Bundestagswahl: Kulturpolitik-Studierende untersuchen Wahlprogramme der Parteien

dimanche, 16. juin 2013 um 16:17 Uhr

Im Jahr der Bundestagswahl beobachten Studierende der Universität Hildesheim kulturpolitische Äußerungen der Parteien. Sie nehmen die Wahlprogramme von CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke und Piraten unter die Lupe. Kulturelle Bildung rückt ins Zentrum kulturpolitischer Überlegungen – das war in den letzten Wahlkämpfen noch nicht der Fall.

Vor der Bundestagswahl im September buhlen Parteien um die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger. Ob sie dabei auch mit Aussagen zur Kulturpolitik punkten, wird in Hildesheim kritisch beobachtet. Im Seminar „Making of. Kulturpolitik der Parteien“ untersucht Wolfgang Schneider, Professor für Kulturpolitik, mit Studierenden Aussagen von Parteien. „Wir verfolgen, wie sich die Parteien im Wahljahr aufstellen. Die kulturpolitischen Aussagen in den Wahlprogrammen sind verallgemeinert, Wahlversprechen werden vermieden. Zur Pflichtlektüre gehören in diesen Wochen die Programme von CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke, Piraten“, sagt Kulturwissenschaftsstudent Michael Kranixfeld. „Wir identifizieren eine schwarze, rote oder grüne Kulturpolitik und vergleichen Anspruch und Wirklichkeit auch zwischen den Parteiprogrammen vor den Landtagswahlen und den kulturpolitischen Aussagen in den Koalitionsverträgen.“

In den Wahlprogrammen werden Schwerpunkte markiert: Die CDU setzt auf Filmförderung, die FDP auf eine private Kulturförderung, die Grünen auf Reformen gegen prekäre Arbeitsverhältnisse der Kulturschaffenden und Die Linke will sogar eine Milliarde Euro mehr für den Kulturhaushalt des Bundes, so eine Beobachtung. Auffällig ist, dass alle Parteien mit Ausnahme der CDU ein Staatsziel Kultur im Grundgesetz fordern. 

Außerdem rückt Kulturelle Bildung – das war in den letzten Wahlkämpfen noch nicht der Fall – in allen Programmen in den Mittelpunkt. „Kulturelle Bildung sollte aber im Schulcurriculum verankert werden. Hier versagen die Parteien und schrecken zurück, da Bildungspolitik Ländersache ist. Musik- und Kunstlehrer unterrichten fachfremd, Zusammenarbeit mit Kultureinrichtungen findet statt, allerdings konzeptionslos und unstrukturiert“, sagt Schneider. Das Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim erhielt gerade einen Forschungsauftrag der Bundeskulturstiftung und begleitet in den kommenden drei Jahren in fünf Bundesländern das Programm „Kulturagenten für kreative Schulen“. Dabei soll die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Kultureinrichtungen gestärkt werden.

In dieser Woche hat SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück seinen Fachmann für Kultur vorgestellt: Prof. Dr. Oliver Scheytt rückt in das Wahlkampfteam. Der Kulturmanager sprach im April mit Studierenden in Hildesheim über den Stellenwert der Kultur in Wahlprogrammen. Die Studierenden stellen Kulturpolitikern im Wahljahr kritische Fragen.

Braucht Kultur einen eigenen Bundesminister? „Ein Ministerium ist notwendig, um der Kultur politische Kraft zu geben“, sagt Wolfgang Schneider. Er fordert die Einrichtung eines Kulturministeriums, das für die innere und auswärtige Kulturpolitik zuständig ist. Auch die Entwicklungspolitik sollte stärker kulturpolitisch ausgerichtet sein. Kultur sei als Entwicklungsfaktor unverzichtbar. „Die Vermittlung eines Deutschlandbildes ist nicht mehr zeitgemäß; es bedarf des multilateralen Kulturaustauschs und der internationalen künstlerischen Kooperation“, begründet der Inhaber des UNESCO-Chair „Cultural Policy for the Arts in Development“. Am neuen Lehrstuhl untersucht eine Hildesheimer Forschergruppe die Rolle der Künstler in gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen und unter welchen Rahmenbedingungen Kulturschaffende arbeiten, unter anderem in Nordafrika.  

Kontakt zu Prof. Wolfgang Schneider und zu den Studierenden über die Pressestelle der Universität Hildesheim (Isa Lange, presse@uni-hildesheim.de, 05121.883-102, 0177.8605905).


Bundestagswahl: Studierende der Uni Hildesheim untersuchen kulturpolitische Aussagen von Parteien. Foto: Deutscher Bundestag/Marc-Steffen Unger

Bundestagswahl: Studierende der Uni Hildesheim untersuchen kulturpolitische Aussagen von Parteien. Foto: Deutscher Bundestag/Marc-Steffen Unger