Dr. Jürgen Stark warnt das Land Niedersachsen vor Uni-Rückzug

vendredi, 03. décembre 2004 um 00:00 Uhr

Vize-Präsident der Deutschen Bundesbank zieht im HAZ-Gespräch Halbzeit-Bilanz der Stiftungs-Uni

(-dt) Seit Sommer 2003 steht er an der Spitze des neuen Stiftungsrats der Uni-Hildesheim. Im HAZ-Gespräch zog Dr. Jürgen Stark, Vizepräsident der Deutschen Bundesbank, zur Halbzeit eine Zwischenbilanz.
HAZ: Herr Stark, auf drei Jahre sind Sie zum Vorsitzenden des Stiftungsrats gewählt, die Hälfte der Zeit ist vorbei. Wie sieht Ihre Zwischenbilanz aus?
Stark: Der Anfang war schwer, denn für Niedersachsen war das Hildesheimer Modell nicht selbstverständlich. Kernprobleme waren der Verwaltungsumbau und die Loslösung vom Ministerium.

Ist das gelungen?
Die Leistungen der Uni, vor allem von Verwaltung und Präsidium, waren beispielhaft. Aber Haushaltsnöte auf allen Ebenen führten noch nicht zu verlässlicher Planungssicherheit.

Kommt das Land seinen Verpflichtungen nicht nach?
Das Land hat sich eher zurückgezogen. Das ist zwar verständlich, aber nicht richtig. Bei allen Nöten darf im Bereich Bildung am wenigsten gespart werden.

Wie bewerten Sie für Hildesheim die Idee der Profil-Uni?
Positiv. Daran arbeiten wir sehr intensiv. Die Identifikation der Studenten mit der Uni hat zugenommen. Die Verlagerung des Lehramts von Hannover nach Hildesheim trug dazu bei.

Reicht das Lehramt als Profil?
Nein, Kultur und Informatik sind gleich wichtig. Aber gegenüber der Gesellschaft und den Studenten braucht die Uni mittelfristig eine Perspektive. Wir arbeiten daran jetzt .

Was heißt das?
Wir haben uns entschieden, Ende 2005 ein Signal zu setzen.

Welches?
Ich möchte dem nicht vorgreifen. Wir werden - das kann ich sagen - die Informationstechniken erweitern. Die Kulturwissenschaften bleiben ein wichtiges Element. Klar ist aber auch, wenn das Land weiter spart, wird uns das mittel- und langfristig erheblich treffen.

War der Weg der Uni, weg vom Staat und hin zur Stiftung, richtig?
Die universitäre Ausbildung nur vom Staat reicht nicht mehr aus. Private Uni-Einrichtungen leisten mehr. Wir stecken in Deutschland aber noch in den Anfängen. Daher muss man mit Kritik vorsichtig sein.
Was fehlt den staatlichen Unis?
Wettbewerb. Mehr Qualität ist nötig und mehr Auswahl.

Passen Studiengebühren dazu?
Die sind ein Element. Ich schließe das nicht aus. Präsident Friedrich hat das öffentlich erklärt. Aber Studiengebühren müssen Studenten spürbar zugute kommen. Zum Beispiel durch bessere Betreuung. Dass der Staat Studiengebühren zu Kürzungen nutzt, geht nicht.

An Langeweile leiden Sie als Vizepräsident der Bundesbank nicht . Auch die anderen Mitglieder des Stiftungsrats haben volle Kalender. Konnten Sie trotzdem so etwas wie Kultur erzeugen?
Da ist unsere Bilanz eindeutig positiv. Wir haben eine extrem hohe Präsenz, waren immer beschlussfähig. Wir tagen an Wochenenden oder an anderen Orten. Dieser Stiftungsrat macht gute Arbeit.


Stark hält am heutigen Freitag (03.12.2004) um 12.30 Uhr in der Universität einen Festvortrag bei der feierlichen Verteilung der ersten 30 Bachelor-Urkunden des Studienganges Informationsmanagement und Informationstechnologie.