das Projekt ist ein Beitrag zur fachlichen Qualifizierung, der von der Alltagspraxis verschiedener Formen von Jugendarbeit ausgeht.

  • Mitentwicklung von Instrumenten der Selbsteva­luation, die für die Teilnehmenden frei verfügbar sind.
  • Die Instrumente können für eine bessere Außendarstellung der geleisteten Arbeit genutzt werden.
  • Einladung auf die Expertentagung Mitte Juni 2004 in Hannover.


informellebildung(at)web.de

 


Zu den aktuellen Pressemeldungen