Die Arbeit der Lektoren

jeudi, 29. janvier 2015 um 17:38 Uhr

Seit zehn Jahren tagt die Lektorenkonferenz in Hildesheim. Ohne sie stünden manche Autoren nicht da, wo sie heute zu finden sind: in Buchregalen, auf Buchmessen, in Wohnzimmern, in Leserhänden. Sie redigieren Manuskripte, schlagen Autorinnen und Autoren für das Verlagsprogramm vor, lehnen ab und begleiten fertige Texte von der Druckreife bis zur Veröffentlichung. Lektorinnen und Lektoren tauschen sich an diesem Wochenende an der Universität Hildesheim über den Arbeitsalltag und aktuelle Entwicklungen im Verlagswesen aus.

Von außen betrachtet sind sie die Macher – die Erzähler, Wortfinder und Denker: Autorinnen und Autoren. Ihre Kernaufgabe besteht darin – simpel notiert –, zu schreiben, zu erzählen, mit der Schrift zu sprechen. Auf Buchcovern stehen Autorennamen und Titel, sichtbar. Vielleicht ist das für den einen eine Entscheidungshilfe: Kaufe ich das Buch mit dem knallroten Cover, spricht mich das im Titel oder Buchrücken erwähnte Thema an, greife ich zu dem Roman mit dem Schriftzug „Lutz Seiler" – Träger des Deutschen Buchpreises, das ging ja durch die Medien (und steht in der Ecke auf dem Cover), das muss gut sein? Autoren sind sichtbar in ihren Worten, die sie notieren, sie sind lesbar, für den Laien schnell auffindbar.

In diesen Tagen aber sind die Unsichtbaren jene, die viel zu erzählen haben: Lektorinnen und Lektoren. Ohne sie stünden manche Autoren nicht da, wo sie heute zu finden sind: in Buchregalen, auf Buchmessen, in Wohnzimmern, in Leserhänden. Sie redigieren Manuskripte, schlagen Autorinnen und Autoren für das Verlagsprogramm vor, lehnen ab und begleiten fertige Manuskripte von der Druckreife bis zur Veröffentlichung und Vermarktung.

Seit zehn Jahren kommen Lektoren an der Universität Hildesheim zusammen, tauschen sich vertraulich über den Arbeitsalltag und Entwicklungen im Verlagswesen aus. Hier erfährt man, welche Bücher sie auf dem Nachttisch liegen haben. Die Umgebung bietet dafür einen schützenden Rahmen – trifft man sich doch nicht in der Großstadt zwischen Häuserblöcken. Sondern auf einer mittelalterlichen Burganlage, Sitz der Hildesheimer Bischöfe und mittlerweile Universitätsstandort. Diese Begegnungen können durchaus spannungsreich sein, denn in Hildesheim treffen unterschiedliche Lebensformen aufeinander: die unabhängige und frei arbeitende Lektorin etwa begegnet ihrem Pendant aus einem großen Konzernverlag, der Verlagsausteiger trifft auf verlegergeführte Häuser, auf S. Fischer, Rowohlt, dtv und Klett, auf Insel, Suhrkamp, Diogenes oder Hoffmann und Campe. Die für viele Unsichtbaren treten an diesem Wochenende auf der Domäne Marienburg auf, sprechen erstmals auf einem öffentlichen Symposium am Freitag, 30. Januar 2015, über die „Arbeit der Lektoren". Hanns-Josef Ortheil, Professor für Kreatives Schreiben an der Universität Hildesheim hat das jährliche Treffen mit Professor Klaus Siblewski aufgebaut.

