„Es lohnt sich, sich an die Uni zu wenden“

jeudi, 24. septembre 2020 um 14:09 Uhr

Die Studentin Theonymfi Dryleraki berichtet, wie sie das digitale Sommersemester in Hildesheim verbrachte und wie sie die Zeit hier erlebte. Theonymfi kommt ursprünglich aus Griechenland, wo sie auch ihr Bachelorstudium absolviert hat. Im Jahr 2018 verbrachte sie ein Auslandssemester in Hildesheim, was ihr so gut gefiel, dass sie sich direkt hier für den Master bewarb. Nun studiert sie seit dem Sommersemester 2019 „Medientext und Medienübersetzung“ an der Universität Hildesheim. Mara Schrey befragte die Studentin.

Theonymfi, du warst während des digitalen Semesters in Hildesheim?

Ja genau, als die Pandemie anfing, war ich schon in Hildesheim. Ich bin dann hier in meinem Zimmer im Wohnheim geblieben.

Wie hast du die Zeit dort erlebt?

Im Wohnheim war es leer. Niemand war da. Auf meiner Etage wohnten nur ich und ein Mitbewohner, dabei sind wir normalerweise zu fünft. Auch in der ganzen Uniregion war zu spüren, dass keine Studierenden vor Ort waren. Mittlerweile sind wieder ein paar zu sehen, aber immer noch vergleichsweise wenige.

Wie hast du den Beginn der Corona-Pandemie erlebt?

Es ging alles so schnell, dass ich das gar nicht glauben konnte. Mein Freund wohnt in einer anderen Stadt und war an dem Wochenende bei mir zu Besuch. Er konnte nicht nach Hause zurückreisen, weil alle Bus- und Zugfahrten storniert wurden. Das war so merkwürdig und hat mich wirklich erschreckt. Wir haben dann zu zweit in meinem kleinen Wohnheimzimmer gewohnt. Das war nicht gerade ideal, aber wir haben uns angepasst. Insgesamt war die Situation einfach super chaotisch.

Dass die Grenzen geschlossen wurden, war in den ersten Tagen schon schlimm. Ich habe mich zwar dafür entschieden, nicht nach Griechenland zu reisen, auch, weil meine Angst vor der Situation am Flughafen zu groß war, aber so hatte ich nicht mal mehr die Möglichkeit dazu. In Hildesheim zu bleiben war für mich und meine Familie aber im Endeffekt die beste Option. Zumindest war ich nicht allein, das war wichtig.

Wie sah dein Alltag vor der Pandemie aus und wie hat er sich verändert?

Vor der Pandemie bin ich täglich ausgegangen und habe Freund_innen an der Uni getroffen. Mit denen war ich jeden Tag in der Bibliothek, weil ich mich dort einfach besser konzentrieren kann. Normalerweise buchen wir dort Räume, sodass wir zusammen lernen können. Das war immer toll. Als die Pandemie anfing, war ich auf jeden Fall einsamer, weil ich meine Freunde gar nicht sehen konnte – und meine Familie sowieso nicht. Natürlich war alles geschlossen, auch die Bibliothek, was ein großes Problem war. Die meisten meiner Lehrveranstaltungen fanden live über Big Blue Button statt. Ich habe dann von Zuhause aus daran teilgenommen.

Vor welchen Herausforderungen standest beziehungsweise stehst du aufgrund der Situation?

Wir - und ich glaube auch, die meisten anderen Studierenden -hatten während der Woche mehr Aufgaben für die einzelnen Seminare zu bewältigen als vor der Pandemie. Die meisten Dozierenden gaben uns zusätzliche Aufgaben. Ich hatte nur wenige Kurse, aber trotzdem wirklich sehr viel zu tun, besonders am Ende der Vorlesungszeit.
Für mich war es besonders schwierig, nicht in die Bibliothek gehen zu können, wo ich normalerweise viel recherchiere. Nur wenige Bücher, die ich brauchte, waren online verfügbar.

Ich persönlich hatte auch oft technische Störungen während der Onlineseminare. Manches konnte ich deshalb akustisch nicht verstehen. Öfter stürzte zum Beispiel Big Blue Button ab, ich flog aus der Sitzung und musste mich wieder neu einwählen. Auch die Kommunikation mit den anderen Studierenden war ganz anders, weil wir uns nicht persönlich treffen konnten. Sie lief stattdessen über Zoom oder WhatsApp. Wir mussten darüber ganze Präsentationen vorbereiten, was ich auch sehr herausfordernd fand. Den Menschenkontakt habe ich wirklich vermisst und besonders meine Freund_innen.

Wie bist du mit diesen Herausforderungen umgegangen?

Ich habe viel Zeit ins Selbststudium investiert. Dafür habe ich andere Internetquellen zu Hilfe genommen, wie zum Beispiel Tutorials oder wissenschaftliche Arbeiten. Besonders in Seminaren, in denen nur Präsentationen fürs Selbststudium hochgeladen wurden, war das notwendig. Das war schwierig und hat mich teilweise auch geärgert. Im Endeffekt konnte ich aber alle Fristen einhalten und alle Hausarbeiten abgeben.

Was hat dir dabei geholfen?

Es war gut, dass die meisten meiner Lehrveranstaltungen live über Big Blue Button stattfanden und ich zu einer bestimmten Zeit anwesend sein musste. Es war hilfreich, dort mit Dozierenden und anderen Studierenden in Kontakt zu treten.

