In einem Seminar an der Universität Hamburg kam der ehemalige Lehramtsstudent das erste Mal in Kontakt mit der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Aufgabenstellungen. Er verfolgte das Thema dann in seiner Staatsexamsarbeit und nach dem Referendariat im Zuge seiner Promotion weiter. Heute gehören Aufgabenstellungen zu seinen Forschungsschwerpunkten an der Universität Hildesheim. „Die Frage ist, wie Aufgaben gestellt sein müssen, sodass sie Schülerinnen und Schüler dabei unterstützen, literarische Texte zu verstehen.“ Er untersucht weitergehend, wie viel Unterstützung sie dabei brauchen und wie diese auch für Kinder und Jugendliche mit weniger guten Lernvoraussetzungen aussehen muss. Um Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie Schüler*innen mit Aufgabenstellungen umgehen, werden Lernende beispielsweise bei der Aufgabenbearbeitung beobachtet und die Beobachtungen zum Bearbeitungsprozess anschließend ausgewertet. Auch schriftliche Ergebnisse bieten Rückschlüsse auf die Wirkungsweise der Aufgabenstellungen.
Ein weiterer Schwerpunkt von Jochen Heins ist die Professionalisierungsforschung. „Wir wissen heute, dass die Leistungen der Schülerinnen und Schüler stark mit der Professionalität ihrer Lehrerenden zusammenhängen. Insofern ist es eine spannende Frage, was die nächste Generation von Lehrerinnen und Lehrern können muss und wie wir dies in der Lehrer*innenbildung anbahnen können.“ Der Professor fokussiert sich dabei auf die Wahrnehmung von Unterricht. Was sieht ein Lehrer, wenn er eine Unterrichtsstunde beobachtet – auch beispielsweise im Vergleich mit Bachelor- oder Masterstudierenden? Was nimmt er wahr und was macht er mit dem Wahrgenommenen? Wie kann die Aufmerksamkeit in einer komplexen Unterrichtssituation auf die lernrelevanten Situationen gelenkt werden?
In der Jugendliteratur und Adoleszenzromanen untersucht er u.a., wie über das Erwachsenwerden erzählt wird und welches Potential aktuelle Jugendliteratur für literarisches Lernen sowie literarische Bildung, aber auch für die Persönlichkeitsbildung haben. Der humanistischen Bildungstradition nach sei die Persönlichkeitsbildung ein Zielhorizont des Literaturunterrichts. Heins möchte Lehramtsstudierende dazu ermutigen, aktiv am literarischen Leben teilzuhaben und auch die Neuerscheinungen der Jugendliteratur zu lesen, um auf dem Laufenden darüber zu bleiben, was ihre Schülerinnen und Schüler rezipieren.
Werdegang
Jochen Heins studierte Lehramt für die Grund- und Mittelstufe mit den Fächern Deutsch und Technik/Arbeitslehre an der Universität Hamburg. Nach seinem Referendariat arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter zunächst an der Universität Hamburg und später auch an der Universität Paderborn. Für seine Dissertationsschrift, in welcher er den Einfluss von gering und stark lenkenden Aufgabenstellungen auf das Textverständnis von Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen untersuchte, wurde er 2016 promoviert. Von 2016 bis 2020 war er Teil des Projekts ProfaLe „Professionelles Lehrerhandeln zur Förderung fachlichen Lernens unter sich verändernden gesellschaftlichen Bedingungen“ der Universität Hamburg. Anschließend hatte er von 2020 bis 2021 eine Vertretungsprofessur für Literaturwissenschaft und Literaturdidaktik an der Universität Hildesheim inne. Seit dem 1. August 2021 ist er Professor für Didaktik der deutschen Literatur in Hildesheim. Seine Schwerpunkte sind die qualitative Unterrichtsforschung, die Lehrerprofessionalisierungsforschung und Kinder- und Jugendliteratur.
Text: Elisabeth Schimpf