Siblewski lehrt in Hildesheim, ist Lektor beim Luchterhand Literaturverlag und kümmert sich um die Themen der Lektorenkonferenz. Vor vier Jahren etwa, da fragte man praktisch: Wie sind die Abläufe bei der Manuskriptakquisition? Und wie verschafft man sich einen Überblick beim Planen, mit Stecktafeln, nach der Lektüre von E-Mails mit Internetrecherche, ohne Tabellen? Auch das Tippen, klicken und wischen geht nicht an den Lektoren vorbei. Früher reisten sie mit großen Manuskriptstapeln und dicken Taschen an, jetzt haben sie die Manuskripte ihrer Autoren auf einem schlanken E-Book gespeichert, beobachtete Hanns-Josef Ortheil schon 2006. Es ist „ein wunderbares Gefühl, alle Texte, an denen man gerade arbeitet, immer bei sich haben zu können",sagte eine Lektorin im Ullstein Verlag damals über die Arbeit mit neuen Medien. Nur fehle noch die Möglichkeit, in Texte hineinzuschreiben und sie handschriftlich korrigieren zu können. Inzwischen ist das mit den „superleichten E-Books" auch möglich.

Lektoren redigieren Manuskripte, entwickeln das Verlagsprogramm mit. Foto: Isa Lange/Uni Hildesheim

Worum geht's? Zehnte Lektorenkonferenz

Wegen ihres zehnjährigen Jubiläums wird die Lektorenkonferenz diesmal von dem öffentlichen Symposion zum Thema „Die Arbeit der Lektoren" begleitet, das ganz unterschiedliche Formen von Lektorentätigkeiten in beispielhafter Form porträtiert. Das Symposium beginnt am Freitag um 13:00 Uhr im Burgtheater auf dem Kulturcampus Domäne Marienburg. Katharina Raabe (Berlin) gibt einen Einblick, wie Übersetzungen lektoriert werden. Mit einer Gratwanderung befasst sich die Lektorin Angelika Klammer (Wien) und spricht über „freies Lektorat zwischen Absturzgefahr und Gipfelblick". Petra Gropp (Frankfurt/Main) greift den Rat auf „Schreibe immer so, als wolltest du deine Finger retten“ und gibt einen Einblick in die Entstehung und Veröffentlichung von Romanen. Ann-Kathrin Heier (Berlin) – sie hat an der Hildesheimer Universität Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus studiert – spricht über Schnittmengen in der Arbeit „an eigenen Romanen und an den Romanen anderer". Abschließend diskutiert Klaus Siblewski (München) ab 18:30 Uhr über das Vorhaben, Lektoren auszubilden und erläutert, „wie eine universitäre Ausbildung von zukünftigen Lektoren aussehen könnte". Alle, die sich für diese Themen interessieren, sind herzlich zur Teilnahme eingeladen.

Die Lektorenkonferenz ist eine Versammlung von Lektorinnen und Lektoren belletristischer Verlage aus dem deutschsprachigen Raum, die sich aufgrund einer Projekt-Idee von Prof. Dr. Klaus Siblewski (Luchterhand-Literaturverlag/Universität Hildesheim) und Prof. Dr. Hanns-Josef Ortheil (Universität Hildesheim) über die neusten Tendenzen des Verlagswesens austauschen. Die nicht öffentliche Konferenz findet seit 2006 dreitägig einmal im Jahr (Ende Januar) meist an der Stiftungsuniversität Hildesheim statt und wird von Studierenden des Studiengangs „Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus" organisiert.

Lesetipp: „Erzählen ist nicht alles. In Hildesheim diskutieren Lektoren über die Zukunft ihres Berufs“, Klaus Siblewski im Interview mit Martina Sulner von der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (28.01.2015)


Die Professoren Hanns-Josef Ortheil und Klaus Siblewski organisieren seit zehn Jahren das Treffen deutschsprachiger Verlage auf der Domäne Marienburg, dem Kulturcampus der Universität Hildesheim. Fotos: Andreas Hartmann, Peter von Felbert (Ortheil), Inge Ofenstein (Siblewski)

Die Professoren Hanns-Josef Ortheil und Klaus Siblewski organisieren seit zehn Jahren das Treffen deutschsprachiger Verlage auf der Domäne Marienburg, dem Kulturcampus der Uni Hildesheim. Fotos: Andreas Hartmann, Peter von Felbert (Or), Inge Ofenstein (Si)

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