An wen konntest du dich bei Schwierigkeiten wenden?

Die Dozierenden haben uns sehr unterstützt, wofür ich wirklich dankbar bin. Für ein Untertitelungsseminar, ein praxisnahes Seminar, benötigten wir eine bestimmte Software, die normalerweise nicht für jede einzelne Person zur Verfügung gestellt wird. Unsere Dozentin Frau Dr. Jaki hat sich dafür eingesetzt, dass wir alle eine Lizenz für diese Software bekommen. Sie hat uns auch geholfen, wenn wir Schwierigkeiten mit dem Programm hatten und ist individuell auf uns eingegangen. Das war wirklich toll. Unterstützt hat mich auch das International Office, wo ich einen Minijob habe. Von dort habe ich zu Beginn der Pandemie die wichtigsten Informationen erhalten, genauso wie vom AStA. Ich fühlte mich auf jeden Fall unterstützt und hatte nicht das Gefühl, der Situation hilflos gegenüberzustehen.  

Wie hast du das digitale Semester rückblickend insgesamt erlebt?

Insgesamt habe ich das Semester eher als negativ erlebt. Es war eine neue und einzigartige Erfahrung, die mit einigen Herausforderungen verbunden war. Ich fand es anstrengender als ein Präsenzsemester. Mir hat es aber gezeigt, dass es tatsächlich möglich ist, von Zuhause aus zu studieren. Am Anfang konnte ich mir das nicht vorstellen. Ich wusste nicht, wie das bei praktischen Kursen möglich sein soll, aber rückblickend kann ich sagen, dass ich wirklich etwas gelernt habe. Ohne besonderen Einsatz von Studierenden und Dozierenden, wie zum Beispiel von Frau Jaki, wäre dies aber nicht möglich gewesen.

Gibt es deiner Meinung nach auch Vorteile der digitalen Lehre?

Positiv an der digitalen Lehre ist, dass man nicht so früh aufstehen muss wie sonst. Ich habe mir einfach eine halbe Stunde vor einem Seminar den Wecker gestellt und bin Zoom beigetreten. Manchmal konnte ich auch mehrere Dinge gleichzeitig kombinieren, beispielsweise einem Dozenten zuhören und zu dem Gesagten etwas im Internet recherchieren. Wenn Themen aufkamen, die für mich nicht relevant waren, habe ich an einer anderen Aufgabe gearbeitet und so ein bisschen Zeit gespart. Das war wirklich praktisch. Klasse fand ich auch, dass uns so viele Materialien online zur Verfügung gestellt wurden.

Was denkst du darüber, dass das nächste Semester ebenfalls digital stattfinden wird?

Wenn es eine Wahl gäbe, würde ich ein Präsenzsemester bevorzugen, unter anderem weil es weniger anstrengend ist als ein digitales Semester. Im Präsenzsemester ist zudem ein Dialog zwischen Dozierenden und Studierenden sehr viel einfacher. Dennoch finde es richtig, dass das nächste Semester digital stattfinden wird. Wenn eine zweite Krankheitswelle aufkommt, ist dies mit Blick auf die Sicherheit aller am besten. Es ist nur schade, dass es keine andere Möglichkeit gibt. Und es ergeben sich viele weitere Fragen daraus, wenn die Lehre weiterhin digital erfolgt.

Welche Fragen sind das, die sich daraus ergeben?

Warum sollten beispielsweise Personen aus anderen Ländern zum Studium noch hierher hinkommen? Auch ich könnte einfach von Griechenland aus studieren. Ich persönlich finde es sinnvoller, in Hildesheim zu sein, weil ich doch ab und an Dinge an der Universität erledigen muss. Andere haben diese Möglichkeit nicht, weil sie beispielsweise aufgrund der aktuellen Situation keine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland bekommen.

Ich persönlich mache mir nicht so viele Sorgen um meinen weiteren Studienverlauf, weil ich bald meinen Abschluss machen kann. Aber bei anderen Studierenden wurden Praktika abgesagt oder ihre Stunden in Hiwi-Jobs vermindert. Ich kann mir auch vorstellen, dass Studierende, die im nächsten Semester neu anfangen, verunsichert sind. Deshalb bin ich auch gerne Ansprechpartnerin für internationale Studierende im Rahmen meiner Stelle beim International Office. Dort unterstütze ich neue Studierende bei der Suche nach einer Unterkunft, bei rechtlichen Angelegenheiten und bei einer ersten Orientierung im Studium.

Was würdest du anderen Studierenden in der aktuellen Situation raten?

Passt auf euch auf. Bleibt geduldig und stark. Es lohnt sich, sich bei Schwierigkeiten an die Uni zu wenden, die sich wirklich bemüht, für uns da zu sein.

 

Das International Office
Das International Office ist die Anlaufstelle der Universität Hildesheim für alle Austausch- und Gaststudierende und solche, die es werden wollen. Informationen zu einem Austauschstudium während der Corona-Pandemie finden internationale Studieninteressierte in dem Corona FAQ auf der Website des International Office: https://www.uni-hildesheim.de/io/incoming/corona-faq-informationen-fuer-internationale-studieninteressierte-zur-bewerbung-fuer-das-wise-202021/

 


Theonymfi Dryleraki studiert im dritten Semester des Masterstudiengangs Medien und Medienübersetzung (MuM). Foto: Privat.

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