Vorkommen und Verhalten anthropogener organischer Schadstoffe im Fluss Innerste

Teil 1: EDTA und verwandte Aminopolycarbonsäure-Komplexbildner

Jaeger, J.; Priert, C.; Zenzes, S.; Hinrichs, J.* (Stiftung Universität Hildesheim)
Steffen, D. (NLWKN)

Aufgrund unzureichender Elimination werden organische Mikroschadstoffe von Kläranlagen in umweltrelevanten Mengen in angrenzende Fließgewässer eingeleitet und können dort zu einer negativen Beeinflussung des aquatischen Ökosystems führen. So wurde in diesem Forschungsprojekt[1] u. a. gezeigt, dass der in Detergenzien (sowohl für Haushalts- als auch Industriezwecke) eingesetzte organische Komplexbildner Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA, 1) im Verlauf eines Jahres in beachtlichen Mengen ( bis zu 190 µg/L, Frachten bis zu 4,8 kg/d) im Abwasser der beiden größten kommunalen Kläranlagen (E3 und E12) entlang des Flusses Innerste nachweisbar ist. Dies hatte einen signifikanten Anstieg der EDTA-Konzentrationen im Flusswasser unterhalb beider Kläranlagen (M3 bis M8) zur Folge (Abbildung 1)

Im Gegensatz zu EDTA ließen sich andere Komplexbildner aus der Reihe der Aminopolycarbonsäuren (NTA, 1,3-PDTA, HEDTA, DTPA, MGDA, β-ADA und CDTA) erfreulicherweise nicht in den untersuchten Wasserproben der Innerste identifizieren (Abbildung 2).

* korrespondierender Autor

[1] im Auftrag des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) und mit finanzieller Unterstützung des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz

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Weitere interessante Veröffentlichungen zum Thema Gewässergüte auf den Seiten des NLWKN.

Teil 2: Remobilisierung von Schwermetallen durch EDTA unter Umweltbedingungen

Zenzes, S.; Herrmann, M.; Steffen, D.; Hinrichs, J.* (Stiftung Universität Hildesheim)

Neben dem EDTA-Eintrag in Gewässer steht das Potential des Komplexbildners zur Remobilisierung von Schwermetallen aus verschiedenen gewässerrelevanten, festen Matrices (z. B. Schweb­stoffen) bei umwelt­relevanten Konzentrationen im Fokus (Abbildung 1). Auch wenn das Remobilisierungsvermögen von EDTA unter Umweltbedingungen in der Fachliteratur kontrovers diskutiert wird, gibt es statistische Belege dafür, dass die Anwesenheit des Komplexbildners im Flusswasser maßgeblich zu einer Erhöhung der Gelöstkonzentration bestimmter Metalle (v. a. Cd und Zn, in geringerem Maße auch Cu, Ni und Pb) führt.[1]

In Hinblick auf die bereits bedenkliche Schwermetallbelastung der Innerste aufgrund des ehemaligen Harzer Bergbaus und der damit verbundenen Altlasten könnte eine zusätzliche Remobilisierung von, z. B. in Schwebstoffen und Sedi­menten, gebundenen Metallen durch Komplexbildner wie EDTA eine bislang unterschätzte, negative Beeinflussung der Gewässergüte des Flusses zur Folge haben.

In einer ersten Remobilisierungsstudie konnte bereits gezeigt werden, dass bei Aufstockung von Innerste-Flusswasser (Ausgangskonzentration EDTA = 4,5 µg/L, AFS-Gehalt = 2 mg/L) mit EDTA (10, 20, 50, 100, 150 und 200 µg/L) bei einer Kontaktzeit von 2 h der prozentuale Gelöstanteil von Zn, Pb und Cd in Abhängigkeit der EDTA-Konzentration ansteigt (Abbildung 2).

Welche Faktoren die Remobilisierung unter den gegebenen Umweltbedingungen genau beein­flussen (z. B. neben EDTA- auch Schwebstoff-Gehalte, DOC-Gehalt, pH, ursprüngliche EDTA-Speziierung oder Kontakt- bzw. Rührzeit bei den Remobilisierungsexperimenten), ist Gegenstand der aktuellen Forschung der AG Umweltchemie.

* korrespondierender Autor

[1]   Jiann, K.-T.; Santschi, P. H.; Presley, B. J., Aquat. Geochem. 2013, 19, 173-193: "Relationships Between Geochemical Parameters (pH, DOC, SPM, EDTA Concentrations) and Trace Metal (Cd, Co, Cu, Fe, Mn, Ni, Pb, Zn) Concentrations in River Waters of Texas (USA